Artikel 16/03/2017

Das jameda-Interview: 10 Fragen an Herrn Dr. med. Marc Schargus

Team jameda
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Marc Schargus interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Augenarzt.

jameda: Herr Dr. Schargus, was hat Sie motiviert, Augenarzt zu werden?
Dr. Schargus: Die Mikrochirurgie hat mich schon im Studium fasziniert. Ein Kurs für Mikrochirurgie am Kantonsspital in Basel, an dem ich als Unterassistent in meinem Praktischen Jahr teilnehmen konnte, bestärkte diesen Wunsch. In der Augenheilkunde hat man die Möglichkeit, mit Hilfe der Mikrochirurgie unglaublich präzise Eingriffe im Submillimeterbereich durchzuführen.

jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dr. Schargus: Das Sehvermögen durch mikrochirurgische Eingriffe zu erhalten und zu verbessern, ist für mich eine besondere Herausforderung, der ich mich gerne jeden Tag aufs Neue stelle. In Augenklinken und Praxen müssen täglich viele Dutzend Patienten untersucht und behandelt werden, dies ist nicht nur für den Patienten anstrengend, sondern auch eine täglich neue Herausforderung für die Augenärzte. Wenn ich aber sehe, wie Patienten nach einer grauen Star- oder Netzhaut-Operation wieder klarsehen und Lesen können, entschädigt das für alle den Alltagsstress.

jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Schargus: Wir werden mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Ein Beispiel ist der Trugschluss, dass man alle Sehfehler mit einer Brille ausgleichen kann. Häufig denken das Patienten mit grauem oder grünem Star oder auch Patienten mit der Makuladegeneration. Leider kann in vielen Fällen jedoch nur eine Operation helfen, manchmal kann der Augenarzt aber auch trotz modernster Techniken keine Behandlung zur Verbesserung anbieten.

jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Dr. Schargus: Dieses Problem haben wir z.B. speziell bei der Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration. Hier sind häufig über viele Jahre regelmäßige Injektionen in das Auge mit häufigen Nachkontrollen notwendig. Die Injektionen sind nicht angenehm und wir haben mittlerweile Patienten, die bereits über 30 Injektionen über viele Jahre hinweg bekommen haben. Eine gute, manchmal auch schonungslose Aufklärung von Anfang an schafft klare Verhältnisse über den Therapieablauf sowie über erreichbare Ergebnisse zwischen Arzt und Patient. Nur so kann man Frustration und Unstimmigkeiten von Anfang an beseitigen. Aber der Erfolg der Therapie hängt nicht nur von der ärztlichen Behandlung ab, sondern auch von dem Durchhaltevermögen des Patienten – und das muss vom Arzt motiviert werden.

jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Schargus: Man kann niemanden dazu zwingen, sich behandeln zu lassen. Der Arzt ist der Motivator für die Behandlungstreue des Patienten. Gelegentlich werde ich von jungen Kollegen dazu gerufen, wenn Patienten sich nicht sicher sind, ob sie eine Behandlung durchführen lassen sollen oder nicht. Durch eine unverblümte und klare Aufklärung über Chancen und Risiken der Therapie von einem erfahrenen Augenarzt lassen sich diese Entscheidungen dann häufig einfacher im Konsens mit dem Patienten treffen.

jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Schargus: Da gibt es sehr viele Baustellen, aber die Augenheilkunde ist hier sicherlich nicht an vorderster Front zu finden. Dennoch gibt es auch bei uns viele Punkte, die verbessert werden können. Hierzu zählt zum Beispiel die allgemeine Früherkennungsuntersuchung für den grünen Star, die aktuell nicht von den Krankenkassen gezahlt wird. Auch viele sinnvolle Zusatzuntersuchungen wie die optische Kohärenztomographie (OCT) muss der Kassenpatient aus eigener Tasche zahlen. Die schnelle Rehabilitation und Förderung bei hochgradiger Sehbehinderung muss auch von administrativer Seite verbessert werden.

jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Schargus: In der Augenheilkunde bleiben uns leider nur wenige Minuten für die Untersuchung eines Patienten. Es ist eine große Kunst innerhalb kürzester Zeit die Probleme des Patienten zu erkennen, die Untersuchungsergebnisse auszuwerten, zu interpretieren und einen Behandlungsplan aufzustellen. Der Arzt muss dann für jeden Patienten intuitiv erkennen, wie er ihm diese Fakten verständlich vermitteln kann bzw. wie er erreicht, dass der Patient ein Krankheitsverständnis entwickelt und den Therapieplan akzeptiert und aktiv mit dem Arzt zusammen umsetzten will. Hier sieht man als Arzt - sowohl bei sich selbst als auch bei Kollegen - immer wieder Verbesserungspotential.

jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Dr. Schargus: Die Entwicklung der minimal-invasiven Netzhautchirurgie konnte ich in den letzten zehn Jahren aktiv mitverfolgen und ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie wenig traumatisierend heute die Netzhautchirurgie ist. Dieser Trend fängt jetzt auch bei der Glaukomchirurgie an - eine Entwicklung, bei der wir mit der Augenklinik Schweinfurt-Gerolzhofen aktiv dabei sind.

jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Dr. Schargus: Während meiner Zeit an verschiedenen Universitäts-Augenkliniken habe ich viele lustige aber auch traurige Momente zusammen mit Patienten und Kollegen erlebt.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Schargus: Man sollte niemals rücksichtslos mit seiner Gesundheit umgehen. Wir sehen viele Diabetiker, die schwere Probleme mit den Augen bekommen - doch dann ist das Kind meist schon in den Brunnen gefallen. Die Therapie ist sehr aufwändig und die Erfolge teilweise nur gering. Wenn man rechtzeitig aufpasst und regelmäßig zur augenärztlichen Kontrolle geht, können sich diese Patienten viel Ärger ersparen. Dasselbe gilt für viele andere Augenerkrankungen - eine frühzeitige Diagnose hilft oft, die Sehkraft zu erhalten. Wir empfehlen nicht ohne Grund augenärztliche Untersuchungen ab dem 40. Lebensjahr in regelmäßigen Abständen wahrzunehmen.

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