Endoskopische Bandscheibenoperation mit Navigationssystem

Digitale Techniken ermöglichen präzise und schonende Behandlungen von der Planung bis zur OP. (© Oszwald)

Manchmal ist eine Bandscheibenoperation nicht mehr vermeidbar.

Was ermöglicht die neue Methode der computernavigierten Endoskopie der Wirbelsäule?

Das Verfahren der Endoskopie allgemein ist eigentlich gar nicht neu. In der Chirurgie trat die Endoskopie ihren Siegeszug zunächst im Bereich der Gelenkchirurgie an. Das Verfahren ist inzwischen sehr weit entwickelt: Es ist sicher und von höchster Qualität.

Die Endoskopie der Wirbelsäule war zuletzt die neueste Errungenschaft, welche aber nun mit der Computernavigation einen Quantensprung in der weiteren Entwicklung machen konnte. Hier kommt dem Patienten ein absolutes High-Tech-Verfahren zugute. Dabei geht es darum, so minimal invasiv, also schonend, wie möglich zu sein. Wir wissen, wie wichtig der Erhalt der umgebenden Gewebe wie Muskulatur, Bänder usw. ist.

Sie sind enorm wichtig, um die Beweglichkeit aufrechtzuhalten und postoperative Schmerzen zu vermeiden. All das gelingt mit der Endoskopie. Die Computernavigation ermöglicht nun eine zusätzliche Präzision des Eingriffs und vor allem eine dramatische Reduktion der Belastung durch Röntgenstrahlen.


Wie wird die Bandscheibe denn mit dem Endoskop operiert?

Das Entscheidende ist, dass Bandscheibengewebe auf eine Nervenstruktur drückt und das erhebliche Schmerzen, z. B. im Bein, auslöst. Das ausgetretene Bandscheibengewebe muss entfernt werden, um den Nerven zu befreien. In der Regel befindet sich diese Stelle im sog. Spinalkanal, also in der Wirbelsäule.

Bei der endoskopischen Methode wird die natürliche seitliche Öffnung als Zugang zum OP-Gebiet verwendet. Aus ihr tritt normalerweise eine Nervenwurzel aus. Nach der gezielten Planung in einem intraoperativen Röntgenbild – nun auch mit der Computernavigation – wird der Weg durch die Haut und die Muskulatur vorgegeben und mit einer feinen Nadel erreicht.

Dann wird das Muskelgewebe sanft mit kleinen Hülsen aufgedehnt, ohne es dabei zu verletzen. Unterhalb des Spinalnervens kommt man mit dem feinen endoskopischen Instrument vorbei und kann so schonend das Überschüssige und quälende Gewebe entfernen, ohne den Nerv zu berühren.

Unter direkter Sicht auf einem riesigen hochauflösenden 4K-Monitor hat der Operateur durchgehend die volle Kontrolle und kann den Eingriff so abschließen und das Ergebnis sofort kontrollieren. Nach der Entfernung der Instrumente verschließt sich die Muskulatur von selbst und es muss nur noch der kleine Hautschnitt von ca. 8 mm Länge vernäht werden. In der Regel ist die Narbe später nahezu unsichtbar.


Was genau kann man sich unter der Navigation im Bereich der Bandscheibenoperation vorstellen?

Die navigierte Endoskopie ist ein hochkomplexes, computergestütztes chirurgisches Verfahren mit einem extensiven Geräteeinsatz. Während der Operation in Narkose wird ein elektromagnetisches Feld über einen Feldgenerator erzeugt, das die Lokalisation der chirurgischen Instrumente ermöglicht.

Die Wirbelsäule des Patienten wird ebenfalls vom System registriert und über einen „Tracker“ verfolgt. Er wird mit zwei feinen Drähten unmerklich an einem Knochenvorsprung befestigt. Die Drähte sind so fein, dass keine Narben entstehen. Die Navigation ersetzt die allermeisten Röntgenbilder und der Operateur kann die gesamte Zeit das feine Endoskop auf dem Bildschirm virtuell sehen, wie in einem Live-Bild. Gerade das ist der entscheidende Vorteil.

Ohne zusätzliche Strahlenbelastung und bei höchster Präzision kann die Bandscheibe exakt nach Plan erreicht und behandelt werden.

Durch schonende Verfahren werden längere Krankenhausaufenthalte in den meisten Fällen überflüssig. (© Kurhan - iStock)


Was ist der Vorteil der navigierten Endoskopie zu einer offenen Operation der Bandscheibe?

Die offene Operation – oder auch mikrochirurgische Operation – wird mit einem Mikroskop durchgeführt, das über dem Patienten „schwebt“. Dazu muss der Muskel am Dornfortsatz abgelöst werden. Zumeist wird knöchernes Gewebe abgefräst, um in die Tiefe zu gelangen.

