Artikel 14/07/2012

Ohne Leistungsdruck kann fast jeder zum Läufer werden

Dr. med. Wolfgang Franz Arzt, Facharzt für Allgemeinchirurgie, Orthopäde & Unfallchirurg
Dr. med. Wolfgang Franz
Arzt, Facharzt für Allgemeinchirurgie, Orthopäde & Unfallchirurg
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Es gibt eine einfache und preiswerte Möglichkeit, viel für seine Gesundheit zu tun: Laufen. Alles, was sich der Anfänger anschaffen sollte, sind ein paar gute Schuhe und schon kann es losgehen. Selbst wer regelmäßig nur ein oder zwei Kilometer zurücklegt, erweist seinem Herz-Kreislauf-System und seiner Muskulatur gute Dienste. Wichtig ist vor allem, überhaupt in die Gänge zu kommen und die Bewegung in den Alltag zu integrieren.

Es gibt ein paar bewährte Tricks und Kniffs, wie man zum regelmäßigen Läufer wird. Am besten sucht man sich ein paar Mitstreiter, die den gleichen Trainingsstand haben. Je homogener die Gruppe ist, desto zufriedener sind die einzelnen Teilnehmer, weil keiner über- oder unterfordert ist. Zwei oder drei Gleichgesinnte mögen für den Anfang schon reichen, denn es geht einfach darum, sich gegenseitig zu motivieren. Mal hat der eine mehr Lust aufs Laufen und reißt die anderen mit, dann wieder ist er selbst ein paar Tage später ganz froh, wenn ein anderer diese Rolle übernimmt.

Was extrem hilft, sind feste Wochentage: Wenn am Dienstagabend der Lauftreff auf dem Programm steht, geht man einfach hin, egal ob ein spannender Fernsehfilm kommt oder man lieber lesen möchte. Wenn die restliche Truppe an der Tür klingelt, ist es so gut wie unmöglich zu kneifen. Wer seine Trainingsschuhe immer in Sicht- und Reichweite stehen hat - also in der Garderobe parkt - wird täglich ans Laufen erinnert.

Für den Anfang sind schon ein oder zwei Kilometer sehr gut. Wer vom Nicht-Sportler zum Läufer wird, sollte mit realistischen Erwartungen an die Sache herangehen. Trainingsfortschritte stellen sich ganz langsam ein und so sollte man sich auch nicht vornehmen, innerhalb weniger Wochen oder Monate für den nächsten Marathon fit zu sein. Das richtige Lauftempo ist das A und O. Viele Menschen neigen dazu, am Anfang zu schnell zu rennen. Wer mit rotem Kopf unterwegs ist und schwer atmet, schaltet am besten ein oder zwei Gänge zurück. Wenn man sich mit seinem Laufpartner noch gut unterhalten kann, hat man die richtige Geschwindigkeit gewählt.

Eine Läufergruppe sollte sich Strecken suchen, die dem Trainingsstand der Teilnehmer entsprechen. Jeder sollte das Gefühl haben: ‘O.k., das kann ich gut schaffen.’ Optimal ist eine möglichst einfache Streckenführung: flaches übersichtliches Gelände ohne Anstiege und schwierigen Untergrund wie unebener Waldboden mit Luftwurzeln. Auch sind Trainingseinheiten in der Dunkelheit (Verletzungsgefahr) oder großer Hitze (Kreislaufprobleme) nicht zu empfehlen.

Wer die Sache richtig angeht, kann mit dem Laufen ein Gegengewicht zum Leistungsdruck des Arbeitsalltags schaffen. Wer auf den Wettbewerbsgedanken beim Laufen verzichtet, entdeckt plötzlich ganz neue Dinge und wird vielleicht zum Genussläufer. Es ist eine faszinierende Erfahrung, seine Laufstrecke durch den Wald oder über die Felder im Wechsel der Jahreszeiten zu erleben: Wie fühlt sich der Boden nach einem Regen an? Wie riecht es? Welche Farbe haben die Blumen und Blätter? Ist Vogelgezwitscher zu hören? Welche Tiere sehe ich? Laufen kann dazu dienen, die Sinneswahrnehmung zu schärfen. Durch die Konzentration auf das ‘Hier und Jetzt’ stellt sich ein gesunder Abstand zu den Alltagsproblemen ein und Stress wird abgebaut. Das Laufen im Wechsel der Jahreszeiten stärkt außerdem das Immunsystem und macht vor allem im Winter weniger anfällig für Erkältungen.

