Artikel 15/11/2011

Rauchen und Mundgesundheit: Ergebnisse der aktuellen Studie

Dr. med. dent. Frank Jochum Zahnarzt
Dr. med. dent. Frank Jochum
Zahnarzt
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Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg und die Bundeszahnärztekammer haben 2010 eine Publikation mit den aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema ‘Rauchen und Mundgesundheit’ herausgegeben.

Dieser sind folgende für Patienten sehr wichtige Informationen zu entnehmen:

  • In Deutschland raucht etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung.

  • Besonders stark ist der Raucheranteil in der Gruppe der 21 bis 24-Jährigen.

  • Jeder dritte Raucher konsumiert mehr als eine Schachtel Zigaretten pro Tag, wobei Männer mehr rauchen als Frauen.

  • Die erste Zigarette wird durchschnittlich im Alter von 13 Jahren geraucht. Die Hälfte aller drei- bis vierzehnjährigen Kindern lebt in Deutschland in einem Haushalt mit mindestens einem Raucher.

Die Folgen des Rauchens versursachen eine extreme finanzielle Belastung der Volkswirtschaft und unseres Gesundheitswesens.

Nikotin

Tabak enthält Nikotin - dieses wirkt entspannend bei Nervosität und anregend bei Müdigkeit. Nikotin kann bereits nach wenigen Wochen gelegentlichen Konsums zu Abhängigkeit und Suchtverhalten führen.
Die Zigarette ist das Mittel zur Verabreichung des Nikotin. Um den Einstieg in das Zigarettenrauchen zu vereinfachen und ihre suchterzeugende Wirkung zu erhöhen, sind der Zigarette zahllose Zusatzstoffe beigefügt.

Die Zusatzstoffe einer Zigarette

  • haben einen schmerzlindernden und zum Teil kühlenden Effekt und

  • vermindern damit die abstoßende Schärfe des Tabakrauchs

  • erhöhen die Atemfrequenz und das Atemvolumen und sorgen damit für eine tiefere Inhalation und verstärkte Aufnahme von Nikotin

  • erhöhen über eine Veränderung des pH-Wertes die Menge an freiem Nikotin im Tabakrauch

  • sind zum Teil Aromastoffe, welche den abstoßenden Tabakgeschmack mildern

  • erweitern Bronchien und Blutgefäße und sorgen damit für eine optimale Nikotinaufnahme

Beim Rauchen einer Zigarette brennt der Tabak. Durch die hohe Temperatur entstehen aus den Zusatzstoffen weitere krebserregende und giftige Substanzen. Im inhalierten Tabakrauch sind über 4800 verschiedene Substanzen, von denen 90 krebserregend sind. Der Tabakrauch, der beim Passivrauchen eingeatmet wird, enthält die gleichen Substanzen und ist ebenso gesundheitsschädlich.

Rauchen verursacht lebensbedrohende und tödliche Krankheiten. Durch Tabakrauch werden verursacht:

  • Lungenkrebs

  • Mundhöhlenkrebs

  • Kehlkopfkrebs

  • Speiseröhrenkrebs

  • Magenkrebs

  • Bauchspeicheldrüsenkrebs

  • Harnleiterkrebs

  • Blasenkrebs

  • Nierenkrebs

  • Brustkrebs

  • Gebärmutterhalskrebs

  • Leukämie

  • chronisch obstruktive Lungenerkrankungen

  • Lungenentzündung

  • Bronchitis

  • Husten, Auswurf, pfeifende Atemgeräusche, Atemnot

  • Asthma

  • Arteriosklerose

  • Erkrankungen der Herzkranzgefäße (Herzinfarkt)

  • zerebrovaskuläre Erkrankungen (Schlaganfall)

  • Bauchaortenaneurisma

  • grauer Star

  • Diabetes

  • Osteoporose

  • Impotenz

  • Unfruchtbarkeit

  • Schwangerschaftskomplikationen mit Früh-, Fehl-, Todgeburten

  • plötzlicher Kindstod

  • geringes Geburtsgewicht

  • geringe Neugeborenengröße

  • kleiner Kopfumfang bei Neugeborenen

  • verminderes Längenwachstum von Neugeborenen

  • Geburtsdefekte

  • Mittelohrentzündungen bei Kindern

Zigarettenfilter haben keinen Einfluß auf die krebserregende Wirkung des Rauchens - Filterzigaretten sind genauso schädlich wie filterlose Zigaretten.

Mundschleimhaut

Die Mundhöhle ist von Mundschleimhaut ausgekleidet. Diese schützt vor Krankheitserregern und leitet den Verdauungsprozess aufgenommener Nahrung ein. Rauchen allein und in der Kombination mit Alkohol schädigt die Mundschleimhaut.

Es entstehen Gewebeveränderungen, welche sich zu Krebs weiterentwickeln können:

  • Leukoplakie: ein weißer Fleck, aus dem in bis zu 50 Prozent der Fälle Krebs entsteht

  • Erythroplakie: ein roter Fleck mit noch höherem Entartungspotential

  • submuköse Fibrose: Verhärtung des Weichgewebes

Ferner ändert das Rauchen die mikrobielle Besiedlung der Mundhöhle. Raucher haben mehr Hefepilze im Speichel, welche Entzündungen der Mundschleimhaut - insbesondere unter Zahnprothesen - fördern. Bei Rauchern treten häufiger schmerzhafte Eiteransammlungen neben den Gaumenmandeln auf (Peritonsillarabszesse).

