Artikel 11/12/2011

Körperliche Aktivität und Gesundheit

Dr. med. Ralf Bartels Internist, Kardiologe, Notfallmediziner
Dr. med. Ralf Bartels
Internist, Kardiologe, Notfallmediziner
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Die technischen Errungenschaften unserer Vorfahren haben vielen modernen Gesellschaften eine enorme Erleichterung bis in den Alltag hinein gebracht. Die Existenz wurde gesichert, die Fortbewegung erleichtert und so sind immer weniger körperliche Anstrengungen erforderlich.

Während unsere ‘genetische Ausstattung’ immer noch die eines Jägers und Sammlers ist, sind wir, was unseren physischen Lebensstil angeht, sesshaft geworden. Die Motorisierung betrifft alle Lebensbereiche: Die körperliche Arbeit, die Arbeitswege und die Fortbewegung zu Fuß. Bewegung ist nicht mehr Pflicht, sondern Kür. Dabei zeigen hier praktisch alle Untersuchungen, die den Zusammenhang zwischen einem körperlich aktiven Lebensstil und der Gesundheit erforschen, einen eindeutigen Zusammenhang. Im Folgenden möchte ich drei der interessantesten kürzlich erschienenen Studien zu diesem Thema kurz vorstellen.

Eine neue (im Dezember 2011 im Circulation publizierte) Langzeitstudie aus den USA zeigt den Einfluss von Körpergewicht und Fitness auf das Überleben. Körperlich fit zu sein ist danach ein hervorragendes Rezept, um dem vorzeitigen Tod ein Schnippchen zu schlagen. An der als ‘Aerobics Center Longitudinal Study’ bezeichneten Untersuchung nahmen gut 14.000 Männer im Durchschnittsalter von 44 Jahren teil. Sie wurden zweimal gründlich untersucht und mussten auf dem Laufband ihre körperliche Fitness unter Beweis stellen. Zwischen den Tests lagen durchschnittlich sechs Jahre. Elf Jahre nach der letzten Untersuchung zogen die Forscher einen Schlussstrich und ermittelten, wie sich Fitness und Gewicht ebenso wie deren Veränderung auf das Überleben der Teilnehmer auswirkten.
Die Männer, die sich gut auf dem Laufband schlugen, hatten die deutlich besseren Überlebenschancen. Wenn sie noch fitter wurden, erhöhte das ihre Chance erheblich, nicht einem Herzleiden, Schlaganfall oder einer anderen Todesursache zu erliegen. Verschlechterte sich auf der anderen Seite das körperliche Leistungsvermögen, stieg das Sterberisiko.

Eine andere Anfang des Jahres im Lancet publizierte Untersuchung um Chi-Pang Wen von den National Health Research Institutes in Zhunan wertete Daten von über 400.000 Taiwanesen aus. Die Probanden nahmen zwischen 1996 und 2008 an einem Gesundheitsvorsorgeprogramm eines privaten Unternehmens teil; im Durchschnitt hielten sie acht Jahre lang durch.
Die Probanden wurden anhand ihrer eigenen Angaben über ihre Freizeitaktivitäten je einer von fünf Gruppen zugeteilt: inaktiv oder geringe, durchschnittliche, hohe oder sehr hohe Aktivität. Bei der Einteilung flossen die Art beziehungsweise die Intensität in die Bewertung ein, aber auch die wöchentliche Dauer der privaten und betrieblichen Sportaktivitäten. Aus jährlichen ärztlichen Untersuchungen zogen die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Lebenserwartung der Probanden der verschiedenen Gruppen.
Das Ergebnis: Schon eine sportliche Tätigkeit von nur einer Viertelstunde pro Tag oder 90 Minuten pro Woche senke das Sterberisiko um 14 Prozent - und das unabhängig von Geschlecht, Alter, Nikotin- und Alkoholkonsum sowie vom Gesundheitszustand. Jede weitere Viertelstunde bringt zusätzlichen Gesundheitsgewinn. Wer mehr als 100 Minuten pro Tag Sport treibt, hat den Vorteil jedoch ausgeschöpft - sein Sterberisiko sinkt nicht weiter.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Sterblichkeit an Krebs, Herz-Kreislauf-Leiden (etwa Herzinfarkt und Schlaganfall) und an der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus bei den Sportlichen zurückging.

Für EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) wurden
20.244 Männer und Frauen zwischen 45 und 79 Jahren aus der britischen Stadt Norfolk, von denen keine Krebs– oder Herz-Kreislauf-Leiden bekannt waren, befragt und alle Todesfälle bis 2006 registriert.
Auf einem einfachen Fragebogen konnten die Probanden zwischen null und vier Punkte erzielen: Je einen für Nichtrauchen, Sport, moderaten Alkoholkonsum und fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag. Keinen Punkt in der Kategorie Bewegung bekam etwa, wer einen Bürojob hat und in seiner Freizeit keinen Sport treibt. Der Alkoholkonsum durfte nicht über zwei Gläsern Wein (oder einem halben Liter Bier) pro Tag liegen. Der Obst- und Gemüseanteil an der Ernährung wurde über den Vitamin-C-Spiegel im Blut bestimmt.
In durchschnittlich elf Jahren Nachbeobachtung hatten Probanden mit null Punkten eine viermal so hohe Sterbewahrscheinlichkeit wie Studienteilnehmer mit vier Punkten. Wer nicht raucht, etwas Sport treibt, nur mäßig Alkohol trinkt und täglich 5 Portionen Obst und Gemüse isst, lebte im Durchschnitt 14 Jahre länger als diejenigen, die all dies nicht taten.

Was folgt? Ein körperlich aktiver Lebensstil ist außerordentlich gesund. Fast jeder kann sofort damit beginnen. Die Hinwendung zu einer konsequenten, regelmäßigen, lebenslangen sportlichen Tätigkeit lohnt sich! Fangen Sie einfach an!

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