sportlerhernie-symptome-therapie

Häufiger als angenommen gibt es die Sportlerhernie, die oft mit Hüftgelenksveränderungen oder Adduktorenzerrung verwechselt werden kann. Nahezu 60 % der aktiven Fußballspieler berichten über akute oder chronische Leistenschmerzen.

Die Sportlerhernie entsteht durch eine chronische Überbeanspruchung im Becken-Bein-Bereich, wie sie insbesondere bei Leichtathletik, Tennis, Golf, Fußball und Eishockey auftreten kann. Durch eine Zunahme der Scherkräfte im Becken und der Beinmuskulatur kommt es zu einer Koordinationsdysbalance und einem Verlust der Rotationsstabilität der schrägen Bauchwandmuskulatur. Eine angeborene Bindegewebsschwäche und/oder eine muskuläre Verletzung können ursächlich für die Sportlerhernie sein.

Unterschiedliche Beanspruchung der Hüftmuskulatur im Vergleich zur Bauchwandmuskulatur, gerade bei Fußballern und Eishockeyspielern, kann dabei zu Einrissen wichtiger Strukturen des Leistenkanals (Fascia transversalis, Transversuarkade, M. obliquus internus und externus, Externusaponeurose, Ansatz M. recuts abdominis) kommen. Einen nach außen für jeden sichtbaren Bruchsack sucht man meist vergeblich.

Der Beginn der Beschwerden ist meist unklar. Auch die Ausbreitung des Schmerzareals kann wechseln, verteilt sich oft über Unterbauch, Hüfte, Leiste und Oberschenkel. Typischerweise wird über ein Ausstrahlen des Schmerzes in den Oberschenkel und/oder Genitalbereich berichtet.
Leitsymptom ist der Schmerz im Leistenkanalbereich und Schambein. Verstärkt werden die Schmerzen durch plötzliche stärke Belastung wie bei Husten, Niesen, Situps, Drehen im Hüftgelenk, Heben schwerer Gegenstände und  falsche Bewegungen.

Die klinische Untersuchung wird am besten durch eine Ultraschalluntersuchung ergänzt. Langjährige Erfahrung mit der Ultraschalluntersuchung vor einer Operation und nach einer Operation unter Berücksichtigung der Operationsbefundes machen diese Untersuchung im Verhältnis zum CT oder MRT zum Goldstandard. Nur so lässt sich darstellen, ob es einen Hinterwanddefekt der Leiste gibt. Die CT/MRT Untersuchung ist wichtig beim Ausschluss der Differentialdiagnosen (Schambeinentzündung, Unterbauchorganveränderung, etc.). Mit der Farbduplexsonographischen Untersuchung lassen sich Gefäßveränderungen in der Leiste feststellen.

Die Ursache der Schmerzen ist meist eine isolierte Nerveneinklemmung eines oberflächigen Nerven in der Bauchwand. Diese Nerven haben ihren Ursprung im unteren Teil der Wirbelsäule. Dies erklärt auch, warum man dabei oft an Bandscheibenveränderungen denkt. Durch eine gezielte Infiltration des Nervengebietes in der Bauchwand mit einem Lokalanästhetikum lässt sich rasch klären, ob es sich um eine Nerveneinklemmung handelt. Dies funktioniert vor allem dann, wenn man sich auch intraoperativ ein Bild über die Situation der Nerven in dem Leistenbereich machen kann, und die Erkenntnisse dann auf die Situation der diagnostischen Infiltration übertragen kann.

Diese Untersuchung ist von entscheidender Bedeutung zur Abklärung der Op-Technik. Im Falle einer isolierten Nerveneinklemmung macht es keinen Sinn, laparoskopisch zu operieren. Man kann dann den Defekt der Bauchwand verschließen, aber nicht die Ursache des Schmerzes angehen. Dies geht nur offen minimal-invasiv. Eine spezielle Naht-Netz-Technik - in den meisten Fällen - und eine sogenannte ‘tailored neurectomy’ (es wird nur der beschädigte Teil des Nerven entfernt, sodass das Gefühl im Leistenbereich durch andere Nerven übernommen werden kann) erlauben es, sich rasch zu erholen und meist am nächsten Tag schon normale Tätigkeiten auszuüben. Auch die gewohnte sportliche Betätigung ist bald wieder möglich.

Wichtig ist gerade im Falle der Sportlerhernie und der isolierten Nerveneinklemmung, dass auch die Nachsorge durch den Chirurgen durchgeführt wird, der die Op durchgeführt hat. Nur er kennt den Befund! Es kann durchaus sein, dass sich Wochen nach einer Operation temporär Beschwerden wie Ziehen einstellen. Dies könnte fälschlicherweise als Wiederauftreten der Sportlerhernie (Rezidiv) gedeutet werden. Eine Operation würde da gar nichts verbessern. Manchmal ist es auch so, dass es durch die vor der Operation lange bestehende Schonhaltung zu einer falschen Belastung von Muskulatur und Sehnen kommt, die durch Physiotherapeuten und andere Fachdisziplinen behandelt werden müssen. Dies ist auch ein wesentlicher Grund für die Operation, da es bei längerem Bestehen der Schonhaltung zu Defekten der Wirbelsäule und Hüfte kommen kann, die nur mit größerem Aufwand (z. B. künstliche Hüfte) behandelt werden können.

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