Artikel 01/10/2019

Aktuelle Standards der Krampfadertherapie im Vergleich: Risiken & Vorteile

Dr. med. Jörg Fuchs Facharzt für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurg, Phlebologe
Dr. med. Jörg Fuchs
Facharzt für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurg, Phlebologe
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Auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie wurden unter anderem die aktuellen Standards in der Behandlung von Varizen, also Krampfadern, vorgestellt.

Wie wurden Krampfadern früher behandelt?

Historisch geht die Stripping-Operation, die den meisten bekannt ist, auf das Jahr 1907 zurück. Der amerikanische Chirurg William Babcock stellte in New York die Stripping-Operation als neues Verfahren zur Behandlung von Krampfadern vor. Zum damaligen Zeitpunkt handelte es sich um einen innovativen Ansatz.

Ob dieser Ansatz heute noch gerechtfertigt ist und ob es Alternativen hierzu gibt, soll im Weiteren besprochen werden. Der technologische Fortschritt hat mittlerweile Einzug in die Operationssäle gefunden und Krampfadern können heute wesentlich schonender behandelt werden.

Welche Verfahren kommen für die Behandlung von Krampfadern heute in Frage?

Nachdem eine Krampfadererkrankung diagnostiziert wurde, muss darüber nachgedacht werden, wie eine sichere und effektive Therapie für den jeweiligen Patienten aussieht. Die konservative Vorgehensweise mit Anwendung von Kompressionsstrümpfen wird sehr oft Patienten vorgeschlagen, die aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen ein Narkoserisiko aufweisen.

Bei den Therapieformen wird zwischen der Stripping-Operation und den endovenösen Therapien unterschieden. Die Operation ist ein chirurgischer Eingriff, der einer Narkose bedarf. In der Nachbehandlung müssen Kompressionsstrümpfe getragen werden. Bei den endovenösen Therapien muss zwischen thermischen und chemischen Verfahren unterschieden werden.

So funktionieren die thermischen Verfahren

Zu den thermischen Verfahren, also die Behandlung mit Hitzekathetern, werden die Radiowelle und der Laser gezählt. Es entstehen in der Krampfadervene Temperaturen um die 120°C. Auch hier muss auf eine Betäubung zurückgegriffen werden. Oft erhalten die Betroffenen eine Vollnarkose zusammen mit einer Regionalanästhesie. Letztere wird als Kühlflüssigkeit in das zu behandelnde Bein gespritzt.

Oftmals wird leider vergessen, die Patienten hierauf hinzuweisen und sie darüber aufzuklären, dass diese Narkose im Bein (sogenannte Tumeszenzlokalanästhesie) off-label-use ist. Das bedeutet, sie darf nicht regelhaft angewendet werden, da sie nicht zugelassen ist. Die Nachbehandlung bei den Laser- und Radiowellenbehandlungen erfolgt ebenfalls mit Kompressionsstrümpfen.

Anzumerken ist hierbei, dass manche Patienten diese Strümpfe nicht ohne weiteres selbstständig anziehen können, also auf Hilfe angewiesen sind.

Welche chemischen Verfahren gibt es?

Unter den chemischen Verfahren werden die Verödungstherapie (Sklerosierung) und der Verschluss der Krampfader mit dem Venenkleber verstanden. Die Sklerosierung bzw. Schaumsklerosierung ist ein sehr effektives und anerkanntes Verfahren zur Behandlung von Rezidivvarizen, also Krampfadern, die wiedergekommen sind. Dieses Verfahren kann auch öfter wiederholt werden. Die Ergebnisse in der Langzeitbetrachtung sind leider nicht ganz so gut wie bei den anderen Verfahren.

Der Venenkleber ist ein Akrylatkleber, der im Gegensatz zu allen genannten Verfahren eine interessante Alternative darstellt, da auf die Anwendung einer Narkose oder das Anziehen von Kompressionsstrümpfen verzichtet werden kann. Die Ergebnisse sind identisch zur Operation und den thermischen Verfahren.

Der Venenkleber kann als Primär- oder Rezidiveingriff bei nahezu allen Patienten eingesetzt werden. Risikofaktoren wie das Alter oder die individuellen Medikamente des Patienten sind kein Hinderungsgrund. Auch bei Allergikern werden keine Besonderheiten beschrieben. Ältere Patienten oder Patienten mit einem Handicap sind erleichtert, da nach der Verklebung keine Kompressionsstrümpfe angezogen werden müssen.

Kritiker haben in der Vergangenheit behauptet, dass der Venenkleber durch den Organismus nicht abgebaut wird im Körper verbleibt. Dies konnte eindeutig durch wissenschaftliche Studien widerlegt werden. Der Venenkleber wird vollständig ausgeschieden.

Welche Diagnostiken sind nötig?

Alle Vorgehensweisen, ob Stripping-Operation oder endovenöse Verfahren, wurden hinsichtlich einer relevanten Einschränkung von Mobilität und Alltagsfähigkeit betrachtet und verglichen. Auch die Rezidivraten und wirtschaftliche Kriterien waren bei diesen Vergleichsstudien von Bedeutung.

Hinsichtlich der präoperativen Diagnostik unterscheiden sich die einzelnen Verfahren nicht. Der Phlebologe untersucht mit dem Farbultraschall, der sogenannten Duplexsonographie, und plant den Eingriff.

Narkoseeingriffe erfordern durch den Anästhesisten weitere Untersuchungen, da Risiken abzuklären sind und die Patienten nüchtern zum Eingriff erscheinen müssen. Bei den thermischen Verfahren (Laser und Radiowelle) ist unter Umständen zusätzlich eine Vollnarkose erforderlich und die Patienten sind entsprechend vorzubereiten.

Die Risiken der Verfahren im direkten Vergleich

Die Qualität des Operateurs steht in direktem Zusammenhang mit den Resultaten der Eingriffe, insbesondere bei der chirurgischen Stripping-Operation. Bei sämtlichen thermischen Methoden müssen mögliche Nebenwirkungen wie postoperative Sensibilitätsstörungen und in Einzelfällen auch länger anhaltende Verfärbungen beachtet werden.

Bei der thermischen Behandlung der Wadenstammvene durch Laser oder Radiowelle und auch durch die hierbei erforderliche Tumeszenzlokalanästhesie besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko, der Nerven, die neben der Vene verlaufen. Läsionen führen zu Missempfindungen im Bereich der Fußsohle.

Für den Venenkleber wurde in Deutschland ein besonders zähflüssiger Klebstoff entwickelt, so dass eine sichere und genaue Verklebung möglich wird. Nach wenigen Sekunden ist die Krampfader sofort dauerhaft verschlossen. Hinsichtlich des Auftretens von Schmerzen und der Zeit der Arbeitsunfähigkeit schnitt der Venenkleber deutlich besser ab als Laser oder Radiowelle. Bislang ist kein Fall einer Nervenschädigung durch die Verklebung beschrieben worden.

Welches Verfahren bietet die meisten Vorteile?

In der Nachbehandlung ist der Venenkleber das einzige Verfahren ohne Kompressionstherapie. Denn die Krampfader ist sofort und ohne mechanische Schäden wie bei Stripping-Operation oder thermischen Schäden wie bei Laser oder Radiowelle verschlossen.

Unter Berücksichtigung aller Aspekte wie

  • Diagnostik
  • OP-Vorbereitung
  • Narkose
  • Nachbehandlung
  • Erholungszeit
  • Alltagsfähigkeit

scheint derzeit der Venenkleber viele Vorteile zu bieten.

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