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So wechselhaft wie die Wechseljahre, so wechselhaft ist auch die Geschichte der Behandlung klimakterischer Beschwerden. Insbesondere die Hormonersatztherapie hat dabei sehr unterschiedliche Bewertungen erfahren. In den 1980er und 90er Jahren war sie nicht nur die Standardtherapie zur Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden, sie stand auch in dem Ruf, eine Art hormoneller Jungbrunnen zu sein. Gleich ob Arterienverkalkung, Osteoporose oder Alzheimer (Demenz) - Östrogene und Co. galten als Universalwaffe gegen Alterserkrankungen.

Anfang 2000 kam dann der große Rückschlag. Eine große amerikanische Studie (die Women`s Health Initiative, WHI) zeigte, dass die Hormonersatztherapie durchaus mit Risiken verbunden war. So war die Rate an Thrombosen und Brustkrebs bei den Hormonanwenderinnen deutlich höher als bei Frauen, die nur ein Scheinmedikament (Plazebo) bekommen hatten. Und auch der erhoffte Schutz gegen Gefäßverkalkungen zeigte sich nicht. Im Gegenteil: Frauen, die Hormonpräparate nahmen, erlitten sogar mehr Herzinfarkte als die Vergleichsgruppe.

Sowohl für die betroffenen Frauen selbst als für auch ihre Ärzte und Ärztinnen waren diese Ergebnisse ein Schock. Über Nacht war aus einem Therapieansatz, der Millionen Frauen beschwerdefreie Wechseljahre und ein gesundes Altern versprach, eine Gefährdung für die Gesundheit geworden. Vom Jungbrunnen zum Teufelszeug? Der Wandel hätte grundlegender nicht sein können.

Inzwischen sind seit der viel diskutierten WHI-Studie gut zehn Jahre vergangen, und - das ist das Schöne an wissenschaftlicher Medizin - die Ärzte haben dazugelernt. Wir wissen inzwischen recht genau, was zu den bedauerlichen Resultaten der amerikanischen Studie geführt hat. Und wir wissen auch, wie wir es im 21. Jahrhundert besser machen. So ist mittlerweile eine ‘Renaissance der Hormonersatztherapie’ unübersehbar. Aber es ist eine Renaissance unter veränderten Vorzeichen. Fünf Punkte sind es im Wesentlichen, welche die neue ‘Bioidentische Hormonersatztherapie’ von dem alten Behandlungsansatz unterscheiden.

Erstens: Dosisreduktion

In den letzen Jahrzehnten wurden Hormonersatzpräparate häufig überdosiert. Für Hormone gilt jedoch nicht die Devise: ‘Viel hilft viel’. Vielmehr lautet das Motto: ‘So viel wie nötig, so wenig wie möglich’. Und auch mit niedrigen Dosen lässt sich viel erreichen.

Zweitens: Individualisierung

Frauen sind unterschiedlich und müssen somit auch unterschiedlich behandelt werden. In den Wechseljahren für alle Patientinnen das gleiche Präparat in der gleichen Zusammensetzung und Dosierung zu verordnen, wie dies in der WHI-Studie geschehen ist, wird der Individualität und Komplexität des weiblichen Organismus nicht gerecht. Die moderne Hormonersatztherapie ist keine Standardbehandlung sondern sie ist entsprechend den persönlichen Bedürfnissen der Frau ‘massgeschneidert’.

Drittens: Transdermale Östrogengabe (Zufuhr über die Haut)

Die Östrogene sollten möglichst nicht in Form von Tabletten gegeben, sondern über die Haut (als Pflaster oder Gel) zugeführt werden. Damit wird der Stoffwechselweg über die Leber umgangen und das Thromboserisiko deutlich gesenkt. Darüber hinaus führt die Zufuhr über die Haut auch zu einer weiteren Dosisreduktion.

Viertens: Verwendung bioidentischer Hormone

Bei den Gestagenen, die immer dann zusätzlich gegeben werden müssen, wenn die Gebärmutter noch vorhanden ist, sind es nach neuesten Erkenntnissen vor allem die synthetischen Gestagene, die zu einem erhöhten Brustkrebsrisiko führen. Wann immer möglich sollte daher das körpereigene Gelbkörperhormon, das Progesteron, verwendet werden. Dieses belastet die Brust deutlich weniger.

Fünftens: Berücksichtigung sogenannter ‘zeitlicher Fenster’

Die Wirkung der Östrogene auf die Blutgefäße hängt offensichtlich vom Lebensalter der Frau ab. Bei Frauen vor dem 60. Lebensjahr mit noch gesunden Blutgefäßen wirken die Östrogene überwiegend schützend. Bei älteren Frauen, bei denen die Blutgefäße bereits deutliche Verkalkungen aufweisen, führt eine Östrogengabe aber dazu, dass die Verkalkungen instabil werden, sich aus der Gefäßwand lösen und dann gegebenenfalls zu einem Herzinfarkt führen. Ein in Hormonfragen versierter Gynäkologe weiß um diese Zusammenhänge und wird bei der Verordnung von Hormonpräparaten diese ‘zeitlichen Fenster’ berücksichtigen.

Werden diese fünf Kriterien eingehalten, ist die Hormonersatztherapie nicht nur eine sichere und effektive Maßnahme um klimakterische Beschwerden zu behandeln. Sie ist auch eine aktive Prävention für ein gesundes Altern.

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