Jeder, der noch nie Ausdauersport betrieben hat, und über 40 Jahre alt ist, sollte sich vor dem Trainingsstart von seinem Hausarzt durchchecken lassen. Bei dieser Untersuchung können unentdeckte Vorbelastungen wie zum Beispiel versteckte Herzfehler diagnostiziert werden. Solche Risikofaktoren können sich ‘auf der Piste’ fatal auswirken. Wer dagegen schon weiß, dass er Probleme mit den Knien, Füßen oder der Hüfte hat, fragt am besten seinen Orthopäden um Rat.

Der Anfängerläufer braucht keine teure Ausrüstung. Wichtig sind lediglich ein paar gute Schuhe, die es im Fachgeschäft - am besten mit vorheriger Laufanalyse - gibt. Eine Trainingsuhr mit GPS-Navigation ist zu Beginn ebenso verzichtbar wie High-Tech-Materialien bei den Kleidungsstücken. Manche Läufer empfinden den Kühlungseffekt durch nassgeschwitzte Baumwoll-T-Shirts sogar als ganz angenehm. Im Sommer ist eine Mütze sehr wichtig sowie Sonnencreme für Arme, Beine und das Gesicht. Wer an stehenden Gewässern entlang läuft, wird sich mit Mückenschutz lästige Biester vom Hals halten wollen.

Für Strecken bis zu etwa fünf Kilometern braucht man keine Trinkflaschen für unterwegs. Der Körper bewältigt diese Herausforderung auch so. Im Ziel angekommen, tut eine kühle Apfelschorle richtig gut. Ernährungsphysiologisch sehr zu empfehlen ist alkoholfreies Bier: das optimale Sportgetränk. Es enthält alle notwendigen Elektrolyte, Kohlenhydrate sowie Vitamine.

Was tun, wenn es zwickt und sich der Körper meldet? Wichtig ist, welche Beschwerden vorliegen. Ein leichter Muskelkater, der nach zwei bis drei Tagen verschwunden ist, ist ein Anzeichen für erhöhte körperliche Aktivität. Es besteht kein Grund zur Sorge. Ein schwerer Muskelkater, bei dem man kaum mehr alleine Treppen steigen kann, ist ein Zeichen für übertriebenen Einsatz. Man sollte einen Gang zurückschalten.

Allen anderen leichteren oder stärkeren Schmerzen sollte man Beachtung schenken, denn der Körper sendet wichtige Signale aus. Statt Schmerzmittel helfen eine Pause und eine Reduzierung der Trainingsintensität. Meldet sich nach drei bis vier Tagen die Stelle immer noch, sollte man der Sache auf den Grund gehen.
Schmerzt der Fuß, können ungeeignetes Schuhwerk oder ein schlechter Laufstil die Ursache sein. Entweder helfen eine Laufbandanalyse oder ein Arztbesuch weiter. Angeschwollene und mit Flüssigkeit gefüllte Kniegelenke sind Hinweise auf eine Arthrose. Hier ist eine Reduzierung des Laufpensums notwendig, ebenso wie ein Besuch beim Facharzt, der Wege aufzeigt, den Knorpelverschleiß zu bremsen oder sogar rückgängig zu machen. Zieht es in der Hüfte, kann dies mehrere Ursachen haben, wie eine beginnende Arthrose oder eine ‘schnappende Hüfte’, bei der Sehnen aus ihrer Führung springen. Ständiges Seitenstechen ist ein Hinweis auf falsche Atmung. Wer bewusst tiefer ausatmet als bislang, bekommt das Problem schnell in den Griff.

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