Artikel 30/06/2020

Das jameda-Interview: 9 Fragen an Prof. Dr. med. Holger Gassner

Prof. Dr. med. Holger Gassner Hals-Nasen-Ohren-Arzt
Prof. Dr. med. Holger Gassner
Hals-Nasen-Ohren-Arzt
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Prof. Dr. med. Holger Gassner interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Hals-Nasen-Ohrenarzt.

jameda: Herr Prof. Gassner, was hat Sie motiviert, Hals-Nasen-Ohrenarzt zu werden und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?

Herr Prof. Gassner: Die ästhetisch-funktionelle Chirurgie der Nase und die plastisch-wiederherstellende Chirurgie des Gesichts haben mich sehr früh fasziniert. Bereits in den ersten Semestern habe ich meine Doktorarbeit zu den Effekten der Nasenchirurgie auf die Atemnebenleistungen der Nase begonnen. So gewann ich Einblicke in diese Operationen. Nach Auslandsaufenthalten in den USA habe ich die Chance bekommen, meine Facharztausbildung im größten operativen Zentrum der Welt, der Mayo Clinic, zu absolvieren.

Nach sieben Jahren an der Mayo Clinic konnte ich meinen Traum erfüllen und bei dem global renommierten plastischen Gesichtschirurgen Prof. Dr. Wayne Larrabee an der University of Washington die operative Zusatzausbildung zum plastischen Gesichtschirurgen absolvieren. Die dort erworbenen Kenntnisse machten es mir möglich, als Leiter der plastischen Gesichtschirurgie an der Uni-HNO Klinik Regensburg 10 Jahre lang diesen Bereich zu betreuen und zu entwickeln.

jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?

Herr Prof. Gassner: Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der schonenden Nasenchirurgie. Seit über 10 Jahren führe ich alle Nasenoperationen über den besonders sanften endonasalen Zugang durch. Dabei werden der Schnitt am Nasensteg und das Hochklappen der Nasenspitze vermieden. Ich konnte anhand meiner eigenen Falluntersuchungen zeigen, dass dieser Zugang auch bei schwierigen Fällen genauso gute Ergebnisse erzielen lässt wie das offene Vorgehen.

Das Prinzip ‘Preservation’, also die Schonung wichtiger Gewebe, wird durch diesen Zugang wesentlich erweitert und schließt wichtige Gefäße und Weichteilkompartimente ein, die für die natürliche Weichheit der Nasenspitze wesentlich sind. Aufgrund des besonders schonenden Verfahrens, der kurzen Erholungsphase und der nicht nur sichtbar, sondern auch tastbar natürlichen Ergebnisse reisen Patienten aus aller Welt nach Regensburg, um sich hier die Nasen korrigieren zu lassen.

jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?

Herr Prof. Gassner: Professor Dr. Kofi Boahene war einer meiner chirurgischen Ausbilder an der Mayo Clinic. Ich habe selten einen so begabten Operateur gesehen. Er leitet nun die Abteilung für plastische Gesichtschirurgie der Johns Hopkings Universität, eine der renommiertesten Abteilungen ihrer Art weltweit. Professor Boahene gilt als herausragender Experte der Wiederherstellung der Gesichtsnervenlähmung.

Dieses Gebiet interessiert auch mich besonders und ich habe sehr viel von Professor Boahene gelernt. Über seine chirurgischen Fähigkeiten hinaus ist Professor Boahene in besonderer Weise sozial engagiert. Es ist mir eine besondere Ehre, mit ihm zusammen regelmäßig an humanitären Einsätzen teilzunehmen, bei denen wir in Afrika gesichtsversehrte Patienten operieren.

Zudem arbeiten wir zusammen daran, in Ghana ein Krankenhaus zu bauen, in dem wir einheimische Ärzte in der plastisch-wiederherstellenden Gesichtschirurgie ausbilden wollen. Weitere Informationen finden Sie auch unter www.ffsse.eu

jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?

Herr Prof. Gassner: Für die Chirurgie des Gesichts und der Nase bestimmen Erfahrung und manuelles Geschick nach wie vor die Ergebnisse in überragender Weise. Das Instrumentarium, welches vor 30 Jahren zur Verfügung stand, ist auch heute noch geeignet, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Für die Beratung der Patienten hat die Einführung der Computersimulation einen wichtigen Unterschied gemacht.

Durch die Simulation des erwünschten Ergebnisses lässt sich die Beratung für eine Nasenoperation wesentlich genauer und auch für den Patienten verständlicher durchführen. Für die Operation selbst hat die Einführung der Piezotechnologie einige Schritte erleichtert und präziser gestalten lassen. Mit dieser sogenannten Ultraschallfeile können Knochenschnitte sehr weich und ohne Hammer, Meißel und Zange durchgeführt werden.

jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?

