Artikel 07/02/2017

Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas: Wenn Potenzprobleme organische Ursachen haben

Team jameda
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Potenzstörungen sind noch immer ein Tabuthema. Deswegen ist es schwer zu sagen, wie viele Männer darunter leiden, aber in Deutschland sollen es 4 bis 6 Millionen Männer sein. Bei der Hälfte der Betroffenen sind die Ursachen organisch, bei weiteren 20 % ist die Potenzstörung auf eine Kombination organischer und psychischer Ursachen zurückzuführen. Im Alter steigt zwar das Risiko einer Erektionsstörung, aber auch junge Männer haben damit zu kämpfen - meistens aus psychischen Gründen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen und -Risikofaktoren

Bluthochdruck, hohes Cholesterin, Diabetes, Adipositas und Rauchen führen zu Arteriosklerose. Blutfette lagern sich in der inneren Arterienwandschicht ab und die Arterien verengen sich, so dass der Blutfluss ins Stocken kommt.

Dieser Prozess kann jede Arterie des Körpers betreffen - von den Koronararterien des Herzens bis zu den Blutgefäßen des Penis. Leidet der Penis unter arteriosklerosebedingten Durchblutungsstörungen, kommt es zu Potenzstörungen.

Oft ist Impotenz ein erster Hinweis auf eine schwere Arteriosklerose. Das ist zwar in jungen Jahren selten der Fall, aber wenn junge Männer betroffen sind, haben sie oft ein deutlich erhöhtes Koronarherzkrankheitsrisiko.

Männer mit Potenzstörungen erleiden 80 Prozent häufiger einen Herzinfarkt als Männer ohne erektile Dysfunktion. Eine große Studie zeigte, dass sich Männer, die in ihren 40ern an Impotenz litten, mehr als doppelt so oft eine Koronarherzkrankheit zuzogen. Die Studienergebnisse unterstützten die Hypothese, wonach erektile Dysfunktion und Koronarherzkrankheit nur unterschiedliche Manifestationen derselben Grunderkrankung sind: der Arteriosklerose.

Deswegen ist es sehr wichtig, die Tabus zu überwinden und den Urologen so früh wie möglich aufzusuchen, damit die Ursache der Potenzstörung geklärt und richtig behandelt wird.

Schöpft der Urologe Verdacht auf Risikofaktoren oder Folgeerkrankungen der Arteriosklerose, überweist er Sie zum Kardiologen, der nach ausführlichen Untersuchungen einen Behandlungsplan für die primäre Erkrankung vorschlagen wird.

Im Allgemeinen ist es wichtig, den Bluthochdruck, den hohen Cholesterinspiegel und die Zuckerkrankheit in den Griff zu bekommen. Das gelingt mit gesunder Ernährung, Gewichtskontrolle, regelmäßiger körperlichen Aktivität und Medikamenten. Sind wichtige Arterien stark verengt, ist eine invasive Gefäßeröffnung sinnvoll.

Schlafapnoe-Syndrom

Das Schlafapnoe-Syndrom äußert sich mit Atemstillständen während des Schlafs, die zu eingeschränkter Sauerstoffversorgung und einem Anstieg des Kohlendioxidgehalts im Blut führen. Ein Drittel der Menschen mit Schlafapnoe hat Potenzstörungen und fast genauso viele Männer mit Potenzstörungen leiden unter Schlafapnoe.

Zur Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms stehen spezielle Masken zur Verfügung, die die Atmung während des Schlafes stabilisieren. Bei einem Drittel der Betroffenen verbessern sich die Potenzstörungen nach der Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms.

Kavernöse Insuffizienz

Ein venöses Leck, auch kavernöse Insuffizienz genannt, löst vor allen bei jüngeren Männern häufig Potenzstörungen aus. Dabei fließt das Blut zu schnell aus dem Schwellkörper ab, so dass die Gliedsteife kurz oder gar nicht zustande kommt. Der Arzt kann ein venöses Leck mit einer Ultraschalluntersuchung feststellen und minimalinvasiv behandeln.

