Alkohol kontrolliert trinken - eine gute Alternative zur Abstinenz

Alkoholsucht kommt in Deutschland immer häufiger vor. (© MaleWitchi_Stock)

Alkohol ist ein Genussmittel und gehört in unserem Kulturkreis einfach dazu: Keine Feier ohne Alkohol. Zunehmend wird Alkohol nicht nur als Genussmittel eingesetzt. Oft lassen sich Stress, Schmerzen oder Verlust mit Hilfe von Alkohol besser ertragen.

Diese Form der Selbsthilfe kann schnell zur Gewohnheit werden. Inzwischen praktizieren circa 5,8 Millionen Bundesbürger einen eher riskanten Konsum. Eine Alkoholabhängigkeit entwickelt sich oft schleichend - vom Betroffenen unbemerkt - über viele Jahre hinweg.

Bei 1,5 Millionen Bundesbürgern liegt eine Sucht vor, d. h. sie sind alkoholabhängig und können ihr Trinkverhalten nicht frei steuern.

Moderates Trinken

Dass zu viel Trinken ungesund ist, weiß inzwischen jeder. Welche Mengen sind nun unschädlich? Die Weltgesundheitsorganisation WHO veranschlagt pro Tag 20 Gramm Alkohol für Frauen und 30 Gramm für Männer als relativ unschädlich.

Dies entspricht einem 1/2 Liter Bier für Frauen und einem ¾ Liter Bier für Männer. Männer vertragen etwas mehr, weil der Wassergehalt in ihrem Körper größer ist. Der aufgenommene Alkohol verteilt sich anders. 20 bis 30 Gramm Alkohol sind nicht viel.

Wenn sich jemand an diese tägliche Menge hält, wobei 2 Tage in der Woche völlig abstinent sein sollten, spricht man vom moderaten Trinken. Circa 10 % der Bevölkerung trinken mehr Alkohol und halten dies nicht für problematisch.

Viele Menschen wollen nicht auf Alkohol verzichten, wünschen aber weniger zu trinken

Erst wenn immer öfter am nächsten Tag Katerstimmung vorherrscht, Konzentration und körperliche Fitness nachlassen, die Abstürze und die Peinlichkeiten bei Feiern sich häufen, beginnen einige ihr Trinkverhalten zu überdenken.

Viele wollen auf Alkohol nicht verzichten, denn Abstinenz erscheint ihnen eher abschreckend bzw. unerreichbar. So wird versucht, einfach weniger zu trinken. Dies bleibt oft erfolglos, weil es nicht einfach ist, jahrelang praktizierte Gewohnheiten zu verändern.

Die Erfolgsfaktoren des Kontrollierten Trinkens

Zu viel Alkohol schadet Ihrem Körper! (© A_N - iStock)
Professionelle Programme zum kontrollierten Trinken, die ambulant oder in Selbsthilfe verwendet werden können, sind seit 1999 auch in Deutschland eine gute Alternative - sie wird inzwischen von Fachkreisen vermehrt befürwortet.

Ausschlaggebend ist dabei, dass Menschen erreicht werden, die sich der Problematik ihres Trinkverhaltens bewusst sind. Diese Menschen sehen sich nicht als Alkoholiker und wollen nicht abstinent leben. Sie möchten lediglich ihren Alkoholkonsum reduzieren. Der größte Erfolgsfaktor des kontrollierten Trinkens ist die Stärkung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung.

Die Betroffenen entscheiden selbst über Zielsetzung und Trinkmengen. Die Hilfestellung erfolgt über Analysen des Trinkverhaltens mit Hilfe von Trinktagebüchern, angeleiteter Selbstbeobachtung, Umgang mit Risikosituationen und Belastungen.

Internationale Forschungen und Studien belegen inzwischen: Kontrolliertes Trinken mit professioneller Anleitung funktioniert. 

Im Durchschnitt sank der Alkoholkonsum der Studienteilnehmer um die Hälfte der bisherigen Trinkmenge. Einige entschieden sich für Abstinenz und zeigten sich offen für weitere Beratungsangebote.

Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose, und ersetzt den Arztbesuch nicht. Er spiegelt die Meinung des Autors und nicht zwangsläufig die der jameda GmbH wider.

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Kommentare (16)

Patrick, 15.10.2019 - 02:34 Uhr

Interessanter Artikel. Ich bin ebenfalls gerade dabei, meinen Konsum zu überdenken. Ich trinke bei weitem nicht täglich, auch bin ich in der Lage wenig zu trinken, z.b ein Bier zum Essen. Auch bin ich in der Lage, über Wochen nichts zu trinken. Das Problem liegt darin, dass ich zum Rauschtrinken neige, wenn ich schlecht drauf bin, mich gestresst fühle oder im Rahmen einer Feier. Dabei ist es so dass je schlechter es mir psychisch geht, umso heftiger wird der Abend. Dies hat bei mir im späten Teenager-Alter angefangen. Jetzt bin ich Mitte 30 und ich habe bemerkt, dass 1. die Kater immer schlimmer werden, 2. dass sich die Trinkmenge über die Jahre schleichend gesteigert hat und 3. der Spass im Gegenzug weniger geworden ist, es ist sogar so, dass sich zum "normalen Kater" vereinzelt Angstzustände und Albträume bemerkbar machen. Meine Frage ist nun, ob das kontrollierte Trinken evtl ein Weg für mich sein könnte. Aktuell kann ich mir ein Leben ohne nicht vorstellen, allerdings will ich auch nicht mehr so weitermachen wie bisher. Können Sie mir weiterhelfen? Würde mich sehr über Ihren Rat freuen. Danke Freundliche Grüsse Patrick P.s Wichtig ist vielleicht noch zu erwähnen, dass ich bisher keine fachliche Hilfe in Anspruch genommen oder versucht habe, die Menge zu begrenzen.

