Leisten- und Nabelbruch: Was ist die beste Operationsmethode bei Hernien?

Wann sollte eine Hernie operiert werden, wann nicht? (© fotolia - Cara-Foto)

Die Beule in der Leiste ist der häufigste Bauchdeckenbruch und tritt überwiegend bei Männern auf. Leisten- und Nabelbrüche sind typische Lücken, also Schwachstellen in der Bauchdecke, durch die das Eingeweide hervorquillt. Beide Formen behandelt derselbe Spezialist, der Hernienchirurg. Doch welche Operationsmethode ist die beste?

Stellt eine Beule grundsätzlich eine Gefahr dar?

Immer wieder berichten Betroffene, dass jede Beule automatisch im Operationssaal endete. Diese Auffassung ist nach Ansicht der weltweiten Spezialisten, die sich jedes Jahr auf verschiedenen nationalen und internationalen Kongressen austauschen, nicht mehr zu vertreten. Eine kleine Beule erfordert noch keine Leistenbruchoperation. Dennoch entspricht es der allgemeingültigen Auffassung. Aber eine Leistenhernie ohne Beschwerden darf beobacht werden.

Falls es sich um einen großen Bruch handelt, muss sicherlich differenziert werden. Auch sollte ein individuelles Konzept in die Überlegungen einbezogen werden, wie der Bruch operiert wird.

Ist das wirklich so kompliziert?

Ziel eines jeden Eingriffes ist, die Bruchlücke mit einem Kunststoffnetz zu verschließen. Früher nahm der Chirurg einen Kunststofffaden für die Operation nach Shouldice. Der Kunststofffaden ist heute viel dünner und kann zu einem Netz verwoben werden, ein sogenanntes Mesh. Das Material ist gleich geblieben, weshalb die Sorge vor einem Fremdkörper per se unbegründet ist.

Die Netzverstärkung der Leistenhernie nach dem Verfahren von Lichtenstein ist die Therapie der Wahl, wenn der Leistenbruch erstmalig auftritt.

Wie werden Nabelbrüche behandelt?

Auch Nabelbrüche werden mit Netzen verschlossen. Der Eingriff ist in der Regel eine offene chirurgische Operation. Sie kann in örtlicher Betäubung, Halbkörperbetäubung oder auch in einer Vollnarkose durchgeführt werden. Der Eingriff dauert etwa dreißig Minuten. Nach einer zweistündigen Überwachung können Sie nach Hause gehen.

Außer einem Bluterguss oder einer Schwellung in der Leiste passiert üblicherweise nicht viel. Genäht wird bei dieser Technik so gut wie kaum, so dass eine Verletzung von Gefäßen, von Nerven oder von Lymphbahnen nahezu ausgeschlossen werden kann.

Das Netz wird wie eine Briefmarke auf ein Schlüsselloch geklebt. Nach zwei Wochen ist die Schonungszeit beendet. Nur selten kehrt der Bruch wieder.

Typisches Symptom eines Nabelbruchs ist eine Vorwölbung (© Henrie - fotolia)
Sogenannte individuelle Konzepte lassen vermuten, dass die minimalinvasiven Techniken erhebliche Vorteile bieten. Auch vermittelt man gerne den Eindruck, dass mit noch größeren Netzen noch bessere Ergebnisse erzielt werden. Woher diese Überzeugung kommt, ist auch aus den Studien nicht immer abzuleiten. Es wird auf jeden Fall noch mehr Netzmaterial an eine Stelle gebracht, die von außen nicht zugänglich ist.

"Minimalinvasiv" heißt, dass in einer besonderen Vollnarkose in die mit CO2 aufgepumpte Bauchhöhle Instrumente eingebracht werden. Die Lücke wird bei dieser Vorgehensweise mit großen Netzen, die an der Bauchdecke festgetackert oder geklebt werden, von hinten verschlossen.

Der weitere Verlauf ähnelt dann meist der herkömmlichen Operation, wie sie oben beschrieben wurde. Eine örtliche Betäubung oder Halbkörpernarkose scheiden als Möglichkeiten vollständig aus. Die Nachsorge sollte auf keinen Fall direkt im häuslichen Umfeld stattfinden. Durch den Eingriff kann es zu Verletzungen in der Bauchhöhle kommen, die zu Hause sehr schnell übersehen werden können und unangenehme Komplikationen darstellen.

