Artikel 24/08/2016

Wurzelbehandlung beim Zahnarzt - nein danke! Gibt es eine Alternative?

Dr. med. dent. Magdalena Makuch Zahnarzt
Dr. med. dent. Magdalena Makuch
Zahnarzt
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Wie entstehen Zahnschmerzen?

Wenn ein Zahn plötzlich Beschwerden bereitet, dann kann das unterschiedliche Ursachen haben:

  • eine Karies (umgangssprachlich ein ‘Loch’)
  • eine undichte Füllung
  • ein freiliegender Zahnhals
  • Überbelastung eines Zahnes durch Knirschen oder Pressen
  • ‘Schleiftrauma’ nach einer Füllung oder Überkronung
  • usw.

Der entzündete Nerv

Anfangs tauchen die Beschwerden womöglich nur gelegentlich auf. Der gereizte Zahnnerv (Pulpa), der sich im Inneren des Zahnes befindet, reagiert zunächst mit einer vermehrten Durchblutung (Hyperämie). Der betreffende Zahn wird kälteempfindlich, reagiert schmerzhaft auf Süßes oder Saures und ruft das typische blitzartige ‘Ziehen’ hervor.

Wenn die Ursache nicht beseitigt wird, entzündet sich der Zahnnerv (Pulpitis). Dabei durchläuft die Entzündung zwei Stadien, die für die Therapie des Zahnes eine wesentliche Bedeutung haben:

    1. reversible, wässrige Entzündung (Pulpitis serosa)
    1. irreversible, eitrige Entzündung (Pulpitis purulenta)

Sobald das Entzündungsgeschehen in die eitrige Phase übergegangen ist, stirbt der Nerv letztlich ab. Die Entzündung schreitet bis zur Wurzelspitze des Zahnes fort - dieses Stadium kann man auf einem Röntgenbild diagnostizieren.

Um den Zahn zu erhalten und die Entstehung einer Knochenzyste, die chirurgisch entfernt werden müsste, zu verhindern, leitet man eine so genannte ‘Wurzelkanalbehandlung’ ein. Hierbei wird der entzündete Nerv entfernt, der Nervkanal desinfiziert und eine Wurzelfüllung bis an die Wurzelspitze im Zahn platziert. Viele Patienten fürchten sich vor einer derartigen Behandlung und es kommt nicht selten vor, dass eine Wurzelkanalbehandlung z.B. aufgrund von anatomischen Besonderheiten misslingt. Im Praxisalltag stellt sich häufig die Frage nach einer Alternative zur konventionellen Wurzelbehandlung.

Welche Alternativen zur Wurzelkanalbehandlung gibt es?

Die so genannte „Heilanästhesie“ oder auch „therapeutische Anästhesie“ kann - wenn sie rechtzeitig durchgeführt wird - den Vitalitätsverlust des Zahnes und somit eine Wurzelkanalbehandlung verhindern. Ihre Erfolgsquote liegt bei 75-90 %. Im Bereich der Humanmedizin wird diese Methode als ‘Neuraltherapie’ bezeichnet und in anderen Körperregionen vielfach von verschiedenen Fachärzten eingesetzt.

Was ist die Heilanästhesie?

Trotz Ihrer hohen Erfolgsquote zählt die Heilanästhesie zu den wissenschaftlich umstrittensten Methoden in der Zahnmedizin.

Zum einen liegt dies darin begründet, dass jeder Mensch einzigartig ist und sich damit auch anatomisch und biochemisch von anderen unterscheidet - eine Therapie schlägt nicht bei jedem Patienten gleichermaßen erfolgreich an. Zum anderen hat auch jeder Zahn eine individuelle Vorgeschichte und eine bestimmte Ausgangssituation - die oben genannten Beschwerdeursachen spielen eine wesentliche Rolle für die Prognose und den Erfolg einer Heilanästhesie.

Vor allem aber entscheidet der Zeitpunkt des Behandlungsbeginns über die Erfolgsquote der therapeutischen Anästhesie. Befindet sich der Zahn noch in der reversiblen, wässrigen Entzündungsphase, so ist diese alternative Heilmethode eine erfolgversprechende Option, um einer Wurzelkanalbehandlung vorzubeugen. Befindet sich der Zahn jedoch schon in der zweiten Entzündungsphase, so ist eine Heilanästhesie ausgeschlossen, da der Zahnnerv nicht mehr ausheilen kann.

Eine Wurzelkanalbehandlung ist dann unumgänglich. Die Übergänge zwischen Phase 1 und 2 sind fließend und oftmals trotz genauer Schmerzdiagnostik nicht genau bestimmbar - leitet man eine Heilanästhesie zu spät ein, kann der Nerv mit Hilfe dieser Methode nicht mehr vital erhalten werden.

Wie funktioniert die Heilanästhesie und wie wird sie durchgeführt?

Durch wiederholte oder andauernde Schmerzreize werden im Bereich des Zahnnervs bestimmte Botenstoffe (Neurpeptide) angereichert. Diese kurbeln die neurogene Entzündung an und führen letztlich dazu, dass der Nerv abstirbt. Die Heilanästhesie greift durch ihre schmerzausschaltende Wirkung in diese Entzündungskaskade ein und setzt die Konzentration der Neuropeptide herab. Dadurch wird der Übergang in die zweite, irreversible Entzündungsphase verhindert.

Um diesen Effekt zu erreichen, appliziert man die Heilanästhesie täglich (7-10 Tage lang) in den Bereich der Wurzelspitze des betroffenen Zahnes. Hierzu verwendet man spezielle Lokalanästhetika, die über einen längeren Zeitraum am Zahn einwirken.

Nur bei exakter Dosierung und konstanter Verabreichung über einen gewissen Zeitraum kann sich die neurogene Entzündung im Zahninneren zurückbilden. Natürlich muss auch der auslösende Faktor für die Beschwerden eliminiert werden (z.B. durch eine neue Füllung).

Nach erfolgreicher Therapie sollte sich der Zahnnerv wieder beruhigen und somit kann auf eine Wurzelkanalbehandlung verzichtet werden.

Fazit

Aufgrund der vielen Einflussfaktoren in Bezug auf die Erfolgsquote dieser alternativen Heilmethode ist die therapeutische Anästhesie genau abzuwägen und mit dem Patienten detailliert zu besprechen.

Die Heilanästhesie wird von den Krankenkassen bislang nicht übernommen - als reine Privatleistung kommt sie daher nur für Patienten in Frage, die in hohem Maß an der Vitalerhaltung ihres Zahnes interessiert sind und offen gegenüber alternativen Heilmethoden sind.

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