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Viele Patienten sind verunsichert, wenn die Beine auf einmal zu schmerzen beginnen. Was steckt dahinter? Was ist jetzt zu tun? jameda fragte Dr. Michael um Rat, der in seiner Praxis ganzheitliche Ansätze integriert.

jameda: Beinschmerzen können viele Gründe haben – mögliche Ursachen reichen von Überlastungen und Verletzungen bis hin zu Gelenkserkrankungen und Durchblutungsstörungen. Manchmal sind es sogar [https://www.jameda.de/blog/rueckenschmerzen-ursachen-rueckenschmerzen-symptome), die bis in die Beine ausstrahlen. Was ist der häufigste Grund für Beinschmerzen?
Dr. Michael: Am häufigsten treten Beinschmerzen aufgrund von Überlastungen auf. Die Belastbarkeit hängt von zahlreichen Faktoren ab. Gab es Unfälle oder Operationen? Liegen Erkrankungen vor, welche die Durchblutung des Beines verringern? Unsere moderne, von Bewegungsarmut und Fehlernährung gekennzeichnete Lebensweise, die zu Übergewicht, Stoffwechselstörungen und Übersäuerung führt, schwächt die Belastbarkeit von Muskeln, Sehnen und Gelenken erheblich. Häufig fehlen Magnesium und Vitamin D. Die Muskulatur braucht beides, um richtig zu arbeiten. Eine weitere häufige Ursache für Beinschmerzen sind Verkürzungen der Muskulatur, insbesondere am hinteren Oberschenkel und den Waden.

jameda: Welche Rolle spielt Stress dabei?
Dr. Michael: Die meisten Patienten leiden unter extremen Anspannungszuständen des gesamten Nervensystems. Die Muskeln lassen dann nicht mehr richtig los, verkrampfen und schmerzen schon bei geringen Belastungen. Manchmal entwickeln sich Anspannungszustände auch unbewusst, bis sie in Form von Schmerzen auf sich aufmerksam machen.

jameda: Gibt es Ursachen für Beinschmerzen, die häufig übersehen werden?
Dr. Michael: Häufig ist eine bis dahin unerkannte Borreliose die Ursache der Beinschmerzen. Borrelien sind nicht nur in der Lage, sich im Muskel, Bindegewebe und den Gelenksschleimhäuten anzusiedeln, sondern bei ihrem Zerfall zum Beispiel unter Antibiotikatherapie Biotoxine freizusetzen. Diese können zu heftigsten messerstichartigen, reißenden Schmerzen und schweren Beinen führen.

jameda: Können Patienten selber erkennen, woher ihre Schmerzen kommen?
Dr. Michael: Für die Patienten ist es schwierig, neu aufgetretene Beinschmerzen der richtigen Ursache zuzuordnen. Sind es die Nerven, die Gefäße oder nur die Muskeln? Kam der Schmerz plötzlich, während einer Belastung oder über längere Zeit? Kommt der Schmerz nur bei bestimmten Bewegungen oder zu bestimmten Tageszeiten? Sie sehen, wie viele Fragen beantwortet werden müssen, um die Ursachen einzugrenzen.

jameda: Was könnte dahinter stecken, wenn die Beinschmerzen nur nachts auftreten?
Dr. Michael: Wenn Beinschmerzen nachts auftreten, liegt häufig ein Mangel an Magnesium und Vitamin D vor. Beim Magnesium ist eine Ergänzung mit 400 bis 600 Milligramm täglich sinnvoll. Wenn Durchfall auftritt, muss die Dosis verringert werden. Zur Vitamin-D-Ergänzung ist die Bestimmung des Blutwertes wichtig. Unter Berücksichtigung des aktuellen Körpergewichtes kann der Arzt den Vitamin-D-Bedarf für die Aufsättigungs- und für Erhaltungstherapie errechnen.

jameda: Was ist los, wenn die Beine nur beim Aufstehen schmerzen?
Dr. Michael: Wenn die Beinschmerzen nur beim Aufstehen und den ersten Schritten auftreten, liegt häufig eine schon länger bestehende Verkürzung der hinteren Oberschenkel- und hinteren Wadenmuskulatur vor, die zu einer extremen Erhöhung der Spannung in der Fußsohle führt. Es entsteht eine sehr empfindliche, schmerzende Ferse bzw. Fußsohle bis hin zur Ausbildung eines Fersensporns. Die Muskeln arbeiten in Ketten, so dass Verspannungen der Oberschenkel- und Unterschenkelmuskeln über die Ferse, die als Umlenkrolle funktioniert, bis in die Fußsohle weitergeleitet werden. Hier hilft in erster Linie regelmäßige Dehnung der Muskeln und eine vorübergehende Entlastung der Ferse mit einem Fersenkeil. Physiotherapeutische Maßnahmen bringen häufig Erleichterung. Bei hartnäckigen, länger anhaltenden Schmerzen in der Ferse und Fußsohle setze ich die fokussierte extrakorporale Stoßwellentherapie zur Behandlung ein.

jameda: Machen Jogger, die häufig unter Beinschmerzen leiden, etwas falsch?
Dr. Michael: Neben einer optimalen nährstoffreichen Versorgung der Muskulatur ist eine konsequente Dehnung aller Beinmuskeln sowohl hinten als auch vorne, außen und innen erforderlich. Das Schuhwerk und der Laufstil spielen eine entscheidende Rolle. Je mehr Polsterung und Unterstützung durch das Schuhwerk gewählt werden, desto unnatürlicher sind die Bewegungsabläufe. Das führt zu einem höheren Verschleiß der  Muskeln, Sehnen und Gelenke. Viele Jogger laufen über die Ferse statt über den Ballen. Die gesamte Laufhaltung ändert sich; es kommt zu Überlastungsschäden. Waldboden ist besser zum Laufen geeignet als Asphalt oder Beton.

