Die Nasenkorrektur alleine oder in Kombination mit einer Scheidewandkorrektur ist eine der am häufigsten durchgeführten Operationen in der plastischen Gesichtschirurgie. Dabei sind sehr häufig Veränderungen an den knöchernen Strukturen des Nasenrückens und der Seitenwände erforderlich.
Üblicherweise werden hierbei verschiedene Meisel, Osteotome zur Knochenduchtrennung, Raspeln und Sägen benutzt. Um die Präzision zu verbessern und gleichzeitig Schäden am umgebenden Weichgewebe zu mindern, wurden diese Instrumente über die Jahre immer weiter verfeinert. Doch trotz aller Weiterentwicklungen und Verfeinerungen kann es unter Verwendung dieser klassischen, manuellen Instrumente zu Weichgewebe-Verletzungen und unkontrollierten Bruchlinien im Knochen kommen.
Daher wurden im vergangenen Jahrzehnt zunächst elektrisch betriebene Bohrer und Sägen mit guten Ergebnissen entwickelt und eingesetzt. Trotz aller Fortschritte gab es dennoch weiter Einschränkungen. Ein noch relativ junges Verfahren in der Nasenchirurgie für die Bearbeitung von Knochen stellt die Piezochirurgie, auch Ultraschall-Chirurgie genannt, dar.
Die Piezochirurgie ermöglicht eine besonders schonende Art der Knochenpräparation. Sie basiert auf der Technik der Ultraschallchirurgie. Das physikalische Prinzip, dass Quarze bei der Verwendung elektrischer Strömen in Schwingungen geraten, wird als piezoelektrischer Effekt bezeichnet.
Durch spezielle Übertragungsmechanismen wird die am Quarz erzeugte Schwingung in schwingende Bewegungen der Arbeitsspitze umgesetzt. Dabei basiert die Piezochirurgie auf einer wandelbaren, funktionellen Arbeitsfrequenz von 24 bis 29,5 kHz. Dieser Frequenzbereich erlaubt es, den Knochen gezielt zu präparieren. Gleichzeitig bleibt das schützende Weichgewebe verschont, da es erst bei einer Frequenz von etwa 50 kHz durchgetrennt werden kann.
Infolgedessen kann das Risiko, Knorpel, Schleimhäute, Blutgefäße oder Bindegewebe zu verletzen, deutlich gemindert werden. Durch die dreidimensionale Ultraschallschwingung ist ein sehr übersichtliches und substanzschonendes Arbeiten möglich. Das Instrument funktioniert mit Ultraschall und ermöglicht dem Rhinochirurgen, den Schnitt äußerst Präzise zu führen, ohne dabei zu viel Druck auf den Knochen aufzubauen.
Da die Schneidekraft des Piezoeffektes ausschließlich auf dem Knochen wirksam wird, ist das Verfahren für das umliegende Weichgewebe und die angrenzenden Blutgefäße äußerst schonend. Die entstehenden Frakturlinien sind sehr akkurat. Während des Eingriffs wird kontinuierlich mit Wasser gekühlt. Somit zeigt die Behandlung im Vergleich zu herkömmlichen Methoden auch in größeren Behandlungstiefen ihren Effekt.
Die Vorgehensweise ähnelt vom Grundsatz her den Methoden mit herkömmlichen Instrumenten. Sie ist immer davon abhängig, welche chirurgische Maßnahme eingesetzt werden soll. Zusätzlich zu der Untersuchung und Analyse vor der Operation muss der Eingriff gut geplant werden. Die Nase sollte vor einer Operation nicht nur angesehen, sondern auch zwischen Daumen und Zeigefinger des Chirurgen ertastet werden. So gewinnt der Operateur Informationen über Knochengröße, Form und mögliche Asymetrien.
Die moderne Nasenchirurgie verwendet für das innovative Verfahren der Ultraschallchirurgie das sogenannte Piezotom, das aus einem Handstück und verschiedenen austauschbaren Aufsätzen besteht. Je nach Befund und operativem Plan wird das Handstück mit den entsprechenden Arbeitsspitzen bestückt. Sie haben eine sehr feine, oft sogar diamantierte Schnittfläche.
Diese Arbeitsspitzen ermöglichen es, den Knochen präzise abzutragen und zu formen. Außerdem ist es möglich, eine Osteotomie durchzuführen und das Weichgewebe gut vom Knochen zu separieren, wodurch der höchstmögliche Erhalt an Knochensubstanz gewährleistet wird.
Um die knöchernen Strukturen der Nase mit einer Piezochiurgie bearbeiten zu können, müssen sie gut sichtbar dargestellt werden. Hierfür wird ein offener Zugang mit subperiostaler Anhebung des Haut-Weichteil-Mantels über die Seitenwände und den gesamten Nasenrücken hinweg empfohlen. Diese breite Darstellung ermöglicht alle knochenchirurgischen Maßnahmen gut veranschaulicht auszuführen. Dadurch können alle erforderlichen Osteotome, d.h. Instrumente zur Knochendurchtrennung, zuverlässig und symetrisch angelegt werden.
Die Entfernung eines Nasenhöckers ist der erste Schritt einer Reduktions-Rhinoplastik. Anatomisch besteht ein Nasenhöcker aus einer knöchernen Bedeckung des darunter liegenden knorpeligen Gewölbes. Zur Knochenentfernung kommt bei der Piezochirurgie eine diamantbesetze Arbeitsspitze zum Einsatz. So kann die knöcherne Bedeckung präzise und schrittweise abgetragen werden. Dabei bleiben die darunter liegenden Dreiecksknorpel und die Schleimhaut intakt.