Herr Prof. Gassner: Das Internet und die sozialen Medien bringen viele Probleme mit sich. Es ist fast unmöglich für den Patienten, zu beurteilen, welche Qualität in einem bestimmten Zentrum tatsächlich angeboten wird. Vielfältig werden ‘Vorher-Nachher’-Fotos von ästhetischen Eingriffen in den sozialen Medien gezeigt. Diese Praxis ist in Deutschland zurecht nicht gestattet.

Es ist unmöglich, hier festzustellen, ob diese Ergebnisse real sind. Zudem werden viele irreführende Informationen verbreitet. So werden oft Techniken der Nasenchirurgie als schonend dargestellt, obwohl sie mit besonders weiten Schnittführungen und Zugängen einhergehen. Nachoperationen der Nase machen etwa die Hälfte der jährlich ca. 200 Nasenoperationen aus, die ich durchführe. Insbesondere der ‘Medizintourismus’ bereitet hier Kopfschmerzen.

Patienten lassen eine Behandlung im Ausland durchführen, um Geld zu sparen. Wenn dann eine Nachkorrektur notwendig wird, ist sie in der Regel aufwändiger und damit auch teurer.

jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?

Herr Prof. Gassner: In meiner Praxis gibt es ein wichtiges Prinzip: Ich führe jeden Eingriff selbst durch und ich kümmere mich auch selbst um meine Patienten. Nach einem Eingriff können mich meine Patienten direkt anrufen. Dadurch, dass wir in unserer Praxis einen eigenen, modernen OP-Trakt haben, können wir alle Abläufe sehr genau auf meine Patienten und ihre Bedürfnisse abstimmen.

So ist es zum Beispiel sehr wertvoll, dass ich mir direkt vor jedem Eingriff noch einmal Zeit nehme, um mit dem Patienten die Operation in Ruhe erneut durchzugehen. Das nimmt viel Nervosität. Auch das vorwiegend ambulante Vorgehen wird von den Patienten sehr positiv angenommen. Im Bedarfsfall überwachen wir aber natürlich auch über Nacht.

jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?

Herr Prof. Gassner: Natürlich reisen viele Patienten aus dem Ausland an, was mich ein wenig stolz macht. Aber ein großer Teil meiner Patienten kommt auch aus der Region. Regensburg ist eine kleine Stadt. Ich freue mich, wenn die Patienten aus der Region Vertrauen haben und regelmäßig wiederkommen. Als Leiter der Poliklinik der Universitäts-HNO-Klinik Regensburg habe ich auch in der allgemeinen HNO-Heilkunde über 10 Jahre viel Erfahrung sammeln können.

Über regionale Patienten, die regelmäßig zur Kontrolle des Hörens, zur Behandlung einer reinen nasalen Atemstörung oder dergleichen zu mir kommen, freue ich mich sehr. Da kommt dann auch der soziale Aspekt nicht zu kurz und man erfährt Neuigkeiten aus Stadt und Land.

jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?

Herr Prof. Gassner: Unvergesslich bleibt mir ein junges Mädchen in Indien, das aufgrund einer schweren Verbrennung ein Auge verloren hatte und Gefahr lief, auch das zweite Augenlicht zu verlieren.

Ich korrigierte die schweren Verbrennungen des Augenlides in einem Eingriff, der keine idealen Aussichten bot. Bis zur Abreise unseres Teams war nicht klar, ob der Eingriff erfolgreich war. Als ich dann von der Leiterin des Wiesenhauses nach einigen Wochen eine Postkarte bekam, in der sie beschrieb, dass es dem Kind sehr gut gehe und es neuen Lebensmut schöpfte, war die Freude groß. Dieses Erlebnis ist mir in besonderer Erinnerung geblieben.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Herr Prof. Gassner: Unsere Gesichtshaut ist großem Stress ausgesetzt. Da wir alle älter werden, muss auch unsere Haut über lange Zeiträume mit Umwelteinflüssen und UV-Strahlen zurechtkommen. Ich sehe eine größer werdende Zahl von Patienten mit Hautkrebs. Ein wichtiger Risikofaktor ist die kumulative UV-Einstrahlung über die Jahre.

Areale mit besonderem Risiko schließen die Unterlippe und die Rückfläche der Ohren ein. Auch der Augenhintergrund leidet und eine Alterssehschwäche wird immer häufiger beobachtet. Mein Rat: Tragen Sie regelmäßig Sonnenschutz auf und tragen Sie eine Sonnenbrille. Und das gilt natürlich auch für Ihre Kinder.

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