jameda: Wenn das Bein weh tut, ist schnelle Hilfe angesagt. Was können Patienten selbst tun, um die Schmerzen akut zu lindern?
Dr. Michael: Sofortmaßnahmen hängen immer von der Ursache der Beinschmerzen ab. Ist das Bein beispielsweise umgeknickt und geschwollen, ist es sinnvoll, es zu kühlen und hoch zu lagern. Akute Beinschmerzen sind immer ein Warnsignal. Sie sollten auf jeden Fall ärztlich abgeklärt werden.

jameda: Wenn die Schmerzen länger anhalten, sehr stark sind oder mit einer Verletzung einhergehen, sollten Patienten einen Arzt aufsuchen. Wie findet der Arzt die Ursache der Beinschmerzen heraus?
Dr. Michael: Zuerst sieht sich der Arzt das Bein an. Ist es verfärbt, geschwollen oder in seiner Beweglichkeit eingeschränkt? Für den Arzt gilt es zu unterscheiden, welche Strukturen die Beinschmerzen maßgeblich verursachen. Sind es die Nerven, geben neurologische Untersuchungen eventuell einschließlich bildgebender Verfahren wie der Kernspintomographie einen Hinweis. Sind Gefäßveränderungen die Ursache, müssen weiterführende Maßnahmen wie Gefäß- oder Ultraschalluntersuchen, Verschlussdruck-Messungen oder eine Darstellung der Gefäße mit Röntgenkontrastmittel durchgeführt werden. Die Prüfung auf Stoffwechselveränderungen und mögliche Infektionskrankheiten sollte ebenfalls zur Unterscheidung der Ursachen in Betracht gezogen werden.

jameda: Die Palette an konservativen Behandlungen ist breit. Wann reichen Bewegung, Krankengymnastik, Wärme- oder Kältebehandlung oder Bandagen aus, um die Beinschmerzen zu lindern?
Dr. Michael: Wenn es sich um Beinschmerzen handelt, deren Ursachen teilweise oder sogar vollständig umkehrbar sind. Es muss Potenzial zu Erholung und Regeneration der betroffenen Strukturen geben. Zum Beispiel sprechen Schmerzen, die durch zu kurze Muskeln entstanden sind, oft sehr gut auf Dehnung an.

jameda: Welche Behandlungsmethoden erzielen ebenfalls gute Resultate?
Dr. Michael: Ich setze in meiner Praxis osteopathische Behandlungstechniken, die Akupunktur und die fokussierte extrakorporale Stoßwellentherapie zur Behandlung von Beinschmerzen ein. Naturheilkundliche Behandlungen sind darauf ausgelegt, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und den Körper in seine natürliche Balance zu bringen. Dabei gilt es, den ganzen Menschen miteinzubeziehen. Die Ursache des Schmerzes befindet sich nicht immer dort, wo es weh tut.

jameda: Wann ist eine Operation notwendig?
Dr. Michael: Wenn die verschleiß- oder unfallbedingten Veränderungen so ausgeprägt sind, dass sie sich ohne Operationen nicht mehr umkehren lassen. Das spüren Patienten an einem zunehmenden Bewegungsverlust, immer stärker werdenden Schmerzen bis hin zu Ruheschmerzen oder Deformierungen, die den Alltag erheblich beeinträchtigen. Beispielsweise können auch ein eingeklemmter Meniskus des Kniegelenkes, der die freie Beweglichkeit beeinträchtigt oder auch Gelenkinstabilitäten Operationen erforderlich machen.

jameda: Was können Patienten tun, um Beinschmerzen vorzubeugen?
Dr. Michael: Regelmäßige Bewegung und Dehnungsübungen, gesunde Ernährung mit reichlich Gemüse und wenig Kohlenhydraten , wenig tierischem Eiweiß und wenig Genussmitteln können einen wertvollen Beitrag zur Beingesundheit leisten. Wer viel Fast Food und Süßes isst, riskiert eine Übersäuerung. Die Folge: Der Körper entzieht den Knochen Salze, um den PH-Wert wieder zu neutralisieren. Außerdem kann zu viel Fett im Blut zu Gefäßverengungen führen.

jameda: Stimmt es, dass Beinschmerzen Vorboten eines Herzinfarktes sein können?
Dr. Michael: Menschen, bei denen die Beinschmerzen durch Arteriosklerose verursacht werden, erleiden häufig auch einen Herzinfarkt. Die Arteriosklerose tritt im gesamten Gefäßsystem auf und ist nicht nur auf die Beine beschränkt. Auch hier kann eine konsequente Umstellung der Lebensgewohnheiten einschließlich der Ernährung helfen.

jameda: Vielen Dank für das Interview!

Nachtrag: Liebe Leserinnen und Leser, vielen Dank für Ihr großes Interesse an meinem Artikel. Bitte vergessen Sie nicht, dass diese Form der kostenlosen Beratung neben dem Alltag in meiner Praxis ein zusätzlicher Aufwand für mich ist. Bevor Sie Ihre Frage stellen, möchte ich Sie daher bitten, zunächst die Umfangreichen Kommentare und Antworten zu lesen, da Ihre Frage möglicherweise bereits beantwortet wurde und so Dopplungen vermieden werden können.

Vielen Dank und beste Gesundheit wünscht Ihnen

Ihr Dr. med. Ralf Michael

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