Artikel 29/12/2009

Ohrgeräusche: Wie Tinnitus entsteht

Team jameda
Team jameda
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Nehmen wir mal an, es gibt 50 oder mehr Gründe für Ohrgeräusche, dann hat vermutlich die Hälfte der Geräusche ihren Ursprung in einer Störung des Nervensystems im Innenohr (otoneurologisch). Die andere Hälfte erleidet ihr Ohrgeräusch durch Störfaktoren, die außerhalb des Ohres zu suchen sind. Nehmen wir weiterhin an, dass der Mehrzahl der Tinnitus-Patienten durch die gängigen Behandlungsmethoden geholfen wird, wie z. B. durch Infusionen und Physiotherapie, so müssen doch einige Patienten erleben, dass ihnen ihr Ohrgeräusch nicht genommen werden kann. In diesen Fällen können ausgefallene Therapieangebote zum Erfolg führen.

Im Fach der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie finden sich folgende Entstehungsmöglichkeiten für Ohrgeräusche:

  • Spannungszustände im Bereich des Kiefergelenkes, der Wange, des Halses und der Nackenmuskulatur.
  • Schmerzhafte Knotenbildungen am Hinterkopf im Bereich der Sehnenansätze der Hals- und Rückenmuskulatur.
  • Chronische Entzündungen im Bereich des Nasennebenhöhlen und des Nasenrachenraumes.
  • Chronische Reizung des 3. Trigeminusastes der selben Seite durch einen Zahnfleischsaum.

Nach einer sorgfältigen Anamnese und orientierenden Untersuchung des Patienten ergeben sich die ersten Anhaltspunkte für eine Causalität des beklagten Tinnitus. So weisen beispielsweise tiefe Brummtöne auf einen Zusammenhang mit dem Skelettsystem bzw. mit der Wirbelsäule hin. Hohe, absolut konstante Dauerpfeiftöne hingegen verweisen auf eine mögliche otoneurologische Ursache im Innenohr. Folgende Behandlungsvorschläge, z. T. mit deutlich sondierendem Charakter, bieten wir unseren Patienten:

Zu 1.) Anamnese (Krankengeschichte) und Beschwerdebild sind zumeist wenig ergiebig, da die Patienten keine weiteren Beschwerden wahrnehmen. Dennoch kann die Untersuchung Hinweise auf eine belastete Gesichts- und Kaumuskulatur mit Beteiligung des Kiefergelenkes ergeben. Wird dieser erste Verdacht auf eine funktionelle Störung im Kiefer- und Gesichtsbereich durch Angaben auf dem Patientenfragebogen (s. jameda Artikel Experten-Ratgeber Ist das Kiefergelenk die Schmerzursache? , letzter Absatz) bestätigt, ist ein Behandlungsversuch mit dem Monoblock (s. jameda Artikel Experten-Ratgeber Hilft besser die Knirscherschiene oder der Monoblock?, Abs. 4) begründet.

Zu 2.) Nur wenn am Hinterkopf hoch schmerzhafte Knoten auf der Seite des Ohrgeräusches zu finden sind, wenn diese beim Abtasten zum Ohr ausstrahlen und wenn der Patient einer Gelotripsie (s. jameda Blog-Artikel v. 27.Dez.09, Abs.4) zum Test zustimmt, läßt sich herausfinden, ob diese Behandlung gegen die beklagten Ohrgeräusche erfolgversprechend ist.

Zu 3.) Zur Voruntersuchung bei Ohrgeräuschen gehört auch eine Röntgenübersichtsaufnahme von den Nasennebenhöhlen (kein CT!). Nicht selten ergeben sich bei der Anamnese bereits erste Hinweise auf eine Beteiligung der Kieferhöhlen. In beiden Fällen, auch unabhängig voneinander, wenn nur der leiseste Verdacht auf eine chronische Entzündung der Kieferhöhlenschleimhaut besteht, sollte eine Sondierungsbehandlung vorgenommen werden. Dabei ist es vorerst nicht von Bedeutung, ob die Entzündung auf einen Zahn zurückzuführen ist oder nicht. Entscheidend für den Vorschlag der Sondierung ist die Verbesserung der Belüftung der Kieferhöhle der selben Seite. Die operative Vorgehensweise ist eine seit vielen Jahrzehnten in der MKG-Chirurgie praktizierte Methode, die allerdings von den Kollegen der HNO-Heilkunde zunehmend weniger propagiert wird. Nach unserer Überzeugung ist aber nur erfolgversprechend, im unteren Nasengang ein sogenanntes Fenster zur Kieferhöhle anzulegen. Der Eingriff wird bei uns ausschließlich im Tiefschlaf durchgeführt (s. jameda Artikel Experten-Ratgeber Narkose oder Analgosedierung (Tiefschlaf) - eine Gegenüberstellung, Abs. 3+5), verläuft auch in den Tagen danach vollständig schmerz- und beschwerdefrei und hat schon sehr vielen Patienten von uns die beklagten Ohrgeräusche bereits in den ersten Tagen nach dem Eingriff genommen oder deutlich gemildert.

Zu 4.) Weder für den Patienten, noch für den Untersucher ohne Spezialkenntnisse sind Hinweise auf einen chronischen Reizzustand des dritten Trigeminusastes erkennbar (s. jameda Artikel Experten-Ratgeber Kann ein gesunder Zahn intensive Zahnschmerzen verursachen?, Abs. 3).

Voraussetzung für die Entstehung dieser Form von Ohrgeräuschen ist ein bezahnter Unterkiefer auf der selben Seite. Bei sehr sorgfältiger Untersuchung lassen sich Veränderungen am Zahnfleischsaum der Prämolaren (vordere Backenzähne) feststellen, die sich durch minimales Zahnfleischbluten und/oder einen sehr geringen Schmerz bei der Untersuchung offenbaren. Mit einer sondierenden Behandlung zur Auflösung und Beseitigung der chronischen Reizung am Zahnfleischsaum kann festgestellt werden, ob der Tinnitus daraufhin abklingt. Für diesen Fall können anschließend erfolgversprechende Therapievorschläge entwickelt werden (s. a. „Kann die chronisch entzündete Zahnfleischpapille einen Tinnitus aurium verursachen?“, Wehrmed. Mschr. 42, Heft 10(1998).

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