Artikel 24/09/2015

Das jameda-Interview: 10 Fragen an Dr. med. dent. Gernot Kalt

Team jameda
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellte jameda Dr. Kalt interessante Fragen über kritische Patienten, Neuerungen in der Zahnmedizin und Defizite im Gesundheitssystem.

jameda: Herr Dr. Kalt, was hat sie motiviert, Zahnarzt zu werden?
Herr Dr. Kalt: Schon in der Schulzeit waren die Naturwissenschaften meine Lieblingsfächer. Gleichzeitig hatte ich aber Interesse an handwerklichem Arbeiten und viel Geschick dabei. Mit dem Zahnmedizinstudium konnte ich beides verbinden.

jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie  die größten Herausforderungen? 
Herr Dr. Kalt: Komplexe Fälle ästhetisch auf hohem Niveau zu therapieren, ist für mich die größte Herausforderung und gleichzeitig auch das, was mir am meisten Freude bereitet. Als Beispiel würde ich einen Patienten nennen, der schon länger zahnlos ist, verbunden mit einem größeren Knochenverlust. In einem solchen Fall sind, um ästhetisch ansprechende Ergebnisse zu erzielen, in der Regel zunächst  Operationen zum Knochenaufbau notwendig. Erst dann ist eine Implantation möglich. Solche Fälle benötigen häufig viel Zeit, sind aber für den langfristigen Erfolg von großer Bedeutung.

jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis? 
Herr Dr. Kalt: Sehr häufig begegne ich dem Klischee, dass Zahnärzte ein gewisses Maß an Sadismus mitbringen würden. Dies kann ich zu hundert Prozent ausschließen. Wir haben heute über moderne Anästhesieverfahren oder auch die Lachgassedierung die Möglichkeit, die Behandlungen völlig schmerzfrei durchzuführen. Gäbe es diese Möglichkeiten nicht, wäre ich niemals Zahnarzt geworden.

jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?  
Herr Dr. Kalt: Gerade auf dem Gebiet der Implantologie wird mit schnellen Behandlungsmethoden bis hin zum Slogan „feste Zähne in einer Stunde“ geworben. Solche Behandlungen funktionieren in der Regel nur in günstigen Ausnahmefällen und bringen ein hohes Risiko mit sich. Ich empfehle meinen Patienten sehr häufig, dem Körper die nötige Zeit zur Regenerierung zu lassen, um einen sicheren Therapieerfolg zu erzielen.

jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Dr. Kalt: Ich spreche meinen Patienten Therapieempfehlungen aus und informiere Sie über die Vor- und Nachteile verschiedener Behandlungen. Letztendlich entscheidet aber der Patient, welchen Weg er einschlagen möchte.

jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Dr. Kalt: Mein Traum wäre es, jedem Patient die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen, am besten ohne jegliche Zuzahlung. Aufgrund der finanziellen Situation unseres Gesundheitswesens wird das aber wohl ein Traum bleiben.

jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Dr. Kalt: Ich denke, dass der patientengerechten Aufklärung über Krankheiten, deren Entstehung und Therapie im Alltag oftmals zu wenig Beachtung geschenkt wird.

jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden? 
Herr Dr. Kalt: In der Zahnmedizin gibt es für mich zwei Errungenschaften, die von immenser Bedeutung sind. Auf dem Gebiet der Zahnerhaltung sind es vor allem moderne Wurzelkanalbehandlungen unter dem Operationsmikroskop bei bis zu 25-facher Vergrößerung. Im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung ist es das Ziel,  den infizierten Nerv des Zahnes, der sich im Inneren des Zahnes sowie dessen Wurzeln befindet, komplett zu entfernen. Wenn man sich nun vor Augen führt, dass ein solcher Nerv den Durchmesser eines Haares hat und häufig im Inneren einer Wurzel noch Seitenäste ausbildet, kann man sich vorstellen, wie schwierig eine solche Behandlung ist. Da aber beim Verbleib von infiziertem Gewebe im Kanal die Entzündung nicht dauerhaft ausheilen kann, ist die komplette Entfernung des Gewebes von großer Bedeutung. Meiner Meinung nach kann daher eine solche Behandlung nur unter dem Mikroskop erfolgen.

Als weiteren bedeutenden Fortschritt würde ich auf dem Gebiet der Implantologie moderne Knochenaufbaumethoden nennen. Wir haben heute die Möglichkeit, auch in äußerst ungünstigen Fällen dank Knochenaufbauverfahren Implantate setzen zu können.

jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Kalt: Die längste Behandlung zog sich in meiner Praxis über zwei Jahre hin. Ein zahnloser Patient mit einem immensen Knochenverlust suchte meine Praxis auf, nachdem ihm zuvor in mehreren Praxen von Implantaten aufgrund des großen Knochenverlustes abgeraten wurde. Nach mehreren Operationen konnten wir nach zwei Jahren eine festsitzende Versorgung eingliedern. Das ist mittlerweile fast zehn Jahre her und noch immer ist der Patient mir äußerst dankbar und froh, dass er nicht vor der Therapiedauer zurückgeschreckt ist.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben? 
Herr Dr. Kalt: Trotz aller Fortschritte im Bereich der Zahnmedizin ist der gesunde, natürliche Zahn immer noch der beste Zahn. Daher sollte die häusliche Prophylaxe aber auch die regelmäßige Kontrolle in Verbindung mit individueller Prophylaxe nicht vernachlässigt werden.

Über Dr. Gernot Kalt, M.Sc.
Dr. Gernot Kalt schloss sein Studium der Zahnheilkunde an der Ruprecht-Karls- Universität in Heidelberg 1998 mit dem Staatsexamen ab. Er ließ sich 2002 in Wiesenbach bei Heidelberg nieder und absolvierte 2007 den Master of Science in Oral Implantology an der Steinbeis-Universität in Berlin.

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