Morbus Bechterew, auch Spondyloarthritis oder versteifende Spondylitis genannt, zählt ähnlich wie Rheuma zu den chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Die Bechterewsche Krankheit beginnt schleichend mit unspezifischen Rückenschmerzen im Lenden- und Gesäßbereich.
In der Frühphase erkennt der Spezialist im MRT Entzündungszeichen im Kreuzbein-Darmbein-Gelenk (Iliosakralgelenk). Über viele Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte, verspüren die Betroffenen ein Fortschreiten ihrer Beschwerden, oft in Form von Krankheitsschüben. Nach und nach bilden sich Knochenbrücken zwischen den einzelnen Wirbeln der Wirbelsäule. Sie wird außerdem zunehmend unbeweglicher ‒ man spricht von der sogenannten Bambuswirbelsäule.
Bei Bechterew-Patienten steht die nichtoperative Behandlung klar an erster Stelle.
Die individuelle Abstimmung der Therapiemethoden stellt besondere Anforderungen an den behandelnden Arzt. Denn natürlich möchte er die Schmerzen der Patienten lindern und ihre Mobilität möglichst lange erhalten.
Was ist Morbus Bechterew?
Morbus Bechterew ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem Gelenke und Knochen angreift und dort Entzündungen verursacht.
Als Ursache von Morbus Bechterew vermuten Fachleute eine genetische Komponente: Ein Eiweiß auf der Oberfläche von Körperzellen (HLA-B27) scheint für die Entgleisung der Immunabwehr verantwortlich zu sein. Auch bestimmte bakterielle Infektionen gelten als Auslöser der Erkrankung. Leider ist diese Krankheit noch immer nicht heilbar.
Beschwerden bei Morbus Bechterew
Bechterew-Patienten haben oft einen langen Leidensweg mit einer Vielzahl an Behandlungsversuchen hinter sich, da sich ihre Symptome ganz unterschiedlich ausprägen. Manchmal vermutet der Arzt auch eine Arthritis, einen Bandscheibenvorfall oder Muskelverspannungen hinter den folgenden Beschwerden eines Morbus Bechterew:
- tiefsitzende Rückenschmerzen, meist ab der zweiten Nachthälfte
- Morgensteifigkeit nach dem Aufstehen
- Rückenschmerzen im Lendenwirbel- und Gesäßbereich
- Schmerzen beim Husten oder Niesen
- nachlassende Schmerzen bei Bewegung
Bei manchen Betroffenen löst Morbus Bechterew auch Augenentzündungen oder entzündliche Darm- oder Herzerkrankungen aus. Gleichzeitig leiden die Patienten unter schmerzhaften Veränderungen an Sehnen und Muskeln, beispielsweise an Ferse (Achillessehne), Fußsohle, Unterarm oder Hand.
Eine gefürchtete Spätfolge der Wirbelsäulenversteifung ist die Ausbildung eines Buckels, der Betroffene in ihrem Alltag stark einschränkt.
Untersuchungen und Tests bei Morbus Bechterew
Das vielschichtige Krankheitsbild des Morbus Bechterew muss durch einen erfahrenen Orthopäden von einer Ischiasreizung oder einem Bandscheibenvorfall abgegrenzt werden. Nur so kann er zielgenau behandeln.
Verschiedene klinische Tests geben dem Arzt Auskunft darüber, wie beweglich die Wirbelsäule noch ist und ob die Iliosakralgelenke ebenfalls entzündlich verändert sind (Mennell-, Schober-, Ott-Test).
Im MRT und CT lassen sich zu einem frühen Zeitpunkt die Entzündungsherde nachweisen. Später kann der Arzt im Röntgenbild knöcherne Veränderungen erkennen. Zusätzlich sichert eine Blutuntersuchung der Entzündungsmarker die Diagnose Morbus Bechterew ab.
Behandlung des Morbus Bechterew
Selten ist bei Morbus Bechterew ein operativer Eingriff notwendig. Der behandelnde Orthopäde kombiniert eine an den Schweregrad der Erkrankung angepasste pharmakologische Therapie mit physikalischen Anwendungen und gezielten Bewegungsübungen.
Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) lindern die Schmerzen und drängen die Entzündungen im Körper zurück. In manchen Fällen ist sogar eine Dauereinnahme in Kombination mit Kortisonpräparaten sinnvoll. Spricht der Patient nicht auf die Schmerztherapie an, kann der Arzt auf Biologika zurückgreifen. Sie imitieren die Wirkung von Antikörpern gegen bestimmte Botenstoffe der Entzündung.
Der Schober-Test untersucht die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule. Die Markierung erfolgt in aufrechter Position. Danach beugt der Patient sich so weit wie möglich nach vorne. Der Schober-Test gilt als positiv, wenn sich der Abstand um weniger als 4 cm verlängert. (© Gelenk-Klinik)
Ergänzende Wärme- oder Kälteanwendungen sowie Elektrotherapie und manuelle Behandlungen helfen den Bechterew-Patienten dabei, Gelenkblockaden zu lösen und die Schmerzen zu verringern.
Die Physiotherapie bei Morbus Bechterew besteht aus verschiedenen Teilen und setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Therapeut voraus:
- Mobilisation der an Versteifungen angrenzende Gelenke
- Haltungsschulung, um Schonhaltungen zu verhindern
- Lösen von Muskelverspannungen und Verhärtungen des Bindegewebes
- manuelle, aktivierende Therapieformen
Bechterew-Patienten wird empfohlen, ihr Leben so aktiv wie möglich zu gestalten und regelmäßig physiotherapeutische Übungen in ihren Alltag einzubauen. So haben sie gute Aussichten, kleinere Entzündungsgeschehen zurückzudrängen und ihre Mobilität lange zu erhalten.