Artikel 14/05/2017

Wirbelsäulenverletzungen: Alles über Symptome, Ursachen und Therapie

Team jameda
Team jameda
wirbelsaeulenverletzungen-alles-ueber-symptome-ursachen-und-therapie

Wirbelsäulenverletzungen sind Folgen der Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr oder bei gefährlichen Sportarten, bei denen man sich den Rücken verdrehen kann. Meistens sind junge Menschen betroffen. Jeder fünfte muss mit Rückenmarkverletzungen rechnen, die zur Querschnittslähmung führen können. Lesen Sie hier, wie es möglich ist, die Gefahren einer Rückenmarkverletzung schon am Unfallort zu vermindern.

Wirbelsäulenverletzung: der Gipfel des Eisbergs

In Deutschland gibt es 10.000 bis 12.000 Wirbelsäulenverletzungen pro Jahr. Laut Statistik sind mehr als 50 Prozent der Betroffenen zwischen 15 und 30 Jahre jung. Der Anteil der Wirbelsäulenverletzungen beträgt ungefähr 3 Prozent aller Straßenverkehrs- und Sportverletzungen in unserem Land.

Eine Wirbelsäulenverletzung ist die mechanische Schädigung der knöchernen Wirbel, der stabilisierenden Bänder, der Bandscheiben und benachbarten Muskeln. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Eine Wirbelsäulenverletzung per se ist gut behandelbar, wenn das Rückenmark und die Nervenwurzeln unversehrt bleiben. Denn eine begleitende Rückenmarkverletzung kann zur Querschnittlähmung führen, die nicht heilbar ist. Die tritt zwar nur in 20 Prozent der Fälle auf, man kann es aber kurz nach dem Unfall nicht wissen.

Allerdings können Wirbelsäulen- und Rückenmarkschäden auch durch Infektionen, Tumoren, Blutungen oder Multiple Sklerose entstehen.

Ursachen: Sturz, Unfall, gefährliche Sportarten

Wirbelsäulenverletzungen werden von Unfällen mit starker Krafteinwirkung verursacht, meistens im Straßenverkehr oder bei risikoreichen Sportarten, wie zum Beispiel Klettern oder Paragliding. Dabei entstehen starke Überdehnungen oder Anspannungen, Stauchungen oder punktweise einwirkende Gewalt.

Die häufigsten Ursachen für Verletzungen der Halswirbelsäule sind:

  • Sturz durch Stolpern, insbesondere bei Osteoporose
  • Sturz aus großer Höhe
  • Kopfsprung in zu seichtes Wasser
  • Autounfälle bei hoher Geschwindigkeit

Bei Babys und Kindern mit Kopfverletzungen ist in 10 Prozent der Fälle auch die Halswirbelsäule betroffen. Die meisten Wirbelsäulenverletzungen in diesem Alter treten im Übergangsbereich zwischen Kopf und Hals auf. Das liegt daran, dass Babys und Kinder im Verhältnis zu ihrem Körper einen sehr großen Kopf haben, was dazu führt, dass bei Beschleunigung die Auslenkung des Kopfes erheblich stärker ist als beim Erwachsenen.

Die häufigsten Ursachen für Verletzungen der Lendenwirbelsäule sind:

  • Sturz aus großer Höhe oder durch Stolpern
  • Verkehrsunfälle

Die häufigsten Ursachen für Verletzungen der Brustwirbelsäule sind:

  • Motorradunfälle
  • Umstürzende Bäume

Die meisten Wirbelsäulenverletzungen sind Verdrehungen der Wirbelsäule mit Verletzung der Muskulatur oder der stabilisierenden Bänder ohne Schäden an Knochen und Rückenmark. Gibt es Wirbelbrüche, können sich Bruchstücke verschieben und das Rückenmark verletzen oder durchtrennen.

Formen der Wirbelbrüche:

  • Kompressionsfrakturen: Die Wirbel sind geborsten oder völlig platt gedrückt.
  • Luxationsfrakturen: Die Wirbel sind teilweise oder vollständig verrenkt und gleichzeitig gebrochen.

