Artikel 15/09/2012

Angst - die ungeliebte Beschützerin (Teil 2)

Team jameda
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Wenn Sie in 30 Metern Höhe auf einem Sims von 30 Zentimetern Breite ohne Geländer stehen, werden Sie Ihre Höhenangst vermutlich lieben, da sie Sie davor bewahrt, nach 30 Metern freiem Fall unter Erdbeschleunigung ungebremst mit dem Asphalt Kontakt aufzunehmen. In dieser Situation erleben Sie Ihre Angst also als Verbündete und Beschützerin. Ob Sie sich von Ihrer Altophobie jedoch ebenso behütet fühlen, wenn Sie auf einem Küchenstuhl oder Trethocker von 30 Zentimetern Höhe stehen, kann ich nicht beurteilen. Auch wenn sich im Haushalt statistisch die meisten Unfälle ereignen, habe ich an einer in dieser Situation wohlwollenden Wahrnehmung Ihrer Höhenangst dennoch meine Zweifel. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden Sie Ihre Angst diesmal als sinnlos, einschränkend oder hinderlich, möglicherweise sogar als Feind wahrnehmen.

Unser limbisches System unterscheidet nicht nach sinnvoller oder sinnloser Angst. Es reagiert einfach, flutet unseren Organismus mit den entsprechenden Neurotransmittern und löst damit einen enormen Stresspegel aus. Herzrasen, Schmerzen, Schwindel, Beklemmung, Atemnot, Erstickungsgefühle, Kribbeln der Haut, Zittern, Schweißausbrüche, ja sogar Todesangst können die Begleiter einer solchen Phobie oder Panikattacke sein. Häufig entwickeln Betroffene dadurch eine Angst vor der Angst.

Auch wenn diese starken körperlichen Reaktionen nicht bei allen Angststörungen so massiv auftreten, weil die Ausschüttung der Botenstoffe moderater erfolgt, so ist auch die sogenannte generalisierte Angststörung ein ernsthafter Grund zur Besorgnis, da die Spannungszustände über Monate anhalten und eine entsprechende körperliche und seelische Belastung (Dauerstress) mit sich bringen. Die generalisierte Angststörung sollte daher nicht mit dem Persönlichkeitsmerkmal \‘Ängstlichkeit\’ verwechselt werden.

Die Ursachen

Bei den meisten seelischen Störungen sprechen wir von einer sogenannten multifaktoriellen Genese. Das bedeutet, dass nicht von einer einzelnen verursachenden oder auslösenden Komponente ausgegangen wird, sondern dass eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle bei Entstehung und Ausbruch spielen können. Dies gilt auch für die Angststörungen.

Neben organischen Ursachen können Persönlichkeitsmerkmale, Kindheitserlebnisse, Traumatisierungen, erlernte Verhaltensmuster, unbewältigte Konflikte und weitere Faktoren eine entsprechende Disposition begründen.
Um eine Diagnose in Richtung Angststörungen zu ermöglichen, müssen ebenso, wie bei anderen psychischen Störungen, im Vorfeld organische Ursachen durch umfassende medizinische Untersuchungen ausgeschlossen werden. Bezüglich möglicher organischer Auslöser lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf die Funktion der Schilddrüse, denn sie ist ein Organ, das bei einer Fehlfunktion faszinierende Symptome verursachen kann. Ebenso wie eine Unterfunktion (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis) kann auch eine Überfunktion (z. B. Basedowsche Erkrankung) Angst und Panikattacken verursachen.

Die Behandlung

Die häufigste bei Angststörungen zum Einsatz kommende psychotherapeutische Behandlungsmethode ist - neben der medikamentösen - die sogenannte Reizkonfrontation in Form der systematischen Desensibilisierung. Hierbei werden die Betroffenen mit den stufenweise gesteigerten, angstauslösenden Faktoren konfrontiert, bis eine maximale Reizkonfrontation erreicht wird. Die Betroffenen erleben so die Angstauslöser als immer weniger bedrohlich.

Bei der sogenannten Reizüberflutung werden Betroffene einer maximalen Reizkonfrontation ausgesetzt, bis der \‘Adrenalintank\’ leer ist. Die damit verbundenen massiven Stesspegel müssen ausgehalten werden, bis eine Gewöhnung eintritt. Es ist einleuchtend, dass diese Methode bei den Betroffenen aufgrund der extremen körperlichen und seelischen Belastung wenig Begeisterung verursacht. Diese Methode wird daher aus ethischen Erwägungen kaum noch praktiziert.

Sehr gute Ergebnisse lassen sich mit einer Kombination aus verhaltenstherapeutischen Werkzeugen und Hypnosepsychotherapie erzielen. Hierbei wird die mit der Angst verbundene schlechte Befindlichkeit verbessert und den auslösenden und verursachenden Faktoren Raum für eine Verarbeitung gegeben.

Im Falle von seelischen Problemen sollten Sie zunächst einen Arzt Ihres Vertrauens aufsuchen, um mögliche organische Ursachen ausschließen zu lassen und sich anschließend von einem guten Therapeuten bei der Lösung Ihrer persönlichen Herausforderungen unterstützen lassen.

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