Artikel 10/08/2015

Die Hüfte schmerzt - was nun?

Team jameda
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Das Hüftgelenk ist neben der Wirbelsäule und dem Kniegelenk das am meisten von Schmerzen betroffene Gelenk. Die Schmerzen führen zu einer Vielzahl von Fragen wie: Wann gehen die beklagten Beschwerden wirklich von der Hüfte aus und wodurch werden Sie verursacht? Wer kann mir helfen? Gibt es eine Behandlung neben dem künstlichen Gelenkersatz? Im Folgenden werden die häufigsten Fragen rund um den Hüftschmerz geklärt.

Wo tut es weh, wenn es von der Hüfte kommt?

Am häufigsten finden sich Schmerzen, die vom Hüftgelenk ausgehen im Bereich der Leiste und des vorderen Oberschenkels. Von dort aus ziehen sie in der Regel nicht über das Kniegelenk hinaus. Schmerzen können auch im Bereich des körpernahen, seitlichen Oberschenkels auftreten. In seltenen Fällen kommt es auch zu Schmerzen im Bereich des Gesäßes, diese entstammen jedoch meistens der Wirbelsäule bzw. dem Kreuzdarmbeingelenk.

Die Schmerzen sind sowohl nach längerem Sitzen, Stehen oder Laufen möglich. Zu Beginn der Erkrankung treten sie meist nach längeren Belastungsphasen oder während bzw. nach dem Sport auf. Mit zunehmender Schwere und Dauer der Hüfterkrankung belasten sie den Betroffenen auch in Ruhephasen oder nachts. Letzteres kann ein Zeichen eines bereits bestehenden Gelenkverschleißes sein und sollte als Alarmsignal gewertet werden, zeitnah einen Arzt zur weiteren Abklärung aufzusuchen.

Was tun, wenn es weh tut?

Letztlich sollte mit Beschwerdebeginn eine Vorstellung beim Haus- oder noch besser beim Facharzt erfolgen. Ein Facharzt für Orthopädie oder Orthopädie und Unfallchirurgie eignet sich am besten. Handelt es sich um ein einmaliges Schmerzereignis, sollte beobachtet werden, ob es noch ein weiteres Mal auftritt und bei welchen Tätigkeiten. Schmerzen, die nach einem Sturz oder Unfall auftreten oder die mit Schwellungen, Rötungen, Fieber einhergehen, müssen umgehend ärztlich beurteilt werden. Auch plötzlich einschießende Beschwerden mit Nervenausfällen veranlassen sofort einen Arztbesuch.

Welche Erkrankungen können Hüftschmerzen auslösen ?

Die Erkrankungen, die bei jungen Menschen solche Beschwerden auslösen, sind die Hüftdysplasie und das Impingementsyndrom des Hüftgelenkes.

Die Hüftdysplasie:

Die Hüftgelenksdysplasie führt zu einer Steilstellung der Hüftgelenkspfanne, welche wiederum ohne Behandlung zu einer Überlastung des Gelenkknorpels von Hüftgelenkspfanne und - Kopf führt. Ohne Behandlung mündet diese Erkrankung sehr häufig in einem Gelenkverschleiß, einer Arthrose, die nicht mehr rückgängig zu machen ist. Die beginnenden Beschwerden kennzeichnen die Knorpelüberlastung, die Arthrose entwickelt sich je nach Alter im Laufe von Jahren, kann jedoch auch sehr junge Patienten Mitte zwanzig oder dreißig betreffen.
Häufig geht einer Hüftdysplasie eine Behandlung als Säugling voraus, sodass diese bekannt ist, teilweise wurde diese jedoch im Säuglings-/ Kindesalter übersehen und stellt sich erst mit Beginn der Schmerzen heraus. Die Erkrankung wird oft vererbt, kann aber auch spontan auftreten.

