Artikel 11/09/2018

So erkennen Sie einen Leistenbruch

Team jameda
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Leistenbrüche sind sowohl beim Kind als auch beim Erwachsenen häufig. Lesen Sie hier, wie Sie einen Leistenbruch selbst erkennen können, welche Verwechslungsmöglichkeiten es gibt und zu welchen Arzt Sie gehen sollten.

Wie kann man einen Leistenbruch selbst erkennen?

Typisches Symptom eines Leistenbruchs ist eine Schwellung im Leistenbereich, die wie eine Beule aussieht und die Sie nach innen wegdrücken können. Beim Liegen verschwindet die Vorwölbung, wenn Sie darauf drücken. Sie schmerzt nicht.

Symptome, die zusätzlich auftreten können, sind Schmerzen oder ein Ziehen im Leistenbereich, die sich unter Belastung verschlechtern, zum Beispiel wenn Sie etwas heben. Typischerweise äußert sich ein Leistenbruch beim Heben schwerer Lasten, beim Niesen, Husten oder Pressen beim Stuhlgang, weil dabei die Bauchorgane auf den Leistenkanal drücken. Weitere Symptome sind Schmerzen im Genitalbereich, beim Wasserlassen, beim Stuhlgang und beim Geschlechtsverkehr.

In Deutschland erleiden jedes Jahr ungefähr 400.000 Menschen einen Leistenbruch, rund 80 Prozent sind Männer, 20 Prozent sind Frauen.

Bestimmte Erkrankungen erleichtern die Entwicklung eines Leistenbruchs, weil sie entweder eine Gewebeschwäche verursachen oder den Druck im Bauchraum erhöhen. Solche Erkrankungen sind zum Beispiel

  • Marfan-Syndrom, eine genetisch bedingte Bindegewebserkrankung
  • Diabetes mellitus
  • Asthma
  • chronische obstruktive Lungenerkrankung
  • Ausstülpungen der Darmwand.

Insbesondere Übergewicht begünstigt einen Leistenbruch. In der Schwangerschaft kann die Gewichtsbelastung durch das Baby zu einem Leistenbruch führen.

Treten plötzlich starke Schmerzen im Leistenbereich auf und lässt sich die Schwellung nicht mehr wegdrücken, hat sich der Bruch eingeklemmt. Weitere Symptome können Übelkeit und Erbrechen sein. Dann müssen Sie sofort zum Arzt, um Schlimmeres zu vermeiden. Der Teil des Darmes, der aus der Bauchhöhle durch die Leistenwandlücke herausragt, könnte nämlich stranguliert werden und absterben. Dabei ist auch ein Darmverschluss möglich. Das ist lebensgefährlich!

Wie erkennt der Arzt den Leistenbruch?

Ein Leistenbruch kann mit anderen Erkrankungen verwechselt werden, die der Arzt ausschließt. Dazu gehören vergrößerte Lymphknoten und Verletzungen der Leistenregion, die besonders bei Sportlern vorkommen, sowie ein Hodenhochstand oder Wasserbrüche. Ähnliche Symptome, die auf eine andere Erkrankung hindeuten, sind Schmerzen im Leistenbereich ohne Vorwölbung.

Beschwerden, die beim Liegen auftreten oder sich dabei verschlechtern, können oft ebenfalls auf eine andere Ursache zurückgeführt werden. Genauso wie Begleitsymptome wie Durchfall und Fieber.

Bei Verdacht auf einen Leistenbruch müssen Sie sofort den Hausarzt, einen Internisten oder gleich einen Chirurgen aufsuchen. Der Arzt erkennt den Leistenbruch während einer körperlichen Untersuchung und bestätigt die Diagnose mit dem Ultraschall und eventuell mit einer Magnetresonanztomographie. Er wird Ihnen raten, sich zum schnellstmöglichsten Zeitpunkt operieren zu lassen.

Nach einer Leistenbruch-OP kann ein Rezidiv nicht ausgeschlossen werden, das je nach OP-Methode bei bis zu 6 Prozent der Patienten auftritt. Allerdings ist Ihr persönliches Rezidiv-Risiko vor der OP ermittelbar. Dazu nutzen Ärzte den sogenannten HEAD-Score (Hernia of the Adult Disease Score), mit dem Alter, Geschlecht, Größe der Bruchlücke, Body-Mass-Index, Familienanamnese und Nikotinstatus mit einem speziellen Punktesystem bewertet werden. Bein einem HEAD-Score über 15 birgt das Implantieren eines Kunststoffnetzes ein niedrigeres Rezidiv-Risiko als bei anderen Verfahren.

Die Debatte um die OP – wer hat recht?

Deutsche Leitlinien empfehlen eine OP für jeden Leistenbruch, ob groß oder klein, mit oder ohne Symptome, um lebensbedrohlichen Komplikationen vorzubeugen. Diese Empfehlung ist jedoch umstritten.

18 Prozent der Menschen mit einem Leistenbruch haben überhaupt keine Beschwerden. Die Europäischen Leitlinien empfehlen das beobachtende Abwarten (,watchful waiting‘‘) bei beschwerdefreien Patienten. Begründet wird das mit den hohen Erfolgsquoten der Notfall-OP und mit den OP-Komplikationen. Man möchte aus einem symptomlosen Leistenbruchpatienten keinen chronischen Schmerzpatienten machen, der womöglich unter Taubheit leidet.

Experten teilen den Leistenbruch in drei Typen ein, um die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu überbrücken. Es gibt zwei Typen, die keine OP brauchen und einen Typ, der ein hohes Komplikationsrisiko birgt und deswegen auch ohne Symptome operiert werden soll. Diese Einteilung ist allerdings auch umstritten. Ihre Gegner behaupten, dass abwarten keinen Sinn ergibt, weil die Operation später aufwendiger wird. Der Bruch vergrößert sich und Verwachsungen entstehen, wobei parallel das Alter und die Gesundheitsprobleme des Betroffenen steigen.

Fazit

Ein Leistenbruch ist anhand von typischen Symptomen relativ einfach zu erkennen. Es gibt jedoch Erkrankungen mit ähnlichen Anzeichen, die der Arzt ohne Weiteres ausschließen kann. Ist die Diagnose gesichert, müssen Sie operiert werden. Bei Betroffenen ohne Symptome sind jedoch nicht alle Experten derselben Meinung.

Quellen

  • European Hernia Society Guidelines: Treatment of Inguinal Hernia in Adult Patients (Stand: 06/2009)
  • Miserez, M. et al.: The European hernia society groin hernia classification: simple and easy to remember, Hernia 2009 Aug; 13(4): 343-403
  • Gai, Helmar: Ultraschall von Leistenhernien. Morphologische Klassifikation für ein potenziell konservatives Vorgehen bei asymptomatischen Patienten. In: Ultraschall in Med 2010; 31: 258–63.
  • Schumpelick V, et al. Leistenhernien bei Erwachsenen und Kindern. Dt Ärztebl 1997; 94: A-3268–3276 [Heft 48]

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