Der Vorteil der minimalinvasiven Chirurgie wird eher bei Zweitbrüchen, sogenannten Rezidiven, oder im Besonderen bei Narbenbrüchen diskutiert. Zu erwähnen bleibt, dass ein Rezidiv nach einer laparoskopischen Hernienoperation offen operiert wird und nicht wieder minimalinvasiv.

Das klassische Verfahren der Shouldice-Operation ist nach Auffassung der Spezialisten nicht mehr zu wählen, da die Komplikations- und Rückfallrate sehr hoch ist.

Was ist also bei einer Beule in der Leiste zu tun?

Auch wenn noch keine Beule da ist und nur Schmerzen in der Leiste auftreten, sollte ein Spezialist aufgesucht werden. Der überprüft die Verdachtsdiagnose, sodass das weitere Vorgehen festgelegt werden kann. Therapie der ersten Wahl ist die ambulante, offene chirurgische Operation mit möglichst kurzem Aufenthalt in einer Klinik für den Eingriff und die Betreuung in der Aufwachstation. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass der Patient im Zweifelsfall zur Überwachung in der Klinik bleiben kann und nicht erst verlegt werden muss.

Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose, und ersetzt den Arztbesuch nicht. Er spiegelt die Meinung des Autors und nicht zwangsläufig die der jameda GmbH wider.

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Kommentare (10)

Alexander, 13.04.2022 - 09:34 Uhr

Hallo, Habe zu intensives Bauchmuskeltraining absolviert und der Bauchnabel wölbt sich unter Spannung leicht raus. Ich habe auch ein komisches ziehen um Unterleib. Schmerzen bei 2 von 10 aber seltsames Gefühl das nun seit einigen Tagen anhält. Ein Hausarzt hat es als kleinen Bruch diagnostiziert und mich zu einem Chirurgen weitergeleitet. Da ich gerne sportlich aktiv bin und Tennis spiele habe ich sorge. Möchte eine Op vermeiden, aber es scheint keine Altennativen zu geben. Was soll ich tun? Vielen Dank für die Anteilnahme. lg, Alex

Antwort von Dr. med. Jörg Fuchs, verfasst am 13.04.2022

Sehr geehrter Herr Alexander X., wenn der Aussage des Hausarztes Glauben geschenkt werden darf, und daran habe ich keinen Zweifel, dann wird der Nabelbruch nicht mehr von alleine oder durch Training verschwinden. Eine OP ist immer dann angezeigt, wenn der Bruch an Größe oder Beschwerden zunimmt. BG Dr. Fuchs - ab Mai 2022 in München

Fabrizio, 19.11.2018 - 20:06 Uhr

Guten Tag, wegen unklarer ziehenden Abdominalschmerzen (für mehr als 1 Jahr, etwa ähnl. wie ein Apendicitis, sie kamen und gehen) besuchte ich einen Vizeralchirurg (VC) A. VC A stellt nur durch Abtasten die Diagnose: Rechtzeitige Leistenbruch und Verdacht der Entstehung einer Hernie aus der linken Seite, er empfiehlt OP. Drei Tage später: VC B widersprach die Diagnose durch Abtasten und Sonographie, denn es gebe keine Hernie überhaupt, weder links noch rechts; rechts sei zwar nur etwas erweitert aber kein Bruch, sogar sagt er eine OP wäre in meinem Fall "kriminell". Eine Woche später VC C und D stellen durch Abtasten und Sonographie die Diagnose: Es gebe eine rechte weiche Leiste, kein Bruch, daher keine OP. Schließlich bestätigt einige Wochen später eine Urologe durch Abtasten und Sonographie, was VC B,C und D sagten. Nach einigen Wochen bis heute fühle ich glücklicherweise keine Schmerzen, nur ständiges ziehendes Gefühl auf der rechten Leiste bei Gehen und manchmal schmerzen aber auf der linken Leisten, etwa ähnlich wie eine Zerrung. Die Frage: Kann es sein dass VC A eher recht hatte? Kann das Abtasten der Sonographie überlegen sein? Danke für ihre Zeit.