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 27.10.2019

Inwiefern ich Ihnen helfen kann, müsste über eine Diagnostik und ein persönliches Gespräch abgeklärt werden. Mit anderen Worten eine Ferndiagnose ist nicht möglich. Setzen Sie sich gern mit mir in Verbindung.

Martin V., 25.11.2018 - 01:10 Uhr

Ich habe getrunken um mich abzuschießen, nichts mehr zu spüren, im sitzen eingeschlafen, morgens erwacht. Kontrolle gab es nicht, nur saufen. Ein paar mal aufgehört Wochenlang, wieder angefangen. Dann nachgeholt. Zwei Liter Starkbier 10 Prozent mit Schnaps 40%, ganz ehrlich! Ein Alkoholiker kann nix kontrollieren deshalb ist er ja einer. Sollte eigentlich klar sein. Aber wer nicht aufhören möchte kann sich mit kontrolliertem trinken selber etwas vormachen. Die Flaschen sind eh überall Versteckt! Hier ein Schluck und da ein Schluck. Vom Keller zum Dachboden waren die Flaschen versteckt. Gläser brauchte man nicht.

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 01.12.2018

Sie scheinen es geschafft zu haben und abstinent zu leben. So wie Sie Ihr damaliges Trinkverhalten schildern, waren Sie so stark im Suchtkreislauf gefangen, dass Abstinenz Ihre einzige Rettung war. Dies gilt jedoch nicht für jeden, der Alkoholmissbrauch betreibt. Ich denke, dass kontrolliertes Trinken gerade verhindert, dass Menschen erst ganz unten ankommen müssen. Bei vielen ist der Suchtverlauf schleichend und erstreckt sich über einen großen Zeitraum. Rechtzeitiges Eingreifen über eine aktive Auseinandersetzung mit dem Trinkverhalten, kann gerade diesen totalen Kontrollverlust, den Sie schildern, verhindern. Kontrolliertes Trinken bedeutet eben nicht nur einfach weniger Trinken. Erkennen und verstehen der Hintergründe und Ursachen des Trinkverhaltens sind Teil des Programms und ermöglichen eine Veränderung des Verhaltens, welches zum missbräuchlichen Trinken geführt hat.

Andrea S., 14.01.2018 - 13:04 Uhr

Wer kann beim kontrollierten Trinken helfen? Wo gibt es Beratungsstellen?

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 16.01.2018

Ganz normale Suchtberatungsstellen hier in Hamburg bieten das Kontrollierte Trinken an oder alternativ von Prof. Körkel zertifizierte Therapeuten in Privatpraxen. Näheres finden Sie auf meinem Profil bei Jameda.

Karlo, 28.12.2016 - 11:48 Uhr

Kontrolliert trinken, halte ich für nicht durchführbar. Man belügt sich selbst -das kann ich aus Erfahrung sagen.

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 23.01.2017

Das kann man meiner Meinung nach nicht so pauschal sagen. Einfach weniger trinken, ohne sich mit dem eigenen Trinkverhalten auseinander zu setzen bedeutet nicht kontrolliert Trinken im Sinne von Prof. Körkel.

Dr. Med A., 10.11.2016 - 21:06 Uhr

Der Artikel entspricht in keiner Weise meinen Erfahrungen bei intensiver Betreuung von Abhängigen. Viele meinen nämlich nur, kontrolliert trinken zu können und werden sich über diese Veröffentlichung freuen...

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 12.11.2016

Wenn Menschen nicht bereit sind, Abstinenz anzustreben aus welchen Gründen auch immer, fallen sie aktuell aus dem Suchthilfesystem heraus, d. h. Ihnen wird nicht geholfen, denn Sie suchen erst gar nicht Ärzte oder Beratungsstellen auf. Für diese Menschen bedeutet das Angebot des kontrollierten Trinkens - nach meiner Erfahrung - , die Möglichkeit sich unter professioneller Anleitung erstmalig mit einem problematischen Trinkverhalten auseinander zu setzen. Es geht eben nicht nur einfach um weniger trinken, das haben in der Tat schon viele erfolglos allein probiert. Es geht um eine aktive und professionelle Auseinandersetzung mit dem Alkohol und gezielte, selbstbestimmte Verhaltensänderung, die nur bei entsprechender Motivation nachhaltig sein wird.