Als Behandlung der Dysplasiebeschwerden werden zunächst eine physiotherapeutische Dehnung des Gelenkes (Traktion) und der Muskelaufbau der hüftstabilisierenden Muskulatur versucht. Auch die Gabe von schmerzstillenden, reizlösenden Medikamenten mit dem Wirkstoff Ibuprofen oder Diclofenac (NSAR) kann bei akuten Schmerzzuständen und Gelenkreizungen helfen, wie auch eine weichbettende Einlage oder ein Absatz, der den Auftritt weicher macht (Pufferabsatz).

Letztlich liegt die Therapie, je nach Ausmaß der Fehlstellung, in der Korrektur der Steilstellung der Hüftgelenkspfanne. Nur durch sie wird eine dauerhafte Aufhebung der Knorpelüberlastung verhindert und so eine Arthrose vermieden. Dies erreicht man durch eine Operation, die die Position der Hüftgelenkspfanne korrigiert, eine sogenannte 3-Fach- Beckenosteotomie oder eine periacetabuläre Osteotomie. Die erstgenannte Operation hat hierbei sicherlich die beste Korrekturmöglichkeit und ist ein lang bewährtes, sicheres Verfahren, welches jedoch nur in wenigen spezialisierten Zentren durch einige orthopädische Chirurgen durchgeführt wird. Bei der Komplexität des Eingriffes und den möglichen Nebenwirkungen durch fehlerhafte Operationstechnik empfiehlt sich dringend, einen erfahrenen Operateur aufzusuchen.

Das Impingementsyndrom:

Das Impingement der Hüfte gliedert sich in zwei verschiedene Untergruppen: Die des sogenannten CAM- Impingement (CAM= Nockenwellen-Impingement), bei dem es durch einen Anbau im Bereich des Überganges von Hüftkopf und Schenkelhals zu Beschwerden kommt und des sogenannten Pinzer- Impingement (Zangen- Impingement) bei dem die Beschwerden durch eine zu starke Überdachung des Hüftkopfes durch die Hüftgelenkspfanne, einen Außendrehfehler der Pfanne, oder durch eine zu geringe Drehung des Schenkelhalses entstehen.
Alle aufgezählten Gründe führen zu einem gehäuften ‘Anschlagen’ des Schenkelhalses an den Rand der Pfanne. Dies schädigt sowohl die Gelenklippe des Hüftgelenkes als auch den Gelenkknorpel der Pfanne auf Dauer und es entsteht eine Arthrose.

Die Behandlung richtet sich nach der zu Grunde liegenden Ursache des Impingements und besteht beim CAM- Impingement in einer Spiegelung der Hüfte (Hüftgelenksarthroskopie), bei der der Anbau beseitigt und die Gelenklippen- bzw. Knorpelschäden geglättet wird.
Bei der zu stärken Überdachung des Hüftkopfes durch die Hüftgelenkspfanne wird der Pfannenrand reduziert. Dies erfolgt mittels Gelenkspiegelung oder auch nur als offener Eingriff. Ein Drehfehler der Hüftgelenkspfanne bzw. des Schenkelhalses kann nur durch eine korrigierende Operation, bei der Pfanne durch eine 3-Fach-Beckenosteotomie, beim Schenkelhals durch eine Umstellungsosteotomie des Oberschenkelknochens, therapiert werden.

Natürlich können auch die oben angeführten, nicht- operativen Therapien helfen, Beschwerden zu lindern, oder bei diskreten Befunden zu einer Schmerzfreiheit führen. Bei einem bestimmten Ausmaß der Fehlstellung ist ein knöcherner Eingriff allerdings oft nicht zu vermeiden. Auch diese operativen Verfahren erfordern viel Erfahrung und ‘Training’ auf Seiten des Operateurs sowie Spezialinstrumente, sodass diese auch in die Hand eines hüftgelenksspezialisierten Orthopäden gehören.

