Ihr Baby hat eine schmerzlose Schwellung im Leistenbereich, die manchmal verschwindet und beim Schreien wieder da ist? Das könnte ein Leistenbruch sein! Mag harmlos aussehen, kann aber gefährliche Komplikation mit sich bringen. Lesen Sie hier, was Sie tun müssen, wann Sie das Kind zum Arzt bringen sollten und wann der richtige Zeitpunkt zum Operieren gekommen ist.
Definition: Was ist ein Leistenbruch?
Bei einem Leistenbruch tritt Eingeweide aus der Bauchhöhle durch eine Lücke in der Wand des Leistenkanals aus. Die Leistenkanalwand besteht aus Muskeln, Sehnen und Bindegewebe, die normalerweise die Eingeweide stützen.
Bei Erwachsenen handelt es sich tatsächlich um einen ,,Bruch‘‘ der Bauchwand. Die kindliche Form ist dieser Bezeichnung eigentlich nicht gewachsen. Die Lücke existiert nämlich bei Embryos aus gutem Grund, schließt sich aber nicht immer rechtzeitig. Oder die Schließung ist nicht vollständig. Ein Leistenbruch kann ein- oder beidseitig auftreten.
Meistens Jungen betroffen
Ungefähr 1 bis 3 Prozent aller Kinder kommt mit einem Leistenbruch zur Welt. Bei Jungen ist ein Leistenbruch fünfmal häufiger als bei Mädchen. Hauptsächlich sind Kinder im 1. Lebensjahr betroffen, meistens Babys unter 6 Monaten.
Frühgeborene haben besonders häufig einen Leistenbruch, etwa 30 Prozent derjenigen, die weniger als ein Kilo bei der Geburt wiegen. Bei ihnen steht noch weniger Zeit zum Verschluss des Leistenkanals zur Verfügung. 60 Prozent der Leistenbrüche sind rechtsseitig und 10 bis 20 Prozent sind beidseitig.
Ursachen sind Fehlbildungen
Leistenbrüche sind bei Babys meistens angeboren und auf eine Fehlbildung der Leistenkanalwand zurückzuführen. Bestimmte Strukturen verschließen sich nicht richtig während der embryonalen Entwicklung, insbesondere bei Frühgeborenen. Eine weitere Ursache ist die Mukoviszidose, eine genetische Stoffwechselerkrankung.
Symptome: Beule an der Leiste
Erkennen kann man einen Leistenbruch durch die schmerzlose Schwellung an der Leiste des Kindes, die oft zufällig beim Wickeln entdeckt wird. Bei Jungen kann sich die Schwellung bis in den Hodensack erstrecken und bei Mädchen bis zu den Schamlippen. Schreit das Baby, ragt die Schwellung deutlich nach außen.
Wenn Sie sanft auf die Schwellung drücken, verschwindet sie im Bauch und kann eine Zeit lang unauffällig dort versteckt bleiben. Deswegen gilt: Wenn Sie eine Schwellung im Leistenbereich Ihres Babys entdecken, machen Sie lieber ein Bild, bevor Sie sie in den Bauch drücken. Sie müssen das Baby so schnell wie möglich zum Arzt bringen, damit die Diagnose sicher gestellt wird und keine weiteren Folgen auftreten.
Weitere Anzeichen wie Blähungen, Fieber oder Probleme mit dem Stuhlgang sind eher untypisch für einen kindlichen Leistenbruch.
Oft leiden betroffene Kinder unter starken Bauchschmerzen (© fotolia - chalabala)
Ein Leistenbruch kann sehr gefährlich werden, wenn sich die von der Bauchhöhle herausragenden Darmteile in der Leistenkanalwandlücke einklemmen. Die Durchblutung des eingeklemmten Darms wird dann stranguliert und das Gewebe stirbt ab. Eine lebensgefährliche Komplikation. Sie äußert sich mit heftigen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Beule an der Leiste lässt sich nicht mehr wegdrücken und muss sofort operiert werden.
Behandlung: OP ist notwendig!
Feststellen kann der Arzt einen Leistenbruch mit einer körperlichen und einer Ultraschall-Untersuchung. Er schlägt dann vor, wann das Kind operiert werden sollte. In der Regel so schnell wie möglich und spätestens in den nächsten 3 bis 6 Wochen. Bei Kindern ist die Gefahr der Einklemmung und des Darmverschlusses besonders hoch.
Nur bei Sonderfällen, wie bei sehr kleinen Frühgeborenen mit Atmungsschwierigkeiten, ist Abwarten angesagt. Operiert wird dann, wenn das Baby ein Gewicht von mindestens einem Kilogramm erreicht hat.
Alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt es nicht. Bruchbänder sind bei Kindern mittlerweile verboten. Sie schwächen die Bauchdecke und machen dadurch alles schlimmer. Sie helfen nicht, Komplikationen vorzubeugen, und können Hodenatrophie, erektile Dysfunktion und Unfruchtbarkeit verursachen. Die Heilung eines Leistenbruchs durch konservative Maßnahmen oder durch Homöopathie ist ebenfalls nicht möglich.
Babys und Kinder, die einer Leistenbruch-OP unterzogen werden, müssen für die OP nüchtern sein und bekommen eine Vollnarkose. Während der OP schiebt der Chirurg den herausragenden Teil des Darmes in die Bauchhöhle zurück und verschließt die Leistenwandlücke. Das kann entweder bei einer offenen OP oder mittels eines minimalinvasiven Verfahrens erfolgen.
Letzteres erfordert nur ein paar winzige Schnitte in die Bauchdecke, durch die Kamera und Operationsbesteck eingeführt werden. Ein Kunststoffnetz wird bei Kindern nicht implantiert, weil das Fremdmaterial nicht mitwächst. Die OP dauert ungefähr 20 bis 30 Minuten.
Die meisten Kinder müssen nach der OP nicht über Nacht im Krankenhaus bleiben. Vorausgesetzt, es geht ihnen in den ersten 6 Stunden nach der OP gut, die Eltern sind kooperativ und haben einen engen Kontakt zum Kinder- beziehungsweise Hausarzt. Am nächsten Tag sind die meisten Kinder wieder fit.
Einige jedoch können nicht ambulant behandelt werden, insbesondere im Alter von 3 bis 6 Monaten. Auch Frühgeborene oder Kinder, die gleichzeitig andere Erkrankungen haben, müssen ins Krankenhaus. Wie lange sie dort bleiben, bestimmt der Arzt. Meistens sind es 1 bis 2 Tage.
Die OP-Komplikationen wie Hodenatrophie und Hodenhochstand sind mit weniger als 1 Prozent selten. Der wichtigste Risikofaktor für eine Komplikation nach der OP ist die vorangegangene Einklemmung mit Darmverschluss. Rezidive sind mit weniger als 1 Prozent ebenfalls selten. Sie treten vor allem bei Frühgeborenen auf. Weitere mögliche Komplikationen sind Wundinfektionen, Wasserbruch, Verletzung der Harnblase und chronische Leistenschmerzen.
Fazit
Leistenbrüche sind bei Babys und Kindern häufig, insbesondere bei kleinen Frühgeborenen, die bei der Geburt weniger als ein Kilo wiegen. Sie sind fast immer angeboren und äußern sich mit einer Schwellung im Leistenbereich, die meistens zufällig beim Wickeln entdeckt wird. Die einzige Behandlungsmöglichkeit ist eine OP, die möglichst zeitnah stattfinden sollte, um lebensgefährliche Komplikationen zu vermeiden.
Quellen