Artikel 20/10/2012

Kann ich als Patient die Qualität einer Untersuchung meiner Venen beurteilen?

Dr. med. Florian Netzer Facharzt für Allgemeinchirurgie, Notfallmediziner
Dr. med. Florian Netzer
Facharzt für Allgemeinchirurgie, Notfallmediziner
qualitaet-venenuntersuchung

Prinzipiell ist davon auszugehen, dass das medizinische Niveau in Deutschland hoch und die Qualität der ärztlichen Ausbildung so gut sind, dass jeder Patient eine hochwertige Untersuchung erfahren kann.
Als Patientin oder Patient kann man anhand einiger notwendigerweise vom Arzt mit gebührender Genauigkeit (= u.a. Zeit) auszuführenden Untersuchungsschritte aber beurteilen, ob er oder sie den Arzt um eine weitergehende Untersuchung bitten soll.

Eine moderne Venenuntersuchung muss in jedem Fall folgende Schritte beinhalten

  • Genaues Eruieren der individuellen medizinischen Vorgeschichte im Gespräch mit dem Arzt, genannt Anamnese: Beschwerden, familiäre Häufung von Venenleiden, Gerinnungsstörungen, Medikamenteneinnahme, Allergien, Voroperationen, vorhergehende Verödungen oder Laserbehandlungen, etc.
  • Nicht instrumentelle, so genannte „klinische“ Untersuchung: Betrachtung beider Beine von den Zehen bis wenigstens zur Leiste, ggf. auch des Unterbauchs, Betastung der Beine und der Venengruppen z. B. um Verhärtungen oder Überwärmungen zu finden. Optimalerweise wird dabei eine Fotodokumentation angefertigt
  • Rückstromprüfung: Entscheidend für den Krankheitswert einer Venenerkrankung ist vor allem das Maß, in welchem das Blut sich in den Beinen staut, beziehungsweise in diese durch die Venen fälschlich zurückströmt. Dabei bedient sich die Medizin z. B. der Technik der Messung der Blutvolumenänderung in den Beinen durch Infrarotmessung und ähnliche Verfahren, bei denen keine Injektionen erforderlich sind
  • Farbcodierte-Duplex-Sonographie FCDS: heute der „Goldstandard“ der Untersuchung. Sie bildet die wichtigste Informationsquelle über die Strömungsverhältnisse im arteriellen wie venösen Bereich der Beine und ist die unerlässliche Voraussetzung für die Planung jeder Art von Therapie, nicht nur für eine Operation. 
    Hierbei werden stets beide Beine von vorne und hinten und von der Sohle bis zur Leiste bzw. der Gesäßfalte sorgfältig mit dem Schallkopf nach gesunden und kranken Venen und Arterien abgesucht und dazu in den jeweiligen Gefäßen die Blutstromrichtung in Farbe (= farbcodiert) dargestellt sowie die Strömungsgeschwindigkeit und die Gefäßelastizität gemessen. 
    Diese Untersuchung kann auch bei sehr erfahrenen Ärzten und einem relativ „geringen Befund“ keinesfalls unter 15 Minuten dauern, um ausreichend genau zu sein. In komplexen Fällen kann sie auch einmal deutlich über eine Stunde in Anspruch nehmen.
  • Beratungsgespräch und Aufklärung: Nach Abschluss aller Untersuchungsgänge muss sich der Arzt persönlich (!) ausreichend Zeit nehmen und mit dem Patienten die Ergebnisse der Untersuchung und die möglichen therapeutischen Schritte zur Behandlung (und deren mögliche Alternativen – das ist sogar gesetzlich fixiert) zu besprechen. Keinesfalls soll einfach ein Vordruck als Einwilligung zu einer Behandlung zur Unterschrift vorgelegt werden, ohne dass dieses Gespräch so ausführlich und für den Laien verständlich geführt wurde und der Arzt auch über die Risiken einer Behandlung ebenso aufgeklärt hat wie über die möglichen Folgen einer Nichtbehandlung. Der Gesetzgeber sieht den Ärzte hier sehr genau auf die Finger und verlangt eben nicht nur den Nachweis einer Patientenunterschrift auf einem Formular, sondern – sogar wichtiger eingeschätzt als die tatsächliche Unterschrift – den Nachweis über das vom Arzt persönlich geführte, ausführliche Gespräch, in welchem der Patient auch Fragen stellen kann.

Keinesfalls darf eine Operation am selben Tag erfolgen wie das Aufklärungsgespräch – dem Patienten muss laut Rechtsprechung Zeit gegeben werden, die Vor- und Nachteile einer Operation abzuwägen. Selbstverständlich gilt diese Regel nicht für sofort nötige Notfalleingriffe.
Es gibt noch ergänzende Untersuchungen, die im speziellen Einzelfall notwendig werden können, wie etwa Schichtbildaufnahmen mit Kontrastmittelgabe. Dies ist aber nur in komplexen Ausnahmesituationen nötig und muss ebenfalls vom Arzt genau begründet und erklärt werden.

Als Patient achten Sie darauf, dass sich Ihr Arzt sich ausreichend Zeit für die Untersuchung und das anschließende Gespräch nimmt und sich voll und ganz Ihrem Fall widmet. Von der Genauigkeit der Untersuchung hängt natürlich die Qualität der Diagnosestellung ebenso ab wie eine spätere Therapie.

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