Artikel 12/09/2013

Das jameda-Interview: Zu Besuch bei Dr. med. Dorothee Struck

Team jameda
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Was war für Sie der Beweggrund, Gynäkologin zu werden?
Die Frauenheilkunde ist ein sehr interessantes, weites Fach, das von Infektionen bis zu Krebs, schwere Erkrankungen beinhaltet, aber auch individuelle Spannungsfelder zwischen Verhütung und Kinderwunsch, den richtigen Zeitpunkt für die Familiengründung zu finden und in der Begleitung von Schwangeren zu ihrem Baby große Freude mit sich bringt, ohne dass irgendetwas Krankhaftes vorliegt. Viele Beschwerden im Frauenleben, wie Zyklusprobleme, PMS aber auch Wechseljahrsbeschwerden sind häufig Ausdruck von Regulationsstörungen, die Frauenkörper mit naturheilkundlichen Impulsen gut selber wieder ins Lot bringen können. Die Bandbreite des Faches, medizinisch wie auch hinsichtlich psychischer Entwicklung von Frauen im sozialen und gesellschaftlichen Umfeld ist faszinierend. Außerdem arbeite ich gerne mit Frauen.

Wann und warum haben Sie sich dazu entschlossen, sich auf Naturheilverfahren zu spezialisieren?
Ich sage oft flapsig: das ist angeboren. Ich bin in einer Naturheilpraxis groß geworden, meine Mutter ist Heilpraktikerin, und ich habe von klein an erlebt, dass Heilkräuter und Globuli viel Leiden lindern können. Die Selbstregulation des Körpers anzuregen, ist ein spannendes Feld und führt zu sehr individueller Medizin. Mir ist aber auch sehr früh klar geworden, dass ich eine solide, wissenschaftliche Grundlage für mein Tun möchte. Die universitäre Medizin ist ja nicht schlecht und bei ernsthaften Erkrankungen oft lebensrettend. Aber bei chronischen Regulationsstörungen ist sie manchmal nicht so gut geeignet wie sanfte Therapien.

Bei uns in der Praxis steht immer an erster Stelle eine gute, solide Diagnostik nach modernstem Stand der Medizin und dann gemeinsam mit der Patientin die Entscheidung, was möglich und gewünscht ist. Ca. 80% der Behandlungen sind dann naturheilkundlich, der Rest universitäre Medizin. Wenn wir z. B. eine Schwangere mit vorzeitigen Wehen behandeln und Homöopathie, Phytotherapie wie Bryophyllum-Verreibungen etc. einsetzen, können wir natürlich viel genauer herausfinden, welche Schwangere wir ambulant zu Hause lassen können, wenn wir mit einem guten Ultraschallgerät die Cervixlänge messen können und mit einem Fibronektin-Test eine Frühgeburt in den nächsten 2 Wochen relativ sicher ausschließen können. Oder ermitteln welche Frau dann doch zur intravenösen Tocolyse und Lungenreifung in die Klinik geschickt werden muss. Als Heilpraktikerin wäre so etwas gar nicht denkbar. So können wir viele Schwangerschaftsprobleme ambulant zu Hause betreuen und unnötige Krankenhausaufenthalte vermeiden.

Wo sehen Sie die größte Herausforderung in Ihrer Arbeit?
Als größte Herausforderung empfinde ich das lebenslange Lernen und auf allen Feldern der Gynäkologie up-to date zu bleiben, aber zum Glück sind wir alle in meiner Praxis Fortbildungs-Junkies.

Womit dürfen Ihre Patienten bei Ihnen rechnen?
Meine Patienten dürfen damit rechnen, dass wir mit detektivischem Spürsinn und Interesse, den Wurzeln von chronischen Beschwerden auf den Grund gehen. So kann hinter häufigen Harnwegsinfekten ein hormonelles Problem stecken, sei es in den Wechseljahren oder durch eine unpassende Pille zur Empfängnisverhütung, eine schlechte Darmflora oder ein Beziehungsproblem, das sich psychosomatisch äußert. Das mit der Patientin zusammen herauszufinden, ist mein Job und dafür bekommen die Patientinnen bei uns die Zeit, die sie brauchen um ihre Probleme ausführlich darzulegen. Die Patientinnen müssen unter anderem damit rechnen, dass Sie nach Dingen gefragt werden, die sonst nicht in Betracht gezogen werden, wie sie selber geboren sind (per Kaiserschnitt oder vaginal), wie die eigene Geburt war und welche Produkte zur Menstruationshygiene sie verwenden. Gerade bei chronischen Problemen ist die Anamnese oft ein Zusammensammeln von Puzzleteilchen, bis sich ein stimmiges Bild ergibt, das die weitere Behandlung bestimmt.

