Artikel 29/06/2015

Der kindliche Paukenerguss

Team jameda
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Paukenergüsse im Kindesalter sind keine Seltenheit. Es handelt sich hierbei sogar um die häufigste Erkrankung im Kindesalter, insbesondere in den ersten 3 Lebensjahren. Über 80% aller Kinder bis zum 8. Lebensjahr machen unterschiedlich lange Episoden der Erkrankung durch. Zugrunde liegt dem Paukenerguss eine Dysfunktion der Ohrtrompete (Eustach’sche Röhre oder Tube), welche in der Regel mit Erkältungserkrankungen einhergeht. Der Paukenerguss steht meist in Verbindung mit vergrößerten Adenoiden („kindliche Polypen“) im Nasenrachenraum. In neueren Studien wurde aber auch Magensaft im Paukenerguss nachgewiesen, was die Hypothese stützt, dass Kinder eine Reflux-Problematik aufweisen können und diese ursächlich für die Entstehung für den Paukenerguss sein kann.

Die Diagnose ist schwierig

Die durch die Erkrankung ausgelöste Schwerhörigkeit wird oft weder vom Kind noch von seinen Eltern bemerkt. Häufig wird die Schwerhörigkeit als mangelnde Aufmerksamkeit bzw. „Nicht-Hören-Wollens“ seitens der Eltern fehlinterpretiert. Nur wenige Kinder klagen über Druck oder gar Schmerzen im Ohr. In der Regel ist ein abwartendes Verhalten auch gerechtfertigt, da die Spontanheilungsrate sehr hoch ist. Hält die ergussbedingte Schwerhörigkeit aber zu lange an, kann dies zu einer Verzögerung der Sprachentwicklung des Kindes führen. Denn wenn ein Kind nicht gut hört, lernt es nicht gut sprechen.
Der Nachweis des Ergusses gelingt durch eine Otoskopie durch den HNO- oder Kinderarzt. Der Erguss lässt das Trommelfell eher gelblich, manchmal bläulich, im Falle der Mittelohrentzündung auch rötlich erscheinen. Die Diagnose wird unterstützt durch die Tympanometrie, die die Schwingungsfähigkeit des Trommelfells untersucht, sowie den Hörtest, in dem sich typischerweise eine Schallleitungsstörung darstellt.

Die Behandlung des Paukenergusses

Der wiederkehrende Paukenerguss (chronisch-seröse Otitis media mit Paukenerguss) sollte laut umfangreicher Studien nur in Ausnahmefälle mit Antibiotika behandelt werden. Ebenfalls gilt die Anwendung von Kortison oder Antihistaminika langfristig als nicht wirksam. Da man der Entstehung des Paukenergusses eine mangelnde Tubenfunktion unterstellt, sind die Maßnahmen Therapie der Wahl, die eine Verbesserung der Belüftung des Mittelohres über die Ohrtrompete zum Ziel haben. Die häufig verordneten abschwellenden Nasentropfen sollten allenfalls kurz (3-5 Tage) und bei Zeichen eines hinzukommenden Infekts mit Übergang in eine Mittelohrentzündung angewandt werden, keineswegs als Dauertherapie. Als weitere Maßnahme haben sich die sogenannten Nasenballons als kindgerecht erwiesen. Diese führen auch zu einer vorübergehenden Besserung der Schwerhörigkeit, haben aber keine positiven Effekte auf den Langzeitverlauf der Erkrankung. Im Gegensatz dazu verspricht die chirurgische Entfernung der vergrößerten Adenoide, in der Regel in Kombination mit einem Trommelfellschnitt oder einer Paukenröhrchenanlage Linderung. Laut umfangreicher Analysen und einer Vielzahl von Studien hat dies einen wesentlichen positiven Einfluss auf die Mittelohrerkrankung und wird in Deutschland in den Leitlinien der HNO- Gesellschaft auch so empfohlen. Allerdings sollten im Routinefall ab der ersten Vorstellung beim Arzt bis zu einer Operation drei Monate abgewartet werden. Eine Paukenröhrchenanlage ist erst bei häufigen Rezidiven der Mittelohrerkrankung und bereits vorangegangener Operation (Adenotomie und Paracentese) notwendig.
In Problemfällen wie bei Kindern, die bereits vielfach eine antibiotische Therapie vermeintlicher Mittelohrentzündungen erhalten haben, ggf. mehrfach eine Entfernung von vergrößerten Adenoiden und eine mehrfache Anlage von Paukenröhrchen, gibt es seit einigen Jahren ein neues Verfahren, das die Funktion der Ohrtrompeten selber wiederherstellen soll: die Tubendilatation. Dies ist ein schonendes und risikoarmes Verfahren, welches in einer etwa 5 minütigen Vollnarkose durchgeführt wird. Hierbei wir ein Ballonkatheter in die jeweilige Ohrtrompete eingeführt und für 2 Minuten auf 10 Bar aufgeblasen. Dies führt zu einer nachhaltigen Weitstellung des knorpeligen Anteils der Tubenstruktur und somit zu einer Normalisierung der Tubenfunktion und Mittelohrbelüftung.

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