Sonstige Erkrankungen, die zu Hüftgelenksbeschwerden führen können

  • Rheuma: Die Rheumatische Erkrankung des Hüftgelenkes gehört sicherlich vor allem in die Hand eines Fachrheumatologen und bedarf insbesondere einer medikamentösen Unterdrückung der beim Rheuma fehlgeleiteten Immunreaktion, bzw. einer reizlösenden, medikamentösen Behandlung mit Medikamenten aus der Gruppe der NSAR, wie z.B. Diclofenac o.ä.
  • Die Hüftgelenksarthrose: Die Arthrose des Hüftgelenkes entsteht nicht immer durch Dysplasiebeschwerden oder ein Impingementsyndrom der Hüfte, sondern fast häufiger ohne einen erkenn- oder benennbaren Grund, man spricht dann von einer sogenannten ‘primären’ Arthrose. Diese sollte so lange konservativ (nicht- operativ) behandelt werden, wie es die Lebensqualität und der Leidensdruck des Patienten zulassen. Sind Lebensqualität durch Nacht- und Dauerschmerzen und deutliche Einschränkung der Gehstrecke sowie alltäglichen Mobilität stark eingeschränkt, sollte die Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes erwogen werden.
  • Die Lockerung des künstlichen Hüftgelenkes: Wird die Lockerung einer Hüftprothese festgestellt, bestehen beim Patienten sehr oft schon relevante Beschwerden und Einschränkungen. Je nach der erhaltenen Mobilität im Alltag und den Grunderkrankungen, die das Operationsrisiko der oft betagten Patienten stark erhöhen, ist eine zeitnahe Wechseloperation dringend zu empfehlen. Ziel ist es, den fortschreitenden Knochenaufbrauch durch die gelockerten Prothesenanteile zu vermeiden und so die Wechseloperation nicht unnötig zu erschweren.
  • Erkrankungen der Gelenkschleimhaut wie Hüftgelenkschondromatose und Synovitiden
  • in Fehlstellung verheilte Knochenbrüche von Hüftgelenkspfanne oder – kopf
  • Knochentumore (Knochenzysten, Riesenzelltumoren, Osteoidosteome, kartilaginäre Exostosen)
  • Aussackungen der Hüftgelenkskapsel (Hüftgelenksganglien)
  • Verkalkungen der hüftgelenksumgebenden Muskulatur
  • Durchblutungsstörungen des Hüftkopfes des Kindes (M.Perthes, Osteochondrosis dissecans) oder des Erwachsenen (klassische Hüftkopfnekrose)

Das Fazit

Häufig lassen sich Hüftgelenksbeschwerden auf eine Feststellung oder eine andere Hüftgelenkserkrankung zurückführen, die durch eine frühzeitige Diagnostik und Einleitung einer Therapie geheilt, oder zumindest deutlich gemildert werden kann, sodass ein beschwerdefreies Leben ohne Einschränkungen des betroffenen Patienten wieder möglich ist.

Der Ersatz eines Hüftgelenkes durch eine ‘künstliche Hüfte’ sollte, soweit möglich, unbedingt verhindert werden, da es je nach Alter, Aktivität und Güte des Protheseneinbaues zu einer Lockerung des Prothesensystemes kommt, welches unweigerlich eine Wechseloperation notwendig macht. Je früher der Ersatz durchgeführt wird, desto häufiger werden Wechseloperationen nötig. Die Zahl der möglichen Wechsel ist sehr begrenzt und die Ergebnisse mit zunehmender Wechselhäufigkeit deutlich schlechter. Trotzdem ist bei korrekter Indikation und nach eingehender Prüfung der Einbau eines künstlichen Gelenkes eine nahezu komplett beschwerdebefreiende Operation, die zu einer erheblichen Steigerung der Lebensqualität führt.

Sollten Sie unter Hüftgelenksbeschwerden leiden, rate ich zum Aufsuchen eines auf dieses Gelenk spezialisierten und sowohl auf die spezielle Diagnostik (Untersuchung, spezielle Testverfahren, Röntgen, Spezial- CT, Gelenkspiegelung) als auch auf die nicht- operativen und operativen Therapien spezialisierten Orthopäden.

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