Artikel 02/02/2012

Blaulichttherapie bei Neurodermitis

Team jameda
Team jameda
blaulichttherapie

Während die Behandlung leichter und mittelschwerer Formen der Neurodermitis durch Basispflege in Kombination mit Kortisoncremes oder Kortison-Ersatzpräparaten heute gut möglich ist und in der Regel eine zufriedenstellende Krankheitsbeherrschung erlaubt, bestehen für die schweren Erkrankungsfälle weiterhin große Behandlungsdefizite. In letzter Zeit werden mit den Biologics, der spezifischen Immuntherapie und der Anti-IgE-Antikörper-Therapie verstärkt auch direkt die Immunantwort verändernde Behandlungsmöglichkeiten als therapeutische Option bei den schwersten Verläufen der Neurodermitis diskutiert, wobei alle diese Therapieverfahren derzeit keine Zulassung für die Indikation ‘Neurodermitis’ besitzen. Die systemische (Tabletten-) Behandlung der schweren Neurodermitis bereitet in vielen Fällen Probleme, da es häufig zu Nebenwirkungen kommt.

Eine seit vielen Jahren bekannte und wirksame Möglichkeit ist die Behandlung mit UV-Licht (UVB311, UVA1). Allerdings sollte UV Licht nicht langfristig angewendet werden, da die Gefahr eines erhöhten Hautkrebsrisikos besteht. Aus diesem Grund ist die UV-Therapie in der Regel auch für Kinder nicht geeignet.

Eine gut wirksame Lichttherapie mit gepulstem Blaulicht wird unter anderem bei Neurodermitis und bei Psoriasis angewendet. Der antientzündliche Wirkmechanismus dieser UV-Licht-freien Phototherapie ist neu und ähnelt der Allergieimpfung (Desensibilisierung), die mit Hilfe körpereigener Kräfte überschießende Reaktionen des Immunsystems reduzieren kann. Im Gegensatz zu allen anderen entzündungshemmenden Behandlungen wird das Immunsystem durch diese Lichttherapie nicht gehemmt, sondern angeregt. Die Anzahl der Immunzellen der Haut nimmt zu.

Nebenwirkungen, die mit einer Hemmung des Immunsystems in Verbindung gebracht werden, zum Beispiel Infektionen oder eine Erhöhung des Krebsrisikos, sind deshalb bei dieser Lichttherapie nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten. Aufgrund der hohen Intensität des Lichts muss jedoch eine Schutzbrille getragen werden. Bei Neugeborenen wird eine Phototherapie mit Blaulicht seit Jahrzehnten zur Behandlung der Gelbsucht, sogar bei Frühgeborenen mit extrem niedrigen Körpergewicht, durchgeführt. Das Verfahren gilt als sicher, Langzeituntersuchungen nach Blaulichttherapie bei Neugeborenen zeigen keine Nebenwirkungen.

Die Behandlung wird in Wochen-Zyklen, das heißt in täglichen etwa einstündigen Behandlungen über fünf Tage - jeweils zu Beginn eines akuten Schubes - durchgeführt. Die Häufigkeit der erforderlichen Behandlungen richtet sich nach der Dauer und Schwere der bestehenden Erkrankung.

Erfahrungsgemäß sprechen Kinder schneller und umfänglicher auf die Behandlung an. Gerade bei schwerkranken Säuglingen werden bereits nach zwei bis drei Behandlungszyklen deutliche Besserungen beobachtet und in vielen Fällen ist eine bis zu 90-prozentige Besserung erreichbar. Für Kleinkinder und Säuglinge, bei denen zum Beispiel eine UV-Lichttherapie wegen bestehender Krebsrisiken nur sehr eingeschränkt einsetzbar ist, stellt die beschriebene Lichttherapie eine aussichtsreiche therapeutische Alternative dar.

Bei den meisten erwachsenen Patienten kommt es nach drei bis sieben Zyklen zu einer nachhaltigen Besserung. Bei besonders schweren Fällen waren in Einzelfällen auch zehn und mehr Zyklen erforderlich.

Über Monate anhaltende Behandlungswirkungen der beschriebenen Lichttherapie wurden erstmals in einer Studie der Universitätshautklinik Düsseldorf beim atopischen Handekzem beschrieben. Die Behandlungswirkung hielt noch sechs Monate nach Behandlungsende an. In einer anderen Studie bei Patienten mit schwerem Berufsekzem, die vom Hautschutzzentrum Berlin durchgeführt wurde, kam es zu einer etwa 80-prozentige Besserung der Entzündung, die noch zwei bis acht Monate nach Behandlungsende anhielt.

In einer Studie der Universitätshautklinik Mainz bei erwachsenen Patienten mit schwerer Neurodermitis kam es nach ein bis drei Behandlungszyklen zu einer Ekzembesserung und Juckreizabnahme. Der Lebensqualitätsscore nahm während der gesamten Behandlung kontinuierlich zu. Vereinzelt kam es leichten Nebenwirkungen, zum Beispiel zu örtlichen Hautrötungen oder Juckreiz kurz nach der Behandlung. Der Verbrauch von Kortisonsalben nahm erheblich ab. Bemerkenswert ist der nach Abschluss der Behandlung beobachtete Zeitraum der anhaltenden Wirkung, der im Vergleich zu anderen Behandlungen deutlich verlängert ist.

Auch die oben beschriebene Lichtimpfung kann die Neurodermitis nicht heilen. Es kommt jedoch ähnlich wie bei einer erfolgreichen Allergiebehandlung in vielen Fällen zu einer Herabregulation der Entzündungsmechanismen der Neurodermitis. Hierdurch wird die Häufigkeit und die Schwere der Krankheitsschübe vermindert, sodass vielen Patienten wieder ein weitgehend normales Leben ermöglicht wurde.

Zur Bestätigung dieser vielversprechenden Beobachtungen und Studienergebnisse ist die Durchführung weiterer kontrollierter Studien erforderlich, die ab November 2011 nicht nur in der Universitätshautklinik Mainz, sondern auch in der Abteilung Dermatologie der Medizinischen Universität Wien durchgeführt werden. Ein Modellvorhaben bei Säuglingen und Kindern mit schwerer Neurodermitis befindet sich in Vorbereitung.

Die Kosten werden nur im Einzelfall von den Krankenkassen übernommen, nämlich dann, wenn die herkömmlichen Therapien zu wenig oder nur kurz Wirkung zeigen oder wegen einer Vorerkrankung (z.B. nach einer Krebsoperation) Gegenanzeigen gegen die üblichen Therapien bestehen. Nicht angewendet werden darf die Lichtimpfung zum Beispiel bei Lichtüberempfindlichkeit und während laufender Behandlungen wie einer Desensibilisierung. Vor einer möglichen Behandlung ist eine ärztliche Untersuchung und Beratung in einem der Behandlungszentren in Deutschland oder Österreich erforderlich.

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