Das hinterlässt meist Narben, Verklebungen und Funktionseinschränkungen. Nach längerer Zeit können die Funktionsstörungen durch intensive Krankengymnastik und Training wieder kompensiert werden. Bei der navigierten Endoskopie wird der Muskel nur durch Aufdehnung verdrängt.

Nach dem Eingriff fällt er wieder in seine Ausgangsposition zurück. Oftmals kommt es noch nicht einmal zu einer Blutung. Mit dieser Methode konnte bereits erreicht werden, dass Patienten noch am Tag der Operation wieder nach Hause gehen können, sodass die Operation also ambulant möglich ist. Ein Krankenhaus-Aufenthalt ist dann gar nicht nötig.

Das ist besonders interessant für Menschen, die in ihrem Umfeld nicht entbehrlich sind, wie Selbstständige, leitende Angestellte und natürlich für Menschen, die Angehörige versorgen und wichtige Verpflichtungen haben. Besonders bedeutungsvoll ist, dass die meisten Patienten ihre Schmerzmittel direkt nach der Operation weitestgehend absetzen können.


Bei welchen weiteren Wirbelsäulenbeschwerden kann die computernavigierte Endoskopie helfen?

Das Verfahren kann bereits regelmäßig bei Patienten eingesetzt werden, die aufgrund von Verschleißerscheinungen, genannt Facetten-/ oder ISG-Syndrom, unter massiven Schmerzen der Wirbelsäule leiden. Hier konnten wirklich bahnbrechende Erfolge verzeichnet werden.

Die Patienten können von teilweise seit Jahren bestehenden Schmerzen und Einschränkungen befreit werden. Das Verfahren ist den herkömmlichen Methoden im Ausmaß der Schmerzsenkung sowie in der Nachhaltigkeit deutlich überlegen.

Des Weiteren kann die sog. Spinalkanalstenose, also die Verengung des Wirbelkanals, erfolgreich behandelt werden. Letzteres ist jedoch nicht ohne einen stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus möglich.


Kann auch ein Patient von der Methode der navigierten Endoskopie profitieren, der bereits voroperiert wurde?

Gerade wenn nach einer offenen Operation ein sogenanntes Rezidiv aufgetreten ist, d. h. es ist erneut Bandscheibengewebe ausgetreten. Dann ist die navigierte Endoskopie eine besonders geeignete Methode. Der Zugang ist ein anderer und Vernarbungen und Verklebungen spielen keine große Rolle mehr. Die Endoskopie ist dann oftmals sicherer und schonender.

Eine der wirkungsvollsten Anwendungen ist der Einsatz nach einer vorherigen „Versteifungsoperation“. Viele Patienten klagen nach der Implantation von Schrauben und Stäben in der Wirbelsäule über Schmerzen, die nicht mehr behandelt werden können.

Hier gibt es eine neue Hoffnung durch die navigierte Endoskopie. Ohne die ursprüngliche Operation wieder anzugehen, werden dabei Punkte der Schmerzentstehung lokalisiert und präzise ausgeschaltet.

Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose, und ersetzt den Arztbesuch nicht. Er spiegelt die Meinung des Autors und nicht zwangsläufig die der jameda GmbH wider.

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Kommentare (3)

Ulrich, 28.04.2022 - 11:46 Uhr

Sehr guter Artikel, der alles gut erklärt und verständlich macht, jetzt müsste man nur wissen welche Klinik in Berlin dieses Verfahren anwendet. bin wegen einer fünffachen bandscheibenprotrusion, foramenstenose, osteochondrose und stark ausstrahlende Schmerzen in Gesäß Bein und Fuß mit taubheitsgefühlen in der Neurochirurgie der Charité Berlin in der Diagnostik, demnächst einige Tage für neues MRT, PRT Spritze unter CT Bedingungen und Schmerzkonsil dort stationär für einige Tage in Behandlung. Ich hoffe und gehe mal davon aus dass es diese Möglichkeit dort auch gibt? Vielleicht kann jemand diese Frage beantworten ? Vielen Dank!

Siegfried T., 06.07.2020 - 06:18 Uhr

Ist das Verfahren auch für HSM-Träger geeignet, weil von einem elektromagnetischen Feld die Rede ist?

Antwort von Priv.-Doz. Dr. med. Markus Oszwald, verfasst am 07.07.2020

Vielen Dank für diese wichtige Frage! Das Verfahren ist für Schrittmacherträger nur unter bestimmten Voraussetzungen geeignet, da es sich beim Navigationssystem um ein starkes Magnetfeld handelt. Es gibt einige Systeme, die vom Hersteller explizit freigegeben werden, so auch für das MRT (Kernspin-Tomograph). Ist dies nicht der Fall, so ist die Navigation nicht möglich und es muss konventionell endoskopisch operiert werden.

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