Hormonstörungen

Die wichtigste Hormonstörung, die zu Potenzstörungen führt, ist ein niedriger Testosteronspiegel, der entweder wegen der Unterfunktion der Keimdrüsen oder altersbedingt auftritt. Ein niedriger Testosteronspiegel kann aber auch eine Komplikation bei Nierenversagen und Dialysebehandlungen sein.

Testosteronmangel äußert sich mit nachlassendem Verlangen nach Sex, keine Lust auf Sport, Müdigkeit, Leistungsabfall, Kraftlosigkeit, Erektionsschwäche und wachsendem Bauchumfang. Eine Hormonersatztherapie hebt den Testosteronspiegel wieder an und lindert oder heilt die Potenzstörungen.

Weitere Hormonstörungen wie zum Beispiel eine Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion oder eine Hyperprolaktinämie können ebenfalls Potenzstörungen verursachen.

In letzterem Fall handelt es sich um eine erhöhte Produktion von Prolaktin, das für das Wachstum der Brustdrüse während der Schwangerschaft und für die Milchproduktion während der Stillzeit verantwortlich ist und bei Männern normalerweise in kleinen Mengen vorkommt.

Operationen der Prostata, Krebs und Chemotherapie

Auch Operationen der Prostata können zu Erektionsstörungen führen. Die Art und der Umfang der Operation bestimmen das Impotenz-Risiko, das bei einer Teilentfernung der Prostata kleiner ist.

Wird die Prostata komplett entfernt, ist es manchmal nicht möglich, nervenschonend vorzugehen. Wenn die Nervenbahnen während des Verfahrens beschädigt werden, kommt es in der Regel zu Potenzstörungen. Ähnlich können diverse Operationen im kleinen Becken, wie zum Beispiel am Enddarm oder an der Harnblase, Erektionsprobleme hervorrufen.

Eine Krebserkrankung beeinträchtigt verschiedene körperliche und psychische Vorgänge, die kurz- oder langfristig Erektionsstörungen verursachen. Bei einer Chemotherapie werden Medikamente verabreicht, die die Zellteilung von Krebszellen verhindern, aber auch gesunde Zellen beeinflussen und deswegen viele Nebenwirkungen mit sich bringen – darunter auch Erektionsstörungen.

Auch nach der Chemotherapie können Erektionsstörungen auftreten. Den Patienten stehen mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung: Sie reichen von der medikamentösen Therapie über die lokale Anwendung potenzfördernder Mittel bis zu Operationen. Darüber hinaus gibt es Erektionspumpen, die einen Unterdruck erzeugen, der das Blut in die Schwellkörper strömen lässt.

Erkrankungen des Nervensystems und der Wirbelsäule

Erkrankungen des Nervensystems, wie zum Beispiel Multiple Sklerose, Schlaganfälle oder Parkinson, führen zu Potenzstörungen, weil die Nervensignalübermittlung zwischen Gehirn und Penis gestört ist. Auch in diesen Fällen gibt es Lösungen für die Erektionsprobleme. Das wichtigste Ziel der Behandlung jedoch ist die Linderung der Grunderkrankung.

Schäden der Wirbelsäule und des Rückenmarks, wie zum Beispiel bei einer Querschnittslähmung oder einem Bandscheibenvorfall, führen zu Störungen des Reflexes, der für die Erektion wichtig ist.

Medikamenten- und Alkoholmissbrauch

Der übermäßige Alkoholmissbrauch und die Einnahme zahlreicher Medikamente können zu Potenzstörungen führen. Zu den problematischen Arzneimitteln gehören Betablocker, die für die Behandlung des Bluthochdrucks eingesetzt werden, entwässernde Medikamente, Mittel für die Cholesterinsenkung oder gegen Depressionen.