Antwort von Dr. med. Jörg Fuchs, verfasst am 20.11.2018

Sehr geehrter Fabrizio, nach Ihren sehr aufschlußreichen Beschreibungen gehe ich davon aus, dass Sie keinen Leistenbruch, weder rechts noch links, haben, sondern eher ein Problem mit dem Rücken. Denn Rückenbeschwerden verursachen ausstrahlende Schmerzen in die Leisten. Dann wäre ein Physiotherapuet für Sie der richtige Ansprechpartner. Oder ein Ostheopath. Falls der Rücken vollkommen in Ordnung sein soll, vielleicht waren Sie ja auch bei einem Orthopäden, dann sollten Veränderungen im Bauchraum ausgeschlossen werden. Dies erfolgt durch ein MRT oder CT. Beste Grüße aus Köln Dr. Fuchs Gerne biete ich auch meine Videosprechstunde an. Finden Sie auf meinem jameda-Profil

Anna B. P., 16.07.2018 - 21:51 Uhr

Außer einem Druck beim Bücken im rechten Oberbauch habe ich keine Beschwerden. Habe jetzt ein Leistenbruch feststellen lassen, da habe ich aber keine Beschwerden, Eine OP wurde mir empfohlen mit Narkose. mfg

Antwort von Dr. med. Jörg Fuchs, verfasst am 18.07.2018

Sehr geehrte Anna B.P., die internationalen Leitlinien besagen, ein kleiner Bruch ohne Beschwerden darf beobachtet werden. Ist er größer als ein halber Tennisball oder haben Sie Beschwerden, gilt hier eine Empfehlung zur Operation. Welches Verfahren und welche Betäubung sinnvoll ist, muß der Arzt mit Ihnen zusammen entschheiden! Beste Grüße Dr.Fuchs

Ingrid K., 27.04.2018 - 18:58 Uhr

Hallo Herr Dr. Fuchs, bedingt durch 2 Schwangerschaften leide ich rechtsseitig an einen Leistenbruch. Der Chirurg ertastete eine minimalistische für Laien nicht erkennbare Beule. Ich stille voll und er meinte ich müsse für die OP abstillen. Muss das sein? Welches OP-Verfahren wäre da empfehlenswert dass ich auch mein Baby danach heben kann. Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar da ich sehr ratlos bin. Schöne Grüße

Antwort von Dr. med. Jörg Fuchs, verfasst am 30.04.2018

Sehr geehrte Frau Ingrif K., interessant wäre, ob Sie Beschwerden haben und wenn, welche? Ein kleiner Leistenbruch muß erst dann operiert werden, wenn er Beschwerden hervorruft. Kommen die Beschwerden vom Rücken oder den Muskeln, können Sie warten und den Bruch, falls er dann noch vorhanden ist, später operieren lassen. Therapie der ersten Wahl ist der offen-chirurgische Zugang mit Einlegen eines Netzes. BG aus Köln. Bei weiteren Fragen rufen Sie gerne in der Praxis an oder schreiben mir eine E-Mail unter info@gefaessmedizin-plus.de

Hannelore V., 20.04.2018 - 12:02 Uhr

Lt. MRT - Bericht besteht bei mir eine axiale Gleithernie mit rektokardial am Magenanteil - axial 7,1 x 4,5cm, 7,9cm craniocaudal messend. Ich habe mittlerweile große gesundheitl. Probleme, wie Übelkeit, Erbrechen und ständig Säuregeschmack. Kann das bei Ihnen in minimalinvasiver TEP-Technik operiert werden? Danke.MfG

Antwort von Dr. med. Jörg Fuchs, verfasst am 23.04.2018

Sehr geehrte Frau Hannelore V., es handelt sich bei Ihnen um eine "Hiatushernie" die in einer Klinik mit spezieller Erfahrung zu behandeln ist. Es handelt sich hier nicht um einen Leisten- oder Nabelbruch, der einfacher zu operieren ist. Wenden Sie sich bitte an das nächste Krankenhaus und dort an die chirurgische Abteilung. MfG Dr. Fuchs

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