Nachdem der knöcherne Höcker abgetragen wurde, müssen in aller Regel Osteotomien folgen, um die seitlichen Wände der knöchernen Nase zu mobilisieren und die Wände anzunähern. Die Annäherung erfolgt je nach der Stellung der Seitenwände mit einem horizontalen oder einem rotatorischen Vektor.
Hierzu sind üblicherweise drei Osteotomie-Typen erforderlich, die mit einer abgewinkelten Säge als Ansatzstück für das Piezotom durchgeführt werden. Die unter dem Knochen liegende Knochen- und Schleimhaut bleiben durch den „selektiven Cut“ des Piezotoms unverletzt. Zum einen ist dadurch das Risiko für eine verstärkte Blutung oder Hämatombildung vermindert, zum anderen erhöht es auch die Stabilität des knöchernen Nasengerüsts im Heilungsprozess. Alle Schritte können durch die breite Abhebung des Haut-Weichteilmantels unter guter visueller und unter palpatorischer Kontrolle bei zurückgeklapptem Weichteilmantel erfolgen.
Auch sogenannte „crisscross“-Osteotomien können mit der Piezochirurgie durchgeführt. So kann eine starke Wölbung der knöchernen Seitenwände sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Achse korrigiert werden.
Zum Abschluss kann das Piezotom auch zur Glättung scharfer Kanten oder Spitzen am Knochen genutzt werden. Im Gegensatz zu handgerührten Raspeln aller Art ist dieser Schritt auch bei bereits mobilisierten Knochen möglich, denn hierfür ist ein wesentlich höherer Anpressdruck erforderlich.
Wenn die die Veränderung am knöchernen Gewölbe der Nase nur eine kleine Veränderung erfordert, zum beispiel von wenigen Millimetern, so ist es mit der Piezochirurgie möglich, den Knochen durch schrittweises Abtragen so zu formen, dass keine Knochendurchtrennungen erforderlich sind. So kann es möglich sein, diskrete Nasenhöcker zu begradigen und dabei das knorpelige Gewebe darunter zu erhalten oder nur minimal umzuformen. Ebenso können Wölbungen in den knöchernen Wänden ohne Osteotomien beseitigt werden.
Durch lange Sägen können sehr präzise Schnitte am knöchernen Teil der Nasenscheidewand vorgenommen werden. Auch knöcherne Septumsporne können durch die Pietochirurgie abgetragen und Engstellen für die Nasenatmung behoben werden. Mit einem geeigneten Aufsatz kann auch ein kleines Loch durch die sogenannte „Spina nasalis anterior“ gebohrt werden, sodass eine verrenkte Scheidewand fest in der Mittellinie fixiert werden kann. Außerdem können knöcherne Septumdeviationen besser behandelt werden, weil der erforderliche Anpressdruck gering ist und so das Risiko für Instabilitäten oder Frakturen in diesem Bereich deutlich niedriger ist.
Die Piezochirurgie hat Vorteile gegenüber handgeführten oder elektrisch getriebenen Bohrern und Sägen. Sie bestehen in der selektiven Schnittführung und der damit verbundenen Schonung für die umliegenden Weichgewebsstrukturen. Dadurch wird der postoperative Wundschmerz deutlich reduziert und die Wundheilung beschleunigt. Das Resultat ist ein geringeres Wundinfektionsrisiko.
Weiterhin ist die Piezochirurgie mit ihrer Präzision durch den mikrometrischen Schnitt gekennzeichnet. Gerade auch der minimale Knochenverlust bei der Operation gewährleistet eine optimale Wundheilung. Durch die Ausführung äußerst präziser Schnitte wirkt sich die Piezochirurgie schonend auf die Knochensubstanz aus. Thermische Schäden wie eine Osseonekrose werden nicht beschrieben.
Durch das Zusammenspiel von Kühlmittelführung und den dreidimensionalen Ultraschall-schwingungen wird das Blut stets von der Arbeitsspitze weggespült. Auf diese Weise wird eine nahezu blutfreie Sicht während der Operation ermöglicht. Diese so genannte Kavitationswirkung der Ultraschallchirurgie ist ein Vorteil gegenüber oszillierenden Sägen, die den Blutfilm lediglich im Schnitt hin und her bewegen. Bei konventionellen oszillierenden Knochensägen muss mit einem gewissen Anpressdruck gearbeitet werden, um das Instrument zu führen. Wenn der Anpressdruck erhöht wird, steigt die Abtragsleistung im Knochen. Die Piezochirurgie leistet dagegen den effektivsten Hartgewebsabtrag bei mittlerem Anpressdruck und mittelschneller, kontinuierlicher Bewegung, was einer physiologischen Instrumentenführung sehr nahe kommt. Dadurch wird auch die Präzision erhöht.
Minimalinvasive Operationstechniken mit dem Ziel, prognostisch sicher und gewebsschonend zu operieren, spielen auch in der modernen Nasenchirurgie zunehmend eine große Rolle. Die Piezochirurgie, basierend auf der Ultraschallchirurgie, ist in diesem Bereich eine effiziente und sinnvolle Ergänzung zu den konventionellen handgeführten oder elektrisch betriebenen, rotierenden und sägenden Chirurgie-Instrumenten.
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