Ein Haarriss im Wirbel ist auch möglich, wobei es sich um einen Spaltbruch ohne eine vollständige Unterbrechung des Knochens handelt.

Auch wenn es keine Wirbelbrüche gibt, kann das Rückenmark erschüttert, geprellt oder gequetscht werden, was auch schwerwiegende Folgen haben kann.

Magerl-Klassifikation

Je nach Verletzungsmechanismus werden Wirbelsäulenverletzungen in 3 Formen eingeteilt:

  • Kompressionsverletzung: Verletzung vorderer Wirbelelemente durch Stauchung der Wirbelsäule
  • Distraktionsverletzung: Verletzung vorderer und hinterer Wirbelelement durch zu starke Beugung oder Überstreckung der Wirbelsäule
  • Torsionsverletzung: Verletzung vorderer und hinterer Wirbelelemente durch starke Verdrehung der Wirbelsäule, meistens zusammen mit einer Stauchung und Beugung oder Überstreckung

Symptome: Rückenschmerzen und Lähmungen

Eine Wirbelsäulenverletzung kann je nach Ausmaß zu unterschiedlichen Beschwerden führen. Typischerweise äußert sie sich mit plötzlichen Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen nach einem Unfall. Betroffene können sich je nach Verletzung entweder kaum bewegen oder aber die Schmerzen treten bei Belastung oder Verdrehung des Rückens auf. Bei Verletzungen der Halswirbelsäule klagen die Betroffenen teilweise auch über Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwitzen, Zittern und Schluckbeschwerden.

Wenn das Rückenmark verletzt ist, treten auch neurologische Beschwerden auf, wie Taubheit, Kribbeln oder Lähmungen der Arme oder Beine. Ist das Rückenmark durchtrennt, kommt es zudem zu Urin- und Stuhlinkontinenz.

Erste Hilfe: nicht bewegen!

Ist ein Wirbel verletzt und entstellt, kann es sein, dass das Rückenmark heil ist, bis der Betroffene eine falsche Bewegung macht. Deswegen ist es sehr wichtig, den Betroffenen nicht zu bewegen, bis die Sanitäter kommen. Sie kennen die richtige Lagerung und wissen, wie man den Verletzten ins Krankenhaus transportieren muss, ohne die Schäden zu verschlimmern.

Bei Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung müssen Herz- und Lungenfunktion, Blutungen und die Wirbelsäule direkt am Unfallort stabilisiert werden, bevor der Verletzte ins Krankenhaus gebracht wird. Die Halswirbelsäule wird sofort in einer starren Halskrawatte gesichert. Die verletzte Person darf auf keinen Fall sitzen oder aufstehen.

Zur Diagnosestellung untersucht ein Neurologe, ob es Sensibilitäts- oder Lähmungserscheinungen gibt. Im Krankenhaus folgen dann Röntgenaufnahmen und Computer- oder Magnetresonanztomographie-Untersuchungen.

Wann reichen Schmerzmittel aus?

Die Therapie richtet sich danach, ob es sich um einen stabilen oder einen instabilen Wirbelbruch handelt, bei dem Knochensplitter das Rückenmark zu verletzen drohen.

Eine instabile Wirbelsäulenverletzung kann man schon am Unfallort ausschließen, wenn keines der folgenden 5 Kriterien vorliegt:

  • die verletzte Person ist bewusstlos
  • es gibt Anzeichen für eine neurologische Störung
  • der Verletzte klagt über Rücken- oder Nackenschmerzen oder über eine Muskelverhärtung am Rücken
  • es gibt Anzeichen für Medikamenten-, Alkohol- oder Drogenmissbrauch
  • es gibt Knochenbrüche an Armen oder Beinen

Ein stabiler Bruch wird mit Bettruhe und schmerzlindernden Medikamenten behandelt. Bei Brust- und Lendenwirbelsäulenbrüchen darf der Patient sechs Wochen lang nicht sitzen. Danach folgt Krankengymnastik.

Ein instabiler Bruch wird operiert. Danach steht eine Reha an.

