Artikel 06/10/2015

Beschwerden im Analbereich - Sind es wirklich Hämorrhoiden

Dr. med. Julian Holzhüter Internist, Gastroenterologe
Dr. med. Julian Holzhüter
Internist, Gastroenterologe
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Ein Großteil der Bevölkerung ist im Laufe des Lebens mindestens einmal von Schmerzen im Analbereich betroffen. Aus Schamgefühl suchen viele Patienten mit diesem Problem keinen Arzt auf. Die Beschwerden werden vom Großteil der Betroffenen und auch von vielen Ärzten meist in Bezug  zu Hämorrhoiden gesetzt, die meistens allerdings schmerzlos sind. Eine Vorstellung bei einem proktologisch tätigen Arzt kann hier schnell Klarheit und eine deutliche Beschwerdelinderung erreichen.

Meist handelt es sich  bei Beschwerden im Analbereich um eines der vier häufigen Krankheitsbilder: Hämorrhoiden, Marisken, Analfissuren und Analvenenthrombosen.

Hämorrhoiden

Hierbei handelt es sich um eine Vergrößerung des Corpus cavernosum recti. Dieser arteriovenöse Schwellkörper ist gemeinsam mit dem Analsphinkter für die Stuhlkontinenz verantwortlich. Bei einer Vergrößerung dieses Schwellkörpers und Vorfallen der Hämorrhoiden in den Analkanal kann es aber zu Problemen kommen. Hämorrhoiden sind sehr häufig und lassen sich bei bis zu 70% der über 30jährigen nachweisen. Hämorrhoiden selbst können vollkommen symptomlos sein. Bei Auftreten von Beschwerden spricht man vom Hämorrhoidalleiden. Symptome eines Hämorrhoidalleidens sind anales Fremdkörpergefühl, Juckreiz, Blutungen, Nässen und seltener Schmerzen. Faktoren, die eine Ausbildung von Hämorrhoiden begünstigen, sind sitzende Lebensweise, Übergewicht, Schwangerschaft, Bindegewebsschwäche sowie starkes Pressen bei der Defäkation.

Hämorrhoiden werden in 4 Schweregrade eingeteilt:

  • Grad I: Nur proktoskopisch sichtbare prolabierende Knoten.
  • Grad II: Beim Pressen äußerlich sichtbare Knoten, die spontan zurückgleiten.
  • Grad III: Analprolaps (Vorfall der Hämorrhoiden in den Analkanal), der mit der Hand zurückgeführt werden muss.
  • Grad IV: Fixierter Prolaps, der sich digital nicht mehr zurückführen lässt.

Die Therapie kann in allen Stadien mittels Operation erfolgen und zeigt die besten langfristigen Erfolgsraten. Allerdings handelt es sich auf Grund der in diesem Bereich nicht zu erreichenden Sterilität, um eine Operation mit sekundärer Wundheilung, sodass die Patienten nach der Operation für einen längeren Zeitraum eine offene Wunde am Anus haben.

Für die Stadien 1 und 2 (und auch mit Einschränkungen 3) bieten sich daher andere Verfahren wie eine Hämorrhoidensklerosierung (Injektion von zur Vernarbung führenden Substanzen) oder die Gummibandligatur (Abbinden mittels Gummiband) an, die insgesamt deutlich schonender sind und ebenfalls langfristig erfolgreich sein können. Dies gilt besonders für die Ligatur.

Marisken

Bei Marisken (Analläppchen) handelt es sich um harmlose Hautfalten im Analbereich, die als Restbefund nach abgelaufenen entzündlichen Veränderungen im Analbereich (z.B. Analvenenthrombose, Analfissur) zurückbleiben. Diese verursachen normalerweise keine Beschwerden, können aber bei ausgeprägtem Befund die Analhygiene beeinträchtigen und sollten dann entfernt  werden. Im Gegensatz zu Hämorrhoiden füllen sich diese nicht bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks (innerer Bauchdruck). Um dies festzustellen, lässt man den Patienten wie beim Stuhlgang pressen.

Analfissur

Analfissuren sind ein häufiges proktologisches Krankheitsbild und im Allgemeinen sehr schmerzhaft. Es handelt sich dabei um einen Einriss der Analhaut, der typischerweise  der sog. Vorpostenfalte begleitet wird. Diese ist meist bereits bei nicht gespreiztem Anus sichtbar. Die Krankheitsentstehung ist bisher nicht vollkommen aufgeklärt. Prädisponierend sind anale Reizzustände (z.B. Entzündungen, Diätfehler, Alkoholmissbrauch), Hämorrhoiden, vermehrtes Pressen bei der Defäkation und passiver Analverkehr. Unterschieden werden die akute und die chronische Analfissur. Die Schmerzen sind während des Stuhlgangs meist nur relativ schwach vorhanden, steigern sich dann aber in ihrer Intensität typischerweise und können stundenlang anhalten. Das Krankheitsbild kann für die Betroffenen Patienten so belastbar sein, dass es zu Suizidversuchen kommen kann. Der Schmerz ist typischerweise stechend wie mit einem Messer.

Akute Analfissuren können häufig konservativ behandelt werden. Insbesondere Nitroglycerinsalbe hat hier sehr gute Effekte gezeigt, wird aber typischerweise von dem sog. Nitratkopfschmerz begleitet, der in der überwiegenden Zahl der Fälle nach einigen Minuten wieder spontan verschwindet. Spricht eine akute Analfissur aber nicht nach spätestens  6-8 Wochen auf konservative Maßnahmen an, sollte eine Operation durchgeführt werden.

Analvenenthrombose

Hierbei handelt es sich um eine durch einen Thrombus (Gefäßpfropf) verschlossene, anale oder perianale Vene. Die Ursachen für die Entstehung einer Analvenenthrombose sind weitgehend unbekannt. Durch einen Druckanstieg im Bauchraum (harter Stuhlgang, Heben eines schweren Gegenstands oder fortgeschrittene Schwangerschaft etc.), kommt es schlagartig zu einem schmerzhaften Verschluss einer der Analrandvenen. Die Patienten verspüren normalerweise einen plötzlich auftretenden, heftigen stechenden Schmerz und können ein Knötchen im Analbereich tasten, welches bläulich/schwärzlich durch die dünne Analhaut durchscheint. Diese Knötchen sind häufig sehr druckschmerzhaft und machen die Analhygiene zur Qual. Häufig kommt es im Verlauf zu einer Spontaneröffnung des Gefäßverschlusses durch die Haut nach außen, was zu einer sofortigen Beschwerdebesserung führt. Die Therapie erfolgt bei frischen Analvenenthrombosen durch einen kleinen Einschnitt in lokaler Betäubung und einer manuellen Entfernung des Gefäßpfropfes, wodurch eine sofortige Beschwerdebesserung erreicht wird, sowie im weiteren Verlauf  durch Gabe  einer antientzündlichen Salbe (Kortisonsalbe oder Ibuprofensalbe).

Als  Endzustand bleiben häufig kleine Hautläppchen zurück (sog. Marisken). Diese sind harmlos, können aber kosmetisch störend wirken und die Analhygiene beeinträchtigen. Analvenenthrombosen an sich sind ebenfalls harmlos, aber auf Grund der ausgeprägten Schmerzsymptomatik und der Verwechslungsgefahr mit bösartigen Befunden gefürchtet. Nach einem Besuch beim Proktologen lässt sich aber meist eine deutliche Beschwerdebesserung erreichen und die Harmlosigkeit des Befunds bestätigen.

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