Rauchen erhöht das Risiko für Speicheldrüsenkrebs. Und durch Rauchen entstehen außerdem Krebsvorstufen an den Lippen.

Parodontitis

Entzündliche Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis) führen über einen Abbau des Bindegewebes und des Knochens, der den Zahn im Kiefer befestigt, in fortgeschrittenem Stadium zum Zahnausfall. Die Schadstoffe im Tabakrauch schädigen beim Rauchvorgang selbst, aber auch danach durch den chronisch erhöhten Schadstofflevel im Körper des Rauchers.

Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass starke Raucher ein bis zu sechsmal höheres Risiko haben, an Parodontitis zu erkranken, als Nicht-Raucher. Für die Ausprägung der Erkrankung spielen neben der Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten, das Alter des Rauchers und die Anzahl der Raucherjahre eine entscheidende Rolle. Raucher zeigen in der Regel einen schwereren Verlauf von Parodontalerkrankungen. Sie haben mehr erkrankte Stellen, tiefere Zahnfleischtaschen und mehr Knochenabbau. Raucher haben auch mehr fehlende Zähne! Außerdem ist der Sauerstoffgehalt der Zahnfleischtaschen bei Rauchern niedriger und damit der Anteil anaerober Bakterien, welche für einen aggressiven Verlauf der Krankheit verantwortlich sind, deutlich höher. Es zeigt sich, dass Zahnfleischtaschen der Raucher mehr flüchtige Schwefelverbindungen enthalten. Diese beschleunigen den Gewebeabbau und verursachen sozial kompromittierenden Mundgeruch. Nachgewiesenermaßen erhöht sich das Risiko für Zahnverluste auch durch Passivrauchen. Achtung: Parodontalbehandlungen sind bei Rauchern schmerzhafter und weniger erfolgreich.

Was ist Karies?

Karies ist eine bakteriell bedingte Fäule des Zahnes. Sie entsteht, wenn krankheitserregende Bakterien Zucker und Stärke aus der Nahrung zu Säuren umwandeln. Diese Säure löst den Zahnschmelz auf - Rauhigkeiten entstehen. In dieser Phase ist eine Heilung des Zahnes durch die Zufuhr von Fluorid, welches die Poren verschließt, möglich. Erfolgt diese nicht, haben die Bakterien die Möglichkeit, durch die Hohlräume immer tiefer in den Zahn einzudringen und und den Zahn durch ihre fortwährende Säurebildung immer weiter zu zerstören. Hat die Karies das Zahnmark erreicht, entzündet sich der Zahnnerv, was zu massiven Schmerzen und / oder dem Absterben des Zahnes führt.

Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass Raucher mehr Karies haben als Nichtraucher. Kinder rauchender Mütter haben mehr zerstörte Zähne als Gleichaltrige, die in einem Nichtraucher-Haushalt aufwachsen. Außerdem schwächt Rauchen während der Schwangerschaft die sich bildenden kindlichen Zahnstrukturen. Auch die den Kindern aufgezwungene Inhaltation des Tabakrauchs rauchender Eltern spielt in der Folge eine wesentliche Rolle.

Implantate

Aktuelle wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass Raucher mehr Implantate verlieren als Nichtraucher. Nach dem chirurgischen Einbringen der Implantate zeigen Raucher eine deuchlich schlechtere Wundheilung. Grund dafür ist, dass Rauchen Blutgefäße und Gewebe schädigt, so daß die Sauerstoffversorgung in dem operierten Bereich deutlich niedriger als bei Nichtrauchern ist. Neben der durch das Rauchen geminderten Bildung von Kollagen führt dies dazu, dass die für eine Heilung wichtigen Reparaturvorgänge gehemmt sind. Auch bei bereits eingeheilten Implantaten zeigen Raucher im Laufe der Jahre einen deutlich stärkeren Knochenabbau mit erhöhter Implantatverlustrate.

Speichel

Speichel ist ein wässriges Sekret der drei großen Speicheldrüsen (Ohrspeicheldrüse, Unterkieferspeicheldrüse, Unterzungenspeicheldrüse) und zahlreicher kleiner Drüsen.

Welche Funktion hat Speichel? Speichel

  • dient der Verdauung der Nahrung

  • ist mit für den Geschmack der Nahrung verantwortlich

  • macht Nahrung schluckbar

  • hindert Bakterien daran, sich an Zähne und Mundschleimhaut anzuheften

  • fördert die Remineralisierung der Zähne (Heilung von beginnender Karies)

  • enthält Antikörper für die Abwehr von Krankheitserregern

  • puffert Säuren

Rauchen wirkt sich negativ auf die Zusammensetzung des Speichels aus: Das Rauchen bereits einer Zigarette erhöht die Menge an krebsererregenden Substanzen im Speichel. Rauchen läßt die Speichelmenge absinken. Die Folge ist Mundtrockenheit. Essen und Sprechen sind dadurch beeinträchtig. Zähne, Zahnhalteapparat und Mundschleimhaut erkranken. Außerdem erniedrigt das Rauchen die Pufferkapazität des Speichels - das Kariesrisiko steigt.

Selten waren die Ergebnisse einer Studie so eindeutig wie hier - Zeit zum Umdenken!

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