Operation und Reha

Operation

Wenn es Wirbelbrüche mit verschobenen Bruchkanten gibt, muss operiert werden, damit die Bruchstücke das Rückenmark nicht verletzten oder durchtrennen. Der Chirurg fixiert die Wirbel mit Schrauben, Nägeln, Drähten oder Metallplatten. Darüber hinaus entfernt er Blutergüsse und Wasseransammlungen aus dem Rückenmarkskanal, um die Nervenbahnen zu befreien.

Nach der OP werden abschwellende und entzündungshemmende Medikamente verabreicht und ein orthopädisches Korsett wird angebracht.

Rehabilitation

Die Rehabilitationsmaßnahmen beruhen hauptsächlich auf physiotherapeutischen, rückenschonenden Bewegungsabläufen. Zum Beispiel lagert der Physiotherapeut die Beine im 90-Grad-Winkel hoch, was die Rückenmuskulatur und die Wirbelsäule entlastet. Auch lockernde Massagen und Wärmebehandlungen sind hilfreiche Reha-Maßnahmen.

Die Homöopathie ist nicht als Alleintherapie bei einer schweren Rückenverletzung zu empfehlen. Bei Patienten mit chronischen Rückenverletzungen wirken physikalische Therapien besonders gut zusammen mit homöopathischen Mitteln, wie Leinöl, Glucosamin und Chondroitinsulfat.

Bei leichteren Rückenverletzungen ist eine homöopathische Behandlung nicht unbedingt notwendig. Manipulierung, Massage und die örtliche Anwendung von Arnika-Salbe sind oft ausreichend.

Bei Querschnittlähmungen können die Muskelspasmen homöopathisch gelindert, wiederholte Entzündungen verhütet und Schädigungen des Nervengewebes mit speziellen Mitteln, wie zum Beispiel Arnica oder Hypericum, begrenzt werden. Jedoch hilft die Homöopathie selten bei Patienten mit schon lange bestehenden Lähmungen, die Nervenfunktionen vollständig wiederherzustellen.

Konnte eine Querschnittlähmung nicht verhindert werden, ist die Schulung des Betroffenen sehr wichtig, der lernen muss, wie er am besten mit dem Rollstuhl umgeht und wie er das tägliche Leben mit einer Behinderung in den Griff bekommt. Oft ist eine psychologische Unterstützung nötig.

Forschung

Es wird viel geforscht, um die Nerven und deren Funktionen zu schützen oder zu regenerieren. So testen Wissenschaftler Nervenschutzmittel, die die Nervenentzündung und relevante Stoffwechselstörungen aufhalten sollen. Die neurologische Regeneration ist ein besonders spannendes wissenschaftliches Projekt, wobei Stammzellen in das geschädigte Rückenmark transplantiert werden, die sich in Nervenzellen entwickeln und die Nervenwege funktionstüchtig machen sollen.

Darüber hinaus werden ,Außenskelette‘‘ entwickelt, die Quergelähmte quasi wie eine Hose ,anziehen‘‘ und damit laufen sollen.

Fazit

Sie können einer Wirbelsäulenverletzung nicht vorbeugen, dennoch ist es möglich, das Risiko zu vermindern, indem Sie im Straßenverkehr, beim Sport und bei der Arbeit keine Risiken eingehen. Für Motorradfahrer gibt es spezielle Wirbelsäulenprotektoren. Autofahrer und -beifahrer sollten immer den Sicherheitsgurt tragen und prüfen, ob die Kopfstützen richtig eingestellt sind. Sollten Sie Zeuge eines Unfalls werden, nicht vergessen: Die goldene Regel für den Verletzen ist, ihn nicht zu bewegen, bis die Sanitäter da sind. Das ist lebenswichtig!

Links

Gesellschaft für Wirbelsäulenforschung
Deutsche Wirbelsäulengesellschaft
Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie
Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
Kuratorium Knochengesundheit
www.orthinform.de - Patienteninformationsportal des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie

Quellen

Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.

Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.


www.jameda.de © 2023 - Wunscharzt finden und Termin online buchen.

Diese Webseite verwendet Cookies.
Surfen Sie weiter, wenn Sie unserer Cookie-Richtlinie zustimmen.