Verletzungen (Einrisse) der sogenannten Rotatorenmanschette betreffen zumeist die Supraspinatussehne. Diese ist als oberer Anteil der Rotatorenmanschette besonders starken mechanischen Belastungen ausgesetzt. Akute Zug- und Scherbelastungen, z. B. im Rahmen schwerer Sturzereignisse können zu einem Abriss der Sehne vom Oberarmknochen führen. Wesentlich häufiger jedoch sind schrittweise Ablösungen der Supraspinatussehne durch chronische Überlastungen bei Arbeit und Freizeitsport. Dies ist besonders dann zu beobachten, wenn die individuelle Formgebung des Schultergelenkes anlagebedingt ungünstige Voraussetzungen mitbringt (Schulterdachsporn, Schulterdach-Enge) oder die Qualität des Sehnengewebes, z. B. durch Stoffwechselstörungen oder Medikamente beeinträchtigt ist.
Der Abriss der Sehne geschieht häufig unbemerkt, bisweilen wird das Rupturereignis als reißendes Gefühl in der Schulter wahrgenommen. Nach Abklingen der akuten Schmerzen verbleibt eine Kraftlosigkeit beim Anheben von Gegenständen und Überkopfarbeiten. Je nach Ausmaß der Ruptur kann sogar eine Unfähigkeit resultieren, den Arm gegen die Schwerkraft zu heben. Auch wenn es in vielen Fällen über Monate hinweg zu einer schrittweisen Besserung dieser Beschwerden kommt, wird die betroffene Schulter sich nie mehr vollständig erholen können. Die abgerissene Sehne kann selbst bei jungen Patienten nicht mehr am Knochen festheilen, da der permanente Muskelzug dies verhindert. Stattdessen kommt es im Laufe von Monaten und Jahren zu einem immer weiteren Fortschreiten der Rotatorenmanschettenruptur. Der Abriss greift dann auch auf die benachbarten Sehnen des Infraspinatus- und des Subscapularismuskels über. Am Ende dieses Prozesses kommt es in vielen Fällen zu einer Arthrose des Schultergelenks.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Abriss der Supraspinatussehne, sei es unfallbedingt oder durch Schädigung der Sehne aufgrund chronischer Einklemmungserscheinungen (Impingement), ein ernstes Problem für die betroffenen Patienten darstellt. Eine Selbstheilung ist nicht möglich. Der Körper besitzt zwar die Fähigkeit, das Fehlen dieser wichtigen Sehne teilweise auszugleichen, eine vollständige Wiederherstellung der Schulterfunktion ist jedoch auf konservativem Weg nicht mehr möglich.
Deshalb wird nach heutigem Erkenntnisstand in allen Fällen eine operative Reparatur (Wiederanheftung) der Sehne empfohlen, in denen das Sehnengewebe eine ausreichende Festigkeit besitzt und noch keine wesentlichen Arthrosezeichen (Verschleiß) am Schultergelenk vorliegen. Selbstverständlich gibt es auch Konstellationen, in denen von einer OP eher Abstand genommen wird. Dazu zählen schwere Allgemeinerkrankungen, hohes Patientenalter (die Grenze liegt nach meiner persönlichen Einschätzung etwa beim 80. Lebensjahr) und sonstige Umstände, die eine Operation mit nachfolgender, mehrwöchiger Ruhigstellung des Armes unmöglich machen.
Wichtig ist es, in Grenzfällen zu der für den Patienten optimalen Entscheidung zu gelangen. Einige Ärzte tendieren bei großen, veralteten Rupturen (Rissbildungen, die bereits über Jahre bestehen) und bereits vorliegenden Arthrosezeichen eher zur konservativen (nicht operativen) Vorgehensweise. Bei aktiven Patienten mit noch guten Aussichten auf eine erfolgreiche Reparatur der Sehne (Rotatorenmanschette) wird definitiv zur OP geraten, da hier über viele Jahre hinweg sehr gute Heilungsergebnisse und hochzufriedene Patienten beobachtet werden konnten.
In Grenzfällen ist grundsätzlich die Einholung einer Zweitmeinung hinsichtlich einer möglichen Schulteroperation empfehlenswert. Dies kann in der Sprechstunde eines Schulterexperten oder auf entsprechenden Portalen auch online im Internet (ärztliche Zweitmeinung im Falle einer Schulteroperation) erfolgen.
Die Wahl der Operationstechnik obliegt dem jeweiligen Operateur. Einige halten die arthroskopische (minimal-invasive) Technik für die, im Vergleich zur offenen Technik, schonendere und sorgfältigere Methode. Die Wahl der Technik hat eindeutig nichts mit der Größe des Abrisses zu tun, auch wenn große Rissbildungen gerne als Argument für eine offene Technik angeführt werden. Alle Rissgrößen können genauso gut, wenn nicht besser, mit der endoskopischen Technik versorgt werden. Prinzipiell lassen sich allerdings auch mit der offenen Technik in vielen Fällen gute Ergebnisse erzielen. Deshalb sollte ein Operateur, der die endoskopische Technik nicht, oder nur unvollkommen beherrscht, lieber auf die offene Technik zurückgreifen.
Der richtige Zeitpunkt für eine Operation ist grundsätzlich der frühestmögliche. Dennoch kann bei Rotatorenmanschettenverletzungen häufig auch einige Wochen bis Monate zugewartet werden, ohne die Chancen auf ein gutes Reparaturergebnis wesentlich zu verschlechtern. Deshalb leitet man nicht selten als Erstmaßnahme eine Behandlung mit Krankengymnastik ein, um Beweglichkeit und Kraft des Armes zu verbessern. Sobald der Patient den Operationstermin mit seinen privaten und beruflichen Anforderungen in Einklang gebracht hat, erfolgt dann zeitversetzt die arthroskopische Operation.
Eine korrekt eingeheilte Supraspinatussehne besitzt in der Regel wieder die Festigkeit einer gesunden Rotatorenmanschette. Durch den Eingriff wird dem Patienten somit eine dauerhafte, annähernd normale Belastbarkeit des behandelten Schultergelenks ermöglicht.
Sehr hilfreich, da dies genau meine Diagnose ist. Ich bin bald 69 Jahre alt und dachte, dass eine konservative Behandlung noch möglich sei, was bei einem Unfallereignis in der Wohnung wohl weitestgehend auszuschließen ist. Von der OP bis zur vollständigen Gesundung und uneigeschränkter Nutzung meines Armes, wird von einem ganzen Jahr mit erheblichen Einschränkungen gesprochen. Ich habe mich noch nicht für die OP entscheiden können. Hanns-Björg L.