Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn PD Dr. Goertz interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Plastischer und Ästhetischer Chirurg.
jameda: Herr PD Dr. Goertz, was hat Sie motiviert, Plastischer und Ästhetischer Chirurg zu werden?
Herr PD Dr. Goertz: Mich hat bereits vor der Aufnahme des Medizinstudiums, als ich Biologie an der FU Berlin studierte, die Präparation feinster Strukturen fasziniert. Damals konnte ich dieser Art von Tätigkeit noch keinen Namen geben. Letztlich wurde dann mein Fokus während des Studiums auf die Plastische Chirurgie gelenkt, nachdem ich der Verpflanzung einer Zweitzehe zum Daumenersatz beiwohnen durfte. Hinzu kommt die ungeheure Breite der plastischen Chirurgie, die einem als Chirurgen immer wieder lehrt flexibel auf die unterschiedlichen Herausforderungen einzugehen.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr PD Dr. Goertz: Mir gibt es jedes Mal aufs Neue Energie und Freude, wenn ich mit Schicksalen konfrontiert werde, die andere Lösungen und Hilfen erfordern als die Standardoperationen. Wenn ich erst situativ entscheiden kann, welchen Weg wir in einer Operation gehen, um dem Patienten zu helfen - solche Eingriffe erfordern neben dem erlernten Handwerk auch Verstand und Kreativität.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Klinik?
Herr PD Dr. Goertz: „Viele Patienten sind erstaunt, was alles in den Bereich der Plastischen Chirurgie fällt. Und das ist weit mehr als die klassische „Schönheitschirurgie“. Wir helfen bei Wundheilungsstörungen genauso wie beim Beheben von Komplikationen nach nicht optimal verlaufenden Operationen anderer Fachrichtungen. Hierbei spreche ich z. B. von Narbenbildung oder Nervenverletzungen. Tumoroperationen bei Hautkrebs sowie Weichgewebe-Tumoren stehen genauso auf dem OP-Plan wie das komplette Spektrum der Handchirurgie. Beispiele gibt es hier sehr viele. Ich würde mir wünschen, dass Patienten oftmals früher die Hilfe eines Plastischen Chirurgen aufsuchen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr PD Dr. Goertz: Vertrauen Sie Ihrem Arzt, haben Sie Geduld. Wichtig ist es auch, ein realistisches Verhältnis zu seinem Körper und zum Ergebnis zu haben. Wir können viel, aber nicht alles.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr PD Dr. Goertz: „Primär setze ich natürlich immer auf die Vernunft und den Heilungswillen des Patienten. Dazu gehört zum Beispiel auch, konsequent um die Operation herum mit dem Rauchen aufzuhören, was die Gefahr von Wundheilungsstörungen stark reduziert. Oft gelingt es auch über die Rauchpause, den Ausstieg vom Rauchen zu schaffen. Meist helfen Gespräche und Erklärungen der Krankheitszusammenhänge, die Folgebereitschaft des Patienten zu erhöhen.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr PD Dr. Goertz: „Ich würde versuchen, die Begrifflichkeit von Krankheit klar zu umreißen und zu definieren. Es ist immer wieder unschön zu erleben, wie willkürlich Entscheidungen über die Kostenübernahme von Eingriffen im Grenzbereich zwischen vermeintlichen Lifestyle-Operationen und Erkrankung gefällt werden. Hier ist nicht immer eine klare Linie zu erkennen. Insgesamt leben wir aber, denke ich, in einem sehr guten Gesundheitssystem, was der Blick über die Ländergrenzen einem immer wieder verdeutlicht.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr PD Dr. Goertz: Wir sollten uns immer wieder unseren Heilungsauftrag vergegenwärtigen und stetig versuchen, uns in unseren ethischen und medizinischen Entscheidungen nicht von finanziellen Dingen beeinflussen zu lassen.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Klinik anwenden?
Herr PD Dr. Goertz: Wir haben im Rahmen von Forschungsarbeiten das „Remote ischemic conditioning“ für uns entdeckt. Zudem wenden wir mit gutem Erfolg bei Bedarf Kaltplasma und Stoßwellen zur Verbesserung der Wundheilung an.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr PD Dr. Goertz: Da gibt es einige. Da es aber sehr persönliche Erlebnisse sind, möchte ich diese nicht öffentlich machen.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr PD Dr. Goertz: Wenn Sie Raucher sind, würde ich Ihnen ans Herz legen sich andere Laster zu suchen. Die Folgen sind langfristig dramatisch und gesund lebt es sich besser.
Zur Person
Priv. -Doz. Dr. med. Ole Goertz ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Handchirurgie und hat an der privaten Universität Witten/ Herdecke, der Freien Universität Berlin, der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, der University of Sheffield, England und University of Sydney, Australien studiert. Ausgezeichnet wurde er u. a. mit dem Julius-Springer-Preis 2013 für Chirurgie und dem „Fakultätspreis Klinische Forschung“ der Ruhr-Universität Bochum.
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