Artikel 17/08/2018

Obstruktive Schlafapnoe nur durch Kiefer-Operation heilbar

Dr. Robert-Marie Frey Zahnarzt, Fachzahnarzt für Oralchirurgie
Dr. Robert-Marie Frey
Zahnarzt, Fachzahnarzt für Oralchirurgie
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Als international anerkannte und einzige kausale Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) gilt die Vorverlagerung beider Kiefer.

Im Rahmem einer sogenannten Osteotomie werden Ober- und Unterkiefer vorverlagert, sodass sich die pharyngealen Atemwege vergrößern. Dadurch werden der Zusammenfall des Mund- und Rachenraums und die schlafbezogenen Atmungsstörungen in den allermeisten Fällen deutlich reduziert.

Wann kommt die kausale Therapie der obstruktiven Schlafapnoe in Frage?

Das Operationsverfahren kommt insbesondere für folgende Betroffene infrage:

  • mittel- bis schwergradige obstruktive oder gemischte Schlafapnoe
  • angeborene Fehlbildungen (z.B. Pierre-Robin-Syndrom oder Crouzon-Syndrom)
  • anatomische Besonderheiten der oberen Atemwege, wie etwa ein zu kleiner oder ein zurückgelagerter Unterkiefer

Wie funktioniert die kausale operative Therapie?

Im Rahmen der Operation werden Ober- und Unterkiefer mittels Ultraschall-Osteotom von der Schädelbasis getrennt und horizontal mit einer Rotation weiter nach vorne positioniert. Die Operation selbst findet im Weisheitszahnbereich statt.

Der Einsatz eines Piezogeräts schont Nerven und Weichteile, da durch den Ultraschall nur knöcherne Strukturen getrennt werden können. Die Zeit nach dem Eingriff ist deshalb sehr schmerzarm. Da nur im Mundraum operiert wird, entstehen äußerlich auch keine sichtbaren Narben.

Die neu positionierten Kiefer werden anschließend mit Schrauben und Platten aus semiflexiblem Titan fixiert. Diese Vorpositionierung beider Kiefer lagert gleichzeitig auch die Zunge, den Gaumen und die Gaumenbögen vor. Dadurch werden die oberen Atemwege dauerhaft erweitert. Das beseitigt die lebensbedrohlichen nächtlichen Atemaussetzer und in fast allen Fällen auch das lästige Schnarchen.

Der Patient ist einen Tag nach dem Eingriff wieder mobil und kann die Klinik in der Regel eine Woche nach der OP wieder verlassen. Der Operationserfolg wird durch eine anschließende Schlaflaboruntersuchung bestätigt.

Welche Erfolge werden mit der kausalen Therapie erzielt?

Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2016 mit 627 Patienten zeigte, dass sich der Apnoe-Hypopnoe-Index um 86 % verbesserte. Die Anzahl der Atemaussetzer hat sich also verringert. Bei 43 % der Patienten wurde die Erkrankung sogar vollständig geheilt. Diese Ergebnisse waren in den Serien mit Langzeitdaten nach mehr als zwei Jahren noch stabil.

Noch bessere Ergebnisse werden erzielt, wenn die Kiefer nicht nur horizontal nach vorne, sondern auch mit einer Drehbewegung neu positioniert werden.

Bereits unmittelbar nach der Operation verschwindet das Schnarchen und der Geheilte erlebt aufgrund seiner deutlich verbesserten Atmung eine völlig neue Schlafqualität und -effektivität. Medizinische Hilfsmittel wie Überdruckbeatmungsmasken oder Protrusionsschienen braucht der Patient von jetzt an nicht mehr.

Durch die dauerhafte Atemwegserweiterung wird die Sauerstoffsättigung im Blut bis zu 100 % erhöht. Das wirkt sich insbesondere auf die Organe positiv aus, die besonders viel Sauerstoff verbrauchen, wie z.B. Gehirn und Herz. Somit wird auch eine deutlich höhere Lern- und Merkfähigkeit gefördert. Durch den erholsamen Schlaf profitiert der Patient tagsüber von einer deutlich besseren körperlichen wie auch geistigen Leistungsfähigkeit.

Bei fast allen behandleten Patienten konnte schon nach wenigen Wochen festgestellt werden, dass sich der Blutdruck normalisiert hat. Die allermeisten Patienten können nach der OP auf blutdrucksenkende Medikamenten sogar vollständig verzichten.

Die Ursachenbeseitigung der Schlafapnoe führt auch fast immer zu einem deutlichen Gewichtsverlust, da nach der Operation für ca. sechs Wochen zur Schonung der neu positionierten Kiefer nur flüssige und pürierte Kost eingenommen werden darf.
Als positiver Nebeneffekt wird mit der Operation ein besseres Aussehen erzielt, da der Eingriff meist eine Fehlpositionierung der Kiefer korrigiert. Die ästhetischen Auswirkungen der OP werden deshalb von mehr als 90 % der Patienten als positiv oder neutral eingestuft. Das Selbstwertgefühl steigt und die Körperhaltung verbessert sich. Die Folge ist wiederrum ein souveräneres Auftreten.

Auch Behandlung schwerer Schlafapnoe dank Rotation möglich

Bei der konventionellen bimaxillären Operation ohne Rotation wird der Kiefer rein horizontal nach vorne verlagert. Die maximal mögliche Vorbewegung der Kiefer ist auf ca. 10 mm beschränkt. Eine größere Vorverlagerung ist durch anatomische Einschränkungen im Bereich des Oberkiefers nicht möglich.

Bei schwergradiger OSA muss der Kiefer meist jedoch mehr als 10 mm nach vorne verlagert werden, um die Schlafapnoe dauerhaft zu heilen. Mit der konventionellen Methode können die Beschwerden häufig nur verbessert werden.

Beim bimaxillären Rotation Advancement wird der Ober- und Unterkieferkomplex gegen den Uhrzeigersinn gedreht und gleichzeitig nach vorne verlagert. Durch diese Methode kann der Kiefer um bis zu 25 mm nach vorne verschoben werden. Dadurch öffnen sich die oberen Atemwege viel weiter als bei der herkömmlichen OP-Methode.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Atemwege mit dieser Methode nicht nur in senkrechter, sondern auch in waagerechter Richtung massiv erweitert werden. Zudem wird auch der Nasen-Rachen-Raum zusätzlich vergrößert, was bei der konventionellen Operationsmethode nicht möglich ist. Die Kiefervorverlagerung mit Rotation ist somit insbesondere geeignet, um schwergradige Schlafapnoe dauerhaft zu heilen.

Fazit

Bei der obstruktiven Schlafapnoe werden die nächtlichen Atemaussetzer durch eine Verengung der oberen Atemwege verursacht. Die einzige Möglichkeit, die Ursachen zu beseitigen und Heilung zu erreichen, ist eine operative Therapie. Diese kausale Behandlung erweitert die oberen Atemwege dauerhaft, indem sie Ober- und Unterkiefer vorverlagert. Die Verengung der Atemwege wird somit beseitigt und der Patient für immer von seinen nächtlichen Atemaussetzern befreit.

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