Das jameda-Interview: 9 Fragen an Dr. Johanna Leonhard

Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Dr. Johanna Leonhard interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Zahnärztin.

jameda: Frau Doktor Leonhard, was hat sie motiviert, Zahnärztin zu werden und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?

Frau Dr. Leonhard: Biochemische Vorgänge und Gesundheit haben mich schon immer interessiert. Auch andere Bereiche der Humanmedizin, wie Neurologie, finde ich spannend. Zahnmedizin kombiniert vieles. Zähne sind wie kleine Organe, sie haben eine eigene Blut- und Nervenversorgung.

Das ganze System ist hochkomplex vom Körper aufgebaut. Die Nerven der Zähne haben eine direkte Verbindung zum Gehirn, es handelt sich um Hirnnerven. Sie sehen also, wenn man es mal aus dieser Sicht betrachtet ist es also nicht nur ein Zahn. Es ist Teil eines sehr intelligenten Systems. Wenn dieses System aus dem Gleichgewicht gerät, gibt es Möglichkeiten, dies wieder herzustellen. Gerade diese taktile Arbeit macht mir besonders Spaß.

jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht ihn so besonders?

Frau Dr. Leonhard: Ich habe meinen Fortbildungsschwerpunkt besonders auf Prothetik gerichtet. Beim Ersatz fehlender Zähne muss viel bedacht werden und es bedarf einer guten Planung. Warum habe ich unterschiedliche Curricula gemacht? Um den Bogen zu spannen, denn man muss den Überblick behalten. Spezialisierung ist gut, aber man muss sich mit Alternativen auskennen und bei komplexeren Fällen auch den großen Überblick behalten.

jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?

Frau Dr. Leonhard: Ich denke, es gibt einige Vorbilder. Menschen aus unterschiedlichsten Fachbereichen, die besonders gut sind in dem, was sie tun. In der Zahnmedizin muss man einiges vereinen und Kompetenzen entwickeln, die sich nicht nur auf das Zahnmedizinische beschränken.

jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?

Frau Dr. Leonhard: Einige! Die Digitalisierung hat uns ganz andere Möglichkeiten gegeben und es macht Spaß, damit zu arbeiten. Ein Beispiel ist die digitale Abformung, das sofortige Konstruieren, Herstellen und Eingliedern in einer Sitzung. Das ist nicht komplett neu, aber die Systeme sind ausgereifter und wahnsinnig gut. Die dauerhafte Nutzung und Fortbildung in diesem Bereich ist natürlich unumgänglich.

jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?

Frau Dr. Leonhard: Ich würde sagen in ganzheitlicher Sicht. Ein großer Faktor ist Stress. Stress führt nachweislich zu körperlichen Veränderungen, die sich auch im zahnmedizinischen Bereich symptomatisch und klinisch zeigen.

Die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft und unseres modernen Lebensstils kann dies prospektiv ungünstig beeinflussen. Es fällt zunehmend negativ auf, dass sich gerade dadurch Krankheitsbilder entwickeln. Eine enge Vernetzung von Ärzten unterschiedlicher Fachbereiche ist grundlegend. Digitalisierung kann dies begünstigen und vereinfachen.

jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?

Frau Dr. Leonhard: Ich denke, die Tatsache, dass ich zuhöre und versuche, die Person und ihren Hintergrund zu verstehen. Ich ziehe nicht einfach mein Ding durch, sondern manchmal heißt Verstehen eben auch, von dem ursprünglichen Weg abzuweichen und Kompromisse zu finden.

Kompliziert gibt es nicht, sondern nur Herausforderungen, die man aber annehmen kann. Zusammen einen Weg finden, Dinge umzusetzen und möglich zu machen. Am Ende bin ich glücklich, wenn das Ergebnis gut ist, auch wenn der Weg deutlich anders ablief, als erwartet.

jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?

Frau Dr. Leonhard: Ich habe nur nette Patienten. Wahrscheinlich sagen das alle Behandler und das ist die Antwort, die erwartet wird. Natürlich muss man sich auf einander einstimmen, aber in der Regel passiert das durch gegenseitige Wertschätzung. Meine Patienten sind offen und lustig, nach einigen Sitzungen dann auch meist entspannt. Das ist natürlich toll.

jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?

Frau Dr. Leonhard: Tatsächlich hatte ich dies gleich zu Anfang in meiner Assistenzzeit. Ich unterhielt mich mit einem siebenjährigen Kind über Ernährung und dieses Gespräch werde ich nie vergessen. Es hat mich wahnsinnig traurig und nachdenklich gemacht. Das Gespräch verlief lustig und das Kind war wirklich neugierig, es wollte wissen, was es besser machen kann.

Das Traurige daran war, dass das Kind nicht die Grundlage dafür hatte. Das Angebot von Zuhause sowie das Wissen waren nicht vorhanden. Die Nahrungsmittel, die es mir aufzählte und bei jedem fragte, ob es denn gesund wäre, musste ich verneinen. Andere kannte es nicht oder hatte sie nicht zur Verfügung.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Frau Dr. Leonhard: Wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu kennen und/oder zu erkennen. Kleine Symptome nicht ignorieren, bewusster leben und reflektiert handeln. Die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft führt oft genau zum Gegenteil und die eigene Persönlichkeit kann natürlich noch dazu beitragen. Entschleunigung ist das Motto.

Es gibt ja bekanntlich Orte auf der Welt, an denen die Menschen älter werden, man könnte also sagen: auch gesünder sind oder leben, sogenannte „blue zones“. Eine deutliche Gemeinsamkeit haben diese Orte meiner Meinung nach. Es handelt sich um naturnahe und nachhaltige Ernährung. Nicht mal eben schnell den Schokoriegel und den Mocca Frappuccino im Auto.

Zur Person

Geboren 1987 und aufgewachsen in Hessen, hat mich die Zahnheilkunde, gerade auch bedingt durch den Beruf meines Vaters als Zahnarzt, sehr früh in meinem Leben interessiert. Das Studium der Zahnmedizin schloss ich 2012 an der Georg-August-Universität in Göttingen ab. Promoviert habe ich 2019 im Bereich der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie. Seit 2013 lebe ich in Berlin, habe zunächst in verschiedenen Praxen und Bezirken gearbeitet (auch in Brandenburg), bevor ich zuletzt fünf Jahre lang in Berlin-Mitte in einer sehr familiären Praxis angestellt war.

Zur Praxis

Praxisatmosphäre ist ein wichtiger Faktor. Dies haben wir bei den Renovierungen bedacht und die Räume unterschiedlich nach den Bedürfnissen unserer Patienten gestaltet. Für die Behandlung lege ich Wert auf medizinischen Fortschritt, d. h., ich arbeite unter anderem mit Mikroskop und digitalen Technologien.

Wichtig ist mir, dass Sie sich als Patient, egal welchen Alters, bei uns gut aufgehoben fühlen. Gerade Kinder benötigen besondere Aufmerksamkeit, die mein Team und ich gerne entgegenbringen.

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