Die Vermischung der Tatsachen
Die nächste Verunsicherung zum Thema Milchkonsum tritt ein, wenn der endlich Milchzuckerintolerant-Gewordene, der junge Erwachsene, also der Noch-Gesunde versucht, seinen doch so wichtigen Calzium-Haushalt durch frische Milch günstig zu beeinflussen.
Milch enthält neben dem bedenklichen Milchzucker auch das ungemein wichtige Mineral Calzium. Das ist richtig. Unsere durch die Milchwerbung durchdrungene Sozialisierung suggeriert, dass Milch nicht nur rundum gesund, sondern auch noch der Calziumlieferant schlechthin sei. Der Verbraucher konsumiert also fleißig seine Milch und entwickelt im Laufe seines Lebens unangenehme Beschwerden.
Seine an sich gesunde Milchzuckerintoleranz führt dazu, dass die in rauen Mengen vorkommenden Darmbakterien sich auf den unverdauten Milchzucker stürzen, diesen verstoffwechseln und dabei große Mengen an Gasen produzieren. Diese erzeugen dann schmerzhafte Blähungen. Übriggebliebener Milchzucker und andere, von den Darmbakterien ausgeschiedene Abbauprodukte binden Wasser im Darm, sodass es zu Durchfällen kommt. Wir erinnern uns: Milchzucker wird in Apotheken als Abführmittel angeboten.
Heikel wird es, wenn diese Durchfälle dann über längere Zeiträume bestehen, da diese die Darmwände reizen, dort zu Entzündungen führen und andere echte Erkrankungen wie zum Beispiel Allergien nach sich ziehen können. Bringt man nun diese Beschwerdebilder mit dem Begriff Laktoseintoleranz in einem Kontext, suggeriert es logischerweise ein in sich geschlossenes, real existierendes Krankheitsbild.
Die Inszenierung
Wo Beschwerden sind, besteht Leidensdruck. Leidensdruck schafft Handlungsbedarf. Bedarf erzeugt Märkte. Verunsicherte, kranke Verbraucher werden weiterhin aus den Medien mit der Information versorgt, Milch sei unverzichtbar. Parallel dazu bieten die Lebensmittelindustrie und einige Pharmaunternehmen Produkte an, die sich gezielt an die scheinbar vom Schicksal gebeutelten Lactoseintoleranten wenden.
So kann man heute gezielt lactosearme Milch und Butter kaufen, Brotaufstriche, und Desserts. Manche Hersteller nutzen die Verunsicherung, um den verkaufsfördernden Aspekt der Lactosefreiheit sogar auf Produkten hervorzuheben, die von Natur aus lactosefrei sind, wie zum Beispiel Margarine. Wie der Vertrieb von Tabletten und Pulvern einzuordnen ist, die der "Erkrankte" wegen seiner Unverträglichkeit anwenden kann, bleibt jedem überlassen.
Was bleibt also zu tun?
Betrachten wir die Fakten. Erstens: Lactose ist eine nur von Kleinkindern verwertbare Substanz, die im weiteren Leben möglichst nur in kleineren Mengen zu sich genommen werden sollte. Die Milchzuckerintoleranz ist also normal. Toleriert man eine Substanz nicht, lässt man sie sinnvollerweise einfach weg.
Zweitens: Die Menge des aufgenommenen Milchzuckers ist ebenfalls für ein mögliches Beschwerdebild von Bedeutung. Der Schuss Milch im Kaffee ist also nur für ausgeprägt Intolerante ein mögliches Problem.
Drittens: Milch ist calciumhaltig. Milchprodukte noch viel mehr. 100g Frischmilch enthalten nur ca. 120 mg Calzium, dafür aber ca. 4,5 g Lactose, 100g Joghurt ca. 125 mg Calzium und 3,2g Lactose, 100g Weichkäse wie z. B. Camembert schon ca. 570 mg Calzium und nur noch 1-2g Lactose und 100g Hartkäse wie Emmentaler oder Gruyère enthalten deutlich über 1000 mg Calzium und sind nahezu laktosefrei! Man könnte als Faustregel sagen: Umso fester das Milchprodukt, umso laktoseärmer und calciumreicher ist es.
Viertens: Auch Gemüse wie Spinat, verschiedene Kohlsorten, Kräuter, Bohnen, Nüsse und nicht zuletzt unser gutes, hartes (kalkreiches) Leitungswasser und natürlich ausgesprochen calciumreiche Mineralwässer stehen als weitere Calziumquelle zur Verfügung.
Wenn man also das Thema der Lactoseintoleranz genauer betrachtet, wird nun klar, wie einfach man durch die hartnäckige Zusammenführung einzelner Fakten Halbwahrheiten und Verunsicherung schafft, die sich sehr gut vermarkten lassen. Gerne fallen in diesem Zusammenhang auch Begriffe wie Lactoseallergie oder Milchallergie. Ersteres gibt es schlicht nicht, zweiteres ist eine immunologische Störung, die mit der Milchzuckerintoleranz nur das Wort Milch gemein hat.
Wer keine Milch verträgt, sollte sie einfach weglassen - so einfach ist das!
Alles, was Sie in Ihrem Artikel schreiben ist mir zwischenzeitlich bekannt, ergänzend möchte ich jedoch anmerken, dass man als "Erkrankter" von den Ärzten im Stich gelassen wird, weil es einfach zu lange dauert, eine vernünftige Diagnose zu stellen. Aussage vom Arzt dazu: Na, wenn Sie Probleme mit Milch haben, dann lassen Sie sie halt einfach weg. Sehr witzig, solange es Nahrungsmittel-Herstellern problemlos erlaubt wird, Milchzucker unter allen möglichen Namen in unseren Lebensmitteln zu verstecken, nur weil er billig ist. Nicht einmal beim Metzger um die Ecke bekomme ich noch eine verlässliche Aussage, ob Milchzucker drin ist, oder nicht, denn auch diese kaufen Teile ihres Sortiments hinzu. Einige Hersteller schreiben inzwischen groß auf die Verpackung, dass das Produkt laktosefrei ist, verlangen dann aber i.d.R. gleich mal den dreifachen Preis. Sogar dann, wenn das Produkt von Haus aus schon laktosefrei ist, siehe Hartkäse. Meiner Meinung nach müsste von Seiten der Gesetzgebung endlich eine vernünftige Regelung getroffen werden, dass künstlich hinzugefügte Laktose im Lebensmittel nichts zu suchen hat. Dann kämen wir endlich wieder zur natürlichen Entwicklung, aber das dürfte der Milchlobby nicht gefallen.