Artikel 25/04/2010

Brustkrebs-Vorsorge - Interview mit Prof. Dr. Schulte-Uebbing

Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing Frauenarzt (Gynäkologe), Onkologe, Akupunkteur
Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing
Frauenarzt (Gynäkologe), Onkologe, Akupunkteur
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jameda spricht mir Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing, Frauenarzt mit der Spezialisierung Umweltmedizin, Endokrinologie, Onkologie und Immunologie.

Lieber Herr Prof. Schulte-Uebbing, wie gut ist die Brustkrebs-Vorsorge?

Leider gibt es bis heute noch keine technische Brustkrebs-Vorsorge-Methode, die hundertprozentig sicher ist. Auch die (Röntgen-) Mammographie nicht. Diese Methode hat zweifelsfrei einen wichtigen Stellenwert in der Brustkrebs-Früh-Erkennung. Sie ist leider nicht so gut, wie viele von uns Onkologen früher gehofft hatten. Das zeigen neuere Untersuchungen.

Was für Untersuchungen sind das?

Eine Übersicht über Ergebnisse von Studien und Auswertungen zur Nutzenbewertung der Reihenuntersuchung von Frauen wurde gerade im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht (Jg. 107, Heft 15, 16. April 2010, Seite 698-700). Beispielsweise kam ein vernichtendes Urteil aus Dänemark. Auch wird von erheblich gedämpften Erwartungen in den USA berichtet.

Warum kam es in Dänemark zu diesem vernichtenden Urteil?

In der Studie aus Kopenhagen wurde untersucht, ob durch die Mammographie-Reihenuntersuchung die Sterblichkeit durch Brustkrebs reduziert werden konnte. Leider zeigte sich: Die Sterblichkeit durch Brustkrebs (Zeitraum: 10 Jahre) ist bei den untersuchten dänischen Frauen mit Mammographie nicht niedriger als in den Gebieten ohne Mammographie.

Bei den 55- bis 74-jährigen Frauen rechnete sich ein jährlicher Rückgang der Brustkrebssterb­lichkeit von gerade mal 1 %. Bei den Kontrollen wurde eine verminderte Sterblichkeit von 2 % (!) errechnet. Bei den nicht untersuchten jüngeren Frauen sank die Brustkrebssterblichkeit stärker als in der Gruppe der mittels Mammographie untersuchten Frauen.

Das spricht ja nicht unbedingt für einen echten Nutzen der Mammographie-Reihenuntersuchung. Wie kann man erklären, dass bei den nicht untersuchten jüngeren Frauen die Brustkrebssterblichkeit stärker sank als in der Gruppe der mittels Mammographie untersuchten Frauen ?

Die Autoren vermuten andere Einflussfaktoren, wie z. B. verändere Risikofaktoren und/oder verbesserte Therapien als Grund für den Rückgang, nicht aber die Mammographie-Reihenuntersuchung. Bei den 50- bis 64-jährigen britischen Frauen war dieser Rückgang bereits VOR der Einführung des Untersuchungsprogramms nachzuweisen.

Es wird auch von einer sogenannten ‘Überdiagnose’ durch die Mammographie- Reihenuntersuchung gewarnt. Ist diese Warnung berechtigt?

Tatsächlich kommt es immer wieder zu ‘Überdiagnosen’. Diese haben zwangsläufig zur Folge, dass Patientinnen zu oft wieder einbestellt werden. Es können sich dadurch sogenannte falsch­ positive Befunden häufen: Ein Brustkrebs wird diagnostiziert, wo gar keiner ist.

Hängen diese ‘Überdiagnosen’ von der Art des Tumors ab und wie hoch ist der Prozentanteil?

Es sieht so aus, dass diese sog. ‘Überdiagnosen’ abhängig sind von der Art des Tumors. Der Prozentanteil ist schwer abzuschätzen, dürfe aber zwischen etwa 5 Prozent und bis zu 25 Prozent liegen.

Wirkt sich das auf die Anzahl der Brust-Operationen aus?

Als Folge davon steigt die Zahl der vorgenommenen Brustoperationen, auch  der Operationen mit Brustentfernung. Die Folgetherapien (Chemo-, Strahlen- und Hormontherapien) steigen ebenfalls.

Sind Sie nun für oder gegen die Mammographie?

Als Frauenarzt mit onkologischem und immunologischem Schwerpunkt bin ich nach wie vor für die Mammographie, wenn die Indikation stimmt und sie nicht überbewertet wird. Wir setzen zusätzlich strahlenfreie und schmerzfreie Methoden ein, die sich sehr gut bewährt haben: Die sogenannte Infrarot-Thermographie, das strahlenfreie 4-D-Brust-Ultraschall-CT sowie die sogenannte Ultraschall-Elastographie. Dadurch bieten wir unseren Patientinnen mehr Sicherheit bei der Brustkrebs-Vorsorge und –Nachsorge.

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Vielen Dank für das Interview.**

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