Artikel 19/05/2015

Kinderurologie: Hodenhochstand rechtzeitig erkennen und behandeln

Prof. Dr. med. Peter Rubenwolf Urologe
Prof. Dr. med. Peter Rubenwolf
Urologe
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Fehllagen des Hodens („Hodenhochstand“, Fachbegriffe: Maldescensus testis, Kryptorchismus) gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern des äußeren Genitales des Säuglings- und Kindesalters. Bis zu 5% männlicher Säuglinge können zum Zeitpunkt der Geburt betroffen sein. Ein oder beide Hoden können dabei im Leistenkanal (Leistenhoden), oder seltener auch im Bauchraum (Bauchhoden) zu liegen kommen. Die schnelle Diagnose und Therapie ist entscheidend um eine Schädigung des sehr empfindlichen, in der Entwicklung begriffenen Hodengewebes zu vermeiden. Solche Schäden beziehen sich auf die Fruchtbarkeit des Hodens und die Gefahr der Entartung, also der Entstehung von Hodentumoren zu einem späteren Zeitpunkt. Die Qualität der in Samenzellen bzw. ihrer Vorstufen kann nach neuesten Erkenntnissen bereits ab dem 10. Lebensmonat einen nicht mehr rückgängig zu machenden Schaden erleiden.

Verschiedene Untersuchungswege führen zur Diagnose

Wird bei einem Neugeboren ein nicht im Hodensack befindlicher Hoden festgestellt, so liegt jedoch nicht sofort ein Handlungsbedarf vor. In den ersten 6 Lebensmonaten kann ein fehlgelegener Hoden nämlich noch von sich aus in seine korrekte Lage in den Hodensack „hinabsteigen“; nach dem ersten Lebenshalbjahr ist dies allerdings selten.
Die richtige Einschätzung einer Hodenfehllage ist nicht immer eindeutig und erfordert viel Erfahrung. Insbesondere die Frage, ob ein Hoden tastbar (in der Leiste), oder nicht tastbar (Bauchhoden) oder unter Umständen überhaupt nicht vorhanden ist, stellt selbst erfahrene Ärzte vor eine große Herausforderung. Auch die Unterscheidung von Sonderformen des Hodenhochstandes, nämlich eines Gleithodens (Operation erforderlich) von einem Pendelhoden (keine Operation, sondern Beobachtung notwendig), ist mitunter schwierig. Gelegentlich kann für die Einschätzung des Befundes eine Ultraschalluntersuchung der Leiste Klärung verschaffen. Eine so genannte Magnetresonanztomographie sollte heutzutage jedoch nicht mehr durchgeführt werden, da die diagnostische Genauigkeit dieser Methode nach heutigem Kenntnisstand nicht ausreicht, um eine sichere Diagnose zu stellen. Ist ein Hoden weder tastbar, noch mittels Ultraschall eindeutig zu lokalisieren, so sollte eine Spiegelung des hinteren Bauchraumes mit einem Miniaturinstrument erfolgen (so genannte „Laparoskopie“). Hierdurch stellt der Arzt mit nahezu 100% Sicherheit die korrekte Diagnose und so kann im Falle eines Bauchhodens die Fehllage in gleicher Sitzung behandelt werden.

Die richtige Behandlung

Liegt ein in der Leiste tastbarer Hoden vor, so ist das sicherste Verfahren eine operative Lagekorrektur von einem kleinen Leistenschnitt aus (in der Fachsprache als „Orchidopexie“ bezeichnet). Mit Zurückhaltung bewerte ich eine Hormontherapie mit Substanzen, die zu einer vorübergehenden Testosteronausschüttung beim Kind führen, um so eine Lagekorrektur und/oder eine Verbesserung der Samenzellreifung herbeizuführen. Nebenwirkungen, eine nur geringe Lagekorrektur (höchstens 20%) und mögliche Schäden am Hodengewebe sind bei der Anwendung einer Hormontherapie zu berücksichtigen.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Behandlung von Kindern mit einer Hodenfehllage ist, dass mit dem 1. Geburtstag die Hoden korrekt im Hodensack, also außerhalb des Körpers, liegen sollten. Nur so können drohende Schäden dieses empfindlichen Organs abgewendet werden. Nach erfolgreicher Therapie sind regelmäßige Lagekontrollen mittels Abtasten des Hodens zu empfehlen.

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