Erkennen Sie den Teufelskreis der arteriosklerosebedingten Erektionsstörungen? Werden die Risikofaktoren oder Folgeerkrankungen nicht behandelt, lassen sich die Erektionsprobleme auch nicht erfolgreich lösen.

Zur Behandlung des Bluthochdrucks, des hohen Cholesterinspiegels und anderen Grunderkrankungen sind aber Medikamente einzunehmen, die ebenfalls die Potenz beeinträchtigen.

Meiden Sie diesen Teufelskreis lieber von Anfang an. Leben Sie gesund und beugen Sie vor, indem Sie nicht Rauchen, Alkohol vermeiden, sich regelmäßig bewegen, ausgewogen essen und Ihr Körpergewicht im Griff behalten. Darüber hinaus ist das Beckenbodentraining ein wertvoller Tipp zur Vorbeugung der Erektionsstörungen.

Psychische Erkrankungen

Die Aufzählung der organischen Ursachen einer Erektionsstörung ist unvollständig, ohne kurz die Psyche zu erwähnen, weil sie so eng mit den körperlichen Hintergründen verflochten sind, dass sich Experten weltweit mittlerweile einig sind, die einen von den anderen nicht mehr zu trennen.

Psychische Erkrankungen, wie Stress, Depressionen oder Persönlichkeitskonflikte, führen zu Potenzstörungen, weil das Gehirn sexuelle Reize normalerweise in Nervensignale umsetzt, die eine Erektion auslösen. Solche Reize sind zum Beispiel der Anblick einer begehrten Person, Berührungen, Worte oder Phantasien. Bei einer psychischen Erkrankung produziert das Gehirn die für die Erektion notwendigen Nervensignale nicht mehr.

Eine Studie hat gezeigt, dass vor allem Depressionen mit Potenzstörungen verbunden sind. Depression ist das stärkste aller Anzeichen, dass eine Potenzstörung vorliegt – noch vor Diabetes. Darüber hinaus leidet ein Viertel aller Männer mit Potenzstörungen unter Depression. Ein weiterer Teufelskreis, den es zu vermeiden gilt.

Psychosoziale Faktoren beeinflussen die Entstehung von Erektionsstörungen, die Lebensqualität und die Effektivität der Behandlung. Bei einem Teil der Potenzstörungen sind psychosoziale Faktoren als Ursache anzusehen, bei allen anderen bestimmen sie den Ablauf der Therapie.

Psychosoziale Faktoren, die Potenzstörungen verursachen:

  • Unmittelbar wirkende Faktoren: Versagensängste, Ablenkung, Partnerkonflikte
  • Faktoren aus der jüngeren Vergangenheit: Lebenskrisen
  • länger zurückliegende Faktoren: entwicklungsbedingte Verletzlichkeiten aus Kindheit und Jugend

Psycho- und Paartherapeuten stehen Ihnen bei psychisch bedingten Erektionsstörungen zur Seite und helfen Ihnen und gegebenenfalls Ihrer Partnerin, das Problem zu lösen. Dabei ist die Erhebung einer Sexualanamnese wichtig, die gezielt die psychosozialen Ursachen der Beschwerden erforscht.

Fazit

Bei Potenzstörungen greifen psychische und organische Ursachen meisten ineinander, was für einen ganzheitlichen, psychosomatischen Ansatz spricht. Studien haben die Komplexität und Vielfältigkeit der unterschiedlichsten Ursachen, die zu Potenzstörungen führen, wissenschaftlich belegt und zeigten, dass die Behandlungsansätze fachübergreifend sein müssen.

Die Behandlung einer Erektionsstörung richtet sich nach der Ursache. Oft gibt es mehr als eine Ursache, bevor die Symptome in Erscheinung treten. Aber es gibt mehrere Behandlungsmöglichkeiten und Hausmittel. Lassen Sie Ihren Arzt Ihre persönlichen Ursachen feststellen, damit Sie die beste Behandlung erhalten.

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