Was würden Sie sich von Ihren Patienten wünschen?
Mit den meisten meiner Patientinnen bin ich sehr froh! Bei neuen Patientinnen würde ich mir gelegentlich mehr Verständnis für die Naturheilkunde und ihr Funktionieren wünschen: Naturheilkunde bedeutet auch Mitarbeit der Patientin bezüglich Ernährung und Selbstfürsorge, oft etwas Geduld, die vonnöten ist, um den Pflanzen Zeit zu geben, zu wirken. Ein Hormonpräparat wirkt schnell: z. B. eine Pille bei Menstruationsschmerzen (Dysmenorrhoe). Heilpflanzen brauchen häufig 3-6 Monate, um die Beschwerden zu beseitigen, dafür hält der Effekt dann meist auch nach dem Absetzen an. Patientinnen, die ganz schnell ein paar Globuli gegen dieses oder jenes Symptom wollen, ohne sich um ihren Körper zu kümmern und sofortige Abhilfe erwarten, können wir nicht glücklich machen.

Was zeichnet Sie als Ärzte aus?
Als Ärzte zeichnen uns unser Interesse am Menschen und die Leidenschaft für gute Medizin aus.

Was ist Ihnen persönlich bei Ärzten wichtig?
Bei Ärzten ist mir Fachwissen und menschlich integeres Handeln wichtig. Wissen ohne Mitgefühl führt zu einem aufgeblasenen Ego und verhindert, dass Patientinnen als Individuum gesehen werden. Mitgefühl ohne Wissen führt zu schlechter Medizin, Empathie alleine heilt in vielen Fällen nicht.

Verhütungsberatung und Kinderwunsch sind zwei ihrer Schwerpunkte, wie passt das zusammen?
Es sind zwei Seiten derselben Münze, nur weil jetzt in dieser Situation mit Ausbildung oder einer neuen Liebe ein Kind so gar nicht passen würde, kann die Situation für die gleiche Frau einige Jahre später völlig anders sein. Vertrauen in die gewählte Verhütungsmethode und Zufriedenheit damit heißt, Sexualität und Partnerschaft entspannter leben zu können, hoffentlich der Boden, auf dem später ein Kinderwunsch gedeihen kann. Frauen stehen heute oft unter starkem inneren Druck, eine gute Ausbildung abzuschließen, sich beruflich zu etablieren und bestimmten Normen zu entsprechen. Auch, wenn theoretisch eine große Pluralität von Lebensentwürfen gelebt werden kann. Frau kann z. B. als Co-Mutter in einer lesbischen Beziehung Mutter sein, ohne je schwanger gewesen zu sein. Dennoch leben viele Frauen in eher konventionellen Formen und den richtigen Zeitpunkt für ein Kind zu finden, wenn es ihn denn je gibt, ist nicht immer einfach. Frauen auf ihrem Weg zum Kind zu unterstützen ist uns genau so wichtig, wie das Risiko für eine Schwangerschaft zur Unzeit zu minimieren.

Warum haben Sie sich für eine Privatpraxis entschieden?
Wir möchten Zeit für unsere Patientinnen haben und individuelle Medizin machen. Wir drei Ärztinnen haben alle in kassenärztlichen Praxen gearbeitet und festgestellt, dass wir unter den momentanen Bedingungen so nicht die Medizin betreiben können, die wir für unsere Patientinnen wollen.

Zur Person
Dr. med. Dorothee Struck, geboren in Kiel, dort habe ich auch studiert und bin nach Lehr- und Wanderjahren mit der eigenen Praxis endlich wieder an der Ostseeküste beheimatet. Vor meiner Praxiseröffnung war ich zuletzt geburtshilfliche Oberärztin im Krankenhaus Winsen an der Luhe. Die Geburtshilfe vermisse ich manchmal, aber in einer Praxis Patientinnen längerfristig immer wieder betreuen zu können, ist mehr als Ausgleich genug. Und nachts um 3:00 nicht mehr von einer Hebamme mit den Worten: „Frau Meyer entbindet lauthals in der Badewanne, komm in den Kreißsaal“ geweckt zu werden ist auch angenehm.

Zur Praxis
Wir sind eher ungewöhnlich, sprechen mit Ihnen über Menstruationshygiene, wenn Sie an einer Allergie im Genitalbereich leiden, weisen Sie auf Stehpinkelhilfen hin, wenn Sie auf öffentlichen Toiletten anfällig für Blaseninfektionen sind und versuchen mit Ihnen gerade bei chronischen Problemen individuelle Lösungen für Ihre Beschwerden zu finden.

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