Artikel 11/03/2021

Wenn die Großzehe schief steht: Ursachen, Symptome & Behandlung des Hallux valgus

Dr. med. Mellany Galla Orthopäde & Unfallchirurg, Fