Artikel 29/04/2017

Emotionalen Stress einfach wegklopfen: So funktioniert die Klopfakupressur

Team jameda
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Seit ca. 30 Jahren gibt es in der Psychotherapie und im Coaching neue Wege, die der Fachwelt mitunter etwas skurril erschienen und unnötigerweise zu Vorurteilen geführt haben. Gemeint sind die Verfahren der sogenannten Klopfakupressur: EFT, TFT, PEP, MET etc.

Ich möchte in diesem Artikel somit eine Lanze für diese hochwirksamen bifokalen Verfahren brechen und etwas zur Entmystifizierung beitragen.

Bifokal bedeutet, dass der Fokus sowohl auf das zu behandelnde Thema als auch auf einen körperlichen Reiz gelenkt wird.

Wie alles begann:  Marys Wasserphobie - Eine erstaunliche Heilungsgeschichte

Der amerikanische Psychologe Dr. Roger Callahan gilt als der Begründer der energetischen Psychologie. Aufgrund seiner eigenen traumatischen Kindheitserfahrungen machte er es sich zur Aufgabe, neue, effektive Wege zur Behandlung von Traumafolgen, Ängsten und psychosomatischen Beschwerden zu finden.

Als er 1985 in den USA eine Patientin namens Mary behandeln sollte, die an einer schweren Wasserphobie litt, war er allerdings am Ende seiner therapeutischen Möglichkeiten angelangt. Die Patientin konnte seit ihrer Kindheit große Wassermengen nicht angstfrei ansehen, selbst die Vorstellung, ein Bad zu nehmen, verursachte bei ihr schlimme Panikzustände.

Nach einer 18-monatigen Behandlung mit allen Methoden, die Callahan zur Verfügung standen, war ihre panische Angst vor Wasser immer noch unverändert. Einer Eingebung folgend, leitete er seine Patientin an, während der Behandlung einen wichtigen Meridianpunkt unter dem Auge zu beklopfen. Ihre Angst verschwand nach nur einer Behandlung sofort vollständig und dauerhaft.

Die Klopfakupressur brachte für die Patientin offensichtlich nach vorheriger Psychotherapie, die sicherlich zur Heilung grundlegend beitrug, die Initialzündung zur Beendigung ihrer Phobie.

Dr. Callahan nannte seine neue Methode TFT (‘Thought-Field-Therapie’). Gary Craig war einer seiner ersten Schüler und entwickelte die Methode EFT, die sich zusätzlich zur Selbstanwendung eignete. Vor ca. 10 Jahren stellte Rainer Franke seine leicht abgewandelte Form der Klopfakupressurmethode „MET“ im Fernsehen vor und sorgte damit erneut für Aufsehen.

Ablauf einer Klopfsitzung

Es gibt im Internet viele Anleitungen zur Klopftherapie in der Grundform und auch Abbildungen der entsprechenden Meridianpunkte. Dabei ist es aus meiner Sicht nicht wichtig, den Punkt ganz genau zu treffen, sondern das Areal, in dem er liegt. Aus der Akupunkturforschung wissen wir ja, dass Akupunktur selbst dann hilft, wenn die Punkte nicht getroffen werden.

Kurzanleitung der Grundform der Klopfakupressurmethode EFT am einfachen Beispiel von Stress:

1. Bewerten

Das Problem wird benannt und die Intensität des Stresses auf einer Skala von 0–10 bewertet.

2. Einstimmungssatz

Beispiel: „Auch, wenn ich diesen Stress mit XY habe, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich jetzt im Moment bin.“ Während dieser Satz dreimal laut ausgesprochen wird, klopft der Betroffene den sogenannte Handkantenpunkt sanft.

3. Klopfen der Meridianpunkte

Nun klopft der Patient die Endpunkte der Meridiane sanft, während er gleichzeitig einen Erinnerungssatz bei jedem Punkt erneut laut ausspricht. Beispiel: „Dieser Stress mit XY“ oder “Dieser Stress wegen XY und der Ärger, der damit verbunden ist …“ Jeder Punkt wird etwa acht Mal geklopft.

4. Neu bewerten

Zur Kontrolle wird die Stress-Intensität erneut auf der Skala von 0–10 bewertet. Der Stress ist jetzt meistens deutlich verringert. Hiervon ausgehend beginnt die nächste Klopfrunde.

5. Weitere Runden

Mit einem veränderten Einstimmungssatz wird wieder der Handkantenpunkt beklopft. Beispiel: „Auch wenn ich immer noch Stress mit XY habe, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich jetzt bin.“ oder „…ich bin ok, so wie ich bin“. Es folgt die nächste Klopfrunde mit dem Erinnerungssatz, wie in Punkt 3 beschrieben.

Nach jeder Klopfrunde ist der aktuelle Stress neu zu bewerten. Auch der Erinnerungssatz wird an den neuen Wert angepasst. Beispiel: „Mein verbleibender Stress mit …“ Daraufhin werden die Meridianpunkte erneut geklopft. Hat sich der Wert verändert, beginnt eine weitere Runde.

Das wird so lange wiederholt, bis der Wert auf der Skala bei 0 ist.

Der Betroffene arbeitet jeden bedeutsamen Aspekt des Themas und jede Emotion, die damit verbunden ist, durch. So kann zum Beispiel Ärger zu Traurigkeit werden. Die Traurigkeit kann mit einem anderen Thema in Verbindung stehen u.s.w. Man bearbeitet den Aspekt, der in diesem Moment hervortritt und dann den nächsten. Es ist in etwas so, als würde man eine Zwiebel abschälen.

Bei komplexen, hartnäckigen und belastenden Themen suchen Sie bitte unbedingt einen umfassend ausgebildeten Therapeuten auf.

Wirkt die „Klopfakupressur“ und wenn ja, warum?

Internationale Studien aus England, Amerika und Australien belegen mittlerweile die gute therapeutische Wirksamkeit der Klopftherapie im Vergleich zu herkömmlichen psychotherapeutischen Verfahren.

Ursächlich erklären lässt sich die Wirkungsweise der Klopftherapie bislang aber noch nicht eindeutig.

Chinesische Medizin

Die energetische Psychologie basiert auf der chinesischen Lehre der Meridiane und geht somit davon aus, dass einer emotionalen Belastung eine Blockade und Schwächung im Energiesystem vorausgeht.

Löst man diese Blockade durch ‘Beklopfen’ bestimmter Meridianpunkte - wie auch bei der Akupunktur, nur ohne Nadeln - in Verbindung mit einem therapeutischen Gespräch auf, verliert die emotionale Belastung ihre energetische Grundlage und Heilung kann stattfinden.

Allerdings ist die Existenz der Meridiane eine Annahme, die bislang nicht wissenschaftlich nachweisbar ist.

Neuro-hormonale Hypothese

Durch das Berühren der Haut werden stressreduzierende Hormone freigesetzt. Klopft man selbst, wird zudem das Glückshormon Dopamin freigesetzt. Eine neuere Studie erbringt zudem den Nachweis, dass mit der Methode EFT eine Reduktion des Stresshormons Kortisol bewirkt werden kann. EFT zeigt sich demnach in der Lage, die Kortisol?Spiegel wesentlich sta?rker zu senken als „Entspannung“ oder „Gespra?chstherapie“.

Zunahme des kortikalen Blutflusses

Studien belegen, dass die Stimulation der Fingerkuppen und der Gesichtshaut zu vermehrter Durchblutung der Großhirnrinde führt, was erklären könnte, warum die „Vernunft wieder an Bord kommt“, wenn man bei Ängsten klopft.

Selbstberuhigung durch Selbstberührung

Der Hirnforscher Martin Grunwald aus Leipzig hat in Studien festgestellt, dass Menschen durch Selbstberührung ihren Stress deutlich senken können.

Der Neuro-Biologische Ansatz

Emotionen, wie z.B. Ängste, manifestieren sich u.a.  im limbischen System. Durch körperliche Reize von außen findet im Gehirn eine gewollte Irritation statt. Die synaptischen Verknüpfungen der Gehirnzellen werden „verstört“, alte Muster werden gelöst und die Bildung neuer synaptischer Muster wird angeregt.

ACT (Akzeptanz- und Commitmenttherapie)

Die buddhistisch anmutende Grundhaltung in der neuen Methode innerhalb der Verhaltenstherapie ist das Erlernen der Akzeptanz und die Annahme des „scheinbar Unannehmbaren“. In der energetischen Psychologie geht es auch darum, sich selbst mit allem, was uns ausmacht, zunächst anzunehmen und im besten Fall sogar zu lieben. Dazu gehören auch unsere vermeintlichen Probleme.

Würden wir uns für unsere Probleme verachten, statt uns zu lieben, würde diese Haltung das Problem zusätzlich nähren. Zum Problem selbst käme also noch der Stress der Selbstverachtung hinzu. Nach der Annahme des Leides sind Veränderungen viel leichter zu erzielen.

Auch wenn wir noch nicht genau wissen, warum das „Klopfen“ wirkt, kommen immer mehr Therapeuten zu der Ansicht, dass durch die Konzentration auf ein emotionales Thema und auf einen körperlichen Reiz im Gehirn ein Selbstheilungsprogramm bzw. ein Such- und Verarbeitungsprozess in Gang gesetzt wird. Er ruft nachhaltig Veränderungen hervor und steigert die Möglichkeiten des therapeutischen Gesprächs wie ein Booster.

Das ist auch in der mittlerweile wissenschaftlich als Traumatherapie anerkannten Methode „EMDR“ (eye movement desensitization and reprocessing nach F. Shapiro) zu erkennen.

Chancen und Grenzen in der Anwendung

Die Klopftherapie lässt sich sowohl im therapeutischen Kontext als auch im Selbstcoaching anwenden. Sie wirkt besonders gut bei Stress, Ängsten, Phobien (z.B. Lampenfieber, Angst vor der Zahnarzt etc.), Traumafolgestörungen, negativen Selbstüberzeugungen, psychosomatischen Erkrankungen oder auch psychische Folgen körperlicher Erkrankungen.

Gary Craig, der Begründer der Methode „EFT“ sagt dazu: „Try it on erverything …“

Die benannten Verfahren sind aus meiner Sicht zweifellos sehr wirksam und effektiv. Zudem macht mit ihrer Hilfe die Arbeit an belastenden Themen oftmals sogar richtig Freude.

Im Internet ranken sich jedoch zum Teil auch spektakuläre Erfolgsgeschichten um die Klopftherapie, die zum einen Mut machen sollen, aber zum anderen auch zu hohe Erwartungen an die Methode, an den Klienten oder den Therapeuten wecken könnten. Es handelt sich also nicht um eine „Wundermethode“, denn so etwas gibt es leider nicht.

Wenn die Klopftherapie einmal nicht gut zu helfen scheint, sind zumeist innere Antreiber, wie z.B. starke Selbstabwertung, am Werke, die Veränderungen derzeit noch nicht zulassen und die dann zunächst das vorrangige Thema darstellen, an dem man „klopfen“ sollte. In jedem Fall empfiehlt sich erst der Besuch bei einem gut ausgebildeten Therapeuten. Danach können Sie zunehmend auch selbst mit der Klopfakupressur an ihren Anliegen arbeiten.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und Erfolg dabei!

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