Hro, 13.09.2016 - 11:01 Uhr

Seit über 41 Jahren lebe ich alkoholabstinent. Meine Versuche, Alkohol kontrolliert zu trinken, haben in keinem Fall geklappt. Seit dem die Alkoholkrankheit bekannt ist, gab es unzählige Methoden, das Problem in den Griff zu bekommen. Leider haben auch diese Ansätze allesamt nicht gefruchtet. Ich würde niemandem empfehlen, sich auf weitere Experimente einzulassen. Gerade auch Medikamente haben Nebenwirkungen und letztlich könnte ich davon auch noch abhängig werden. Jeder Mensch, der wirklich seinen Alkoholkonsum beenden will, kann mit der entsprechenden Unterstützung auch langfristig abstinent leben. Ich bin dankbar, dass ich diese lange Zeit ohne Medikamente oder anderen Experimenten und mit Unterstützung einer kompetenten Selbsthilfegruppe schadlos und zufrieden überstanden habe. Kontrolliertes Trinken impliziert, dass man nicht nur den Konsum, sondern auch die Sucht unter Kontrolle hat, sogar geheilt ist - doch für Sucht gibt es kein Heilmittel!

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 13.09.2016

Sie haben offensichtlich viel probiert und sind schließlich zu dem Ergebnis gekommen, ihren Alkoholkonsum zu beenden. Sie haben sich effektive Hilfen organisiert. Ihr Beispiel macht deutlich, dass man auch ohne Alkohol ein zufriedenes Leben führen kann. Abstinenz ist die beste Lösung. Doch viele wollen oder können sich damit nicht anfreunden. Für diese Menschen ist das kontrollierte Trinken die zweitbeste Lösung. Kontrolliertes Trinken bedeutet nicht einfach weniger trinken, das klappt in der Regel nicht lange, wie Sie ja auch schmerzlich erfahren mussten. Das Programm des Kontrollierten Trinkens beinhaltet Anstöße zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den Hintergründen des eigenen Trinkverhaltens. Neben der Veränderung des Trinkverhaltens finden heilsame Verhaltensänderungen in Bezug auf Stressbewältigung, Problemlösung, Belohnung und Genuss im Alltag statt.

S., 28.08.2016 - 22:17 Uhr

Bei diagnostizierter Alkoholabhängigkeit ist nach meiner Erfahrung kontrolliertes Trinken möglich. Es ist aber keine Alternative bei einer Suchterkrankung, weil unter bestimmten Bedingungen eine Kontrolle nicht mehr möglich ist, bedingt durch jahrelanges falsches Verhalten bei Stresssituationen am Arbeitsplatz oder unvorhersehbaren negativen Ereignissen. Eine Alkoholabhängigkeit bleibt ein ganzes Leben bestehen und ist nicht heilbar. Die Verantwortung für diese Erkrankung trägt der Betroffene ganz alleine. Hilfe und Unterstützung wirken sich meistens nicht entsprechend aus, weil es in der Gesellschaft keine Akzeptanz dieser schlimmen Erkrankung gibt. Man wird immer mit Provokationen, falschen Einschätzungen, Angriffen auf die Persönlichkeit und ständiger Beobachtung rechnen müssen.

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 13.09.2016

Ich sehe das ähnlich, die Alkoholkrankheit wird tabuisiert in unserer Gesellschaft. Viele haben Angst als Alkoholiker stigmatisiert zu werden, denn üblicherweise stellt man sich den Obdachlosen unter der Brücke mit seiner Flasche Schnaps vor, der gesellschaftlich völlig außen vor ist. Dabei wird häufig vergessen, das Alkoholismus viele Gesichter hat und Alkoholabhängigkeit ein schleichender Prozess ist. Viele Alkoholabhängige sind vollkommen unauffällig in unsere Gesellschaft integriert. Sie arbeiten, sind angesehen, spüren aber, dass mit ihrem Trinkverhalten etwas nicht in Ordnung ist. Die Angst vor Stigmatisierung verhindert sich Hilfe zu holen, oder sich für eine Abstinenz zu entscheiden.

Erwin, 25.08.2016 - 11:08 Uhr

Ich war selbst vor 20 Jahren in Wilhelmsdorf und lebe seither abstinent und das sehr zufrieden. Damals wurde klar in Gesprächen gesagt, das kontrolliertes Trinken nicht möglich ist. Ich habe übrigens gleichzeitig noch mit dem Rauchen aufgehört, da damals auch noch Tabakkonsum dort verboten war.

Antwort von Dipl.-Päd. Christiane Meik, verfasst am 26.08.2016

Ich gratuliere Ihnen für diese erfolgreiche Entscheidung zur Abstinenz, die nach wie vor die beste Lösung ist. Kontrolliertes Trinken ist allerdings die zweitbeste Lösung. Auch die Experten sind sich inzwischen weitgehend einig, dass die Zeiten vorbei sind, in denen nur den Menschen geholfen wurde, die sich für eine Abstinenz entschieden hatten. Hilfreich und gut ist es auf jeden Fall, sich mit einem als problematisch empfundenen Trinkverhalten und dessen Hintergründen zu beschäftigen. Nur dann entsteht eine realistische Chance ein Trinkverhalten zu verändern.

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