Die Funktion des Kreuzbandes, sowie Sinn und Zweck des operativen Vorgehens erklärten wir in einem vorangehenden Artikel.
Funktionsweise der TPLO:
Die TPLO nach Slocum ist eine maßgeschneiderte Lösung für die Therapie des Kreuzbandrisses beim Hund, weil sie die besondere anatomische Situation des Hunde-Knies berücksichtigt.
Unsere Hunde stehen mit angewinkeltem Hinterlauf. D.h. im Stand und in der Belastungsphase sind Ober- und Unterschenkel zueinander gewinkelt, weshalb die Gelenksfläche des Unterschenkels leicht abfällig ist. Im Gegensatz dazu steht der Mensch mit durchgestrecktem Bein, Ober- und Unterschenkel sind senkrecht aufeinander ausgerichtet. Eine zu starke Winkelung der abfallenden Unterschenkelgelenksfläche (Tibia Plateau) im Knie wird für den Kreuzbandriss als mit verursachend angesehen und diskutiert.
Unter Belastung werden Gewichts- und Beschleunigungskräfte auf die Unterschenkel-Gelenksfläche umgeleitet. Beim Kreuzbandriss werden diese Kräfte nicht mehr vom Kreuzband aufgefangen. Die Kräfte werden dann entlang des Neigungswinkels der Unterschenkel-Gelenksfläche geleitet, was den Unterschenkel im Gelenk nach vorne katapultiert. In diesem Moment kommt es zur (Sub-) Luxation des Unterschenkels nach vorne. Der Oberschenkel springt dabei über den Rand des Meniskus. In der Folge wird dieser verletzt.
Die meisten Operationen zur Versorgung des Kreuzbandrisses ersetzen auf verschiedene Art die Funktion des Kreuzbandes, im weitesten Sinne werden Haltevorrichtungen eingebaut. Durch TPLO werden die obengenannten Schubmomente im Gelenk durch eine Reduzierung (Leveling) der Neigung der Gelenksfläche des Unterschenkels (Tibia Plateau) umgekehrt. Damit erklärt sich der Begriff „Tibial Plateau Levelling Osteotomy“. Grob übersetzt bedeutet TPLO „Einebnungsosteotmie der Unterschenkelgelenksfläche“. Studien belegen, dass eine Reduzierung dieses Winkels funktionelle Stabilität des Kniegelenks gewährleistet, indem der nach vorne gerichtete Tibiaschub in einen rückwärts gerichteten Tibiaschub umgewandelt wird.
Beeindruckend für den Operateur und anscheinend typisch für die TPLO, sind die subjektiven Erfahrungen mit der Operation. Stellvertretend zitieren wir sinngemäß Dejardin 2002: „Die Heilung scheint rapide einzusetzen. Die Fußung erfolgt meist unmittelbar innerhalb der ersten 2 Tage post OP, gefolgt von rapider Verbesserung der Gliedmaßenfunktion.“ Durch die Maximierung der Chance auf die volle Wiederherstellung der athletischen Funktion, hat sich die Slocum TPLO für große und aktive Hunde für viele Tierärzte zur Therapie der Wahl entwickelt. Es existieren unterschiedliche Platten und Systeme, um der individuellen Situation und dem Körpergewicht gerecht zu werden.
Ganz besonders haben uns die Erfahrungen mit kleinen Hunden (<10kg) erfreut. Zwar können (ca. 50% der) Hunde unter 10 kg ohne offensichtliche Lahmheit einen Kreuzbandriss kompensieren. Andererseits treten gerade bei den kleineren Patienten erhebliche Lahmheitsprobleme auf, die mit der TPLO besonders gut behoben werden können. Bei diesen kleinen Kerlen ist eine Kniescheibenluxation (die Kniescheibe springt aus Ihrer Gleitfläche) nämlich die häufigste Ursache für einen Kreuzbandriss. Da mit der TPLO auch die Ursache der Kniescheibenluxation behoben werden kann und eine besonders gute Heilungsgeschwindigkeit und Besitzerzufriedenheit erreicht wird, bevorzugen wir in diesen Fällen auch bei den kleinen Rassen die TPLO. Für die Durchführung und Stabilisierung der Osteotomie ist Erfahrung und außerordentliche Präzision notwendig. Ein spezielles Instrumentarium wurde entwickelt, um diese Operation mit minimalem Trauma durchführen zu können. Die Operationsmethode erlaubt durch 3-dimensionale Rotation des Tibia Plateaus die Korrektur häufiger Gliedmaßen-Fehlstellungen.
Gibt es Alterantiven zur TPLO bei der Behandlung des Kreuzbandrisses?
Die TPLO ist nicht die einzige erfolgreiche Technik zur Behandlung des Kreuzbadrisses. Die ausgewählte Technik zur Versorgung des Kreuzbandrisses sollte auf Basis breiter Diagnostik gestellt werden. So sollte u.a. durch Lahmheitsuntersuchung und Röntgenaufnahmen überprüft werden, ob andere Faktoren, wie Verdachtsmomente von Bandscheibenerkrankungen oder Hüftdysplasie etc. vorliegen. Im Bezug auf den Patienten sollten die Ursachen der Entstehung des Kreuzbandrisses aufgearbeitet werden. Diese Informationen sind wichtig für die Wahl der verwendeten Operationsmethode. Vergleichbar erfolgreich bei der Behandlung des vorderen Kreuzbandrisses ist das CCL (Cranial Cruciate Ligament) Lateral Suture System - und ähnliche Techniken). Dieses seitlich angelegte Nahtsystem (extrakapsulär! - imitiert den Verlauf des Kreuzbandes, egalisiert die Schubkräfte und hebt das Schubladen-Phänomen auf. Dies ist eine effiziente und verhältnismäßig kostengünstige Operationsmethode.
Die Tibial Tuberosity Advancement (TTA) führt ähnlich wie die Tibial Plateau Leveling Osteotomy (TPLO), nur auf anderem Weg, ebenfalls zu einer Kräfteumstellung im Kniegelenk. Wahrscheinlich sind beide Operationsmethoden bezüglich Ihres Behandlungserfolges vergleichbar. In der ART-Kleintierpraxis begegnen wir häufig orthopädischen Fehlstellungen, wie varus und valgus Deformitäten mit oder ohne Patellaluxation beim Kreuzbandriss. Diese können wir gleichzeitig mit der TPLO elegant korrigieren. Diese Flexibilität sehen wir bei der TTA nicht. In solchen Fällen geben wir der Versorgung mittels TPLO den Vorzug. Für die Zukunft sind weitere Vergleichsuntersuchungen von TPLO und TTA zu erwarten. Bisher scheinen sich die Operationsmethoden bezüglich der Vermeidung von Osteoarthrose nicht zu unterscheiden, eine sichere Beantwortung dieser Frage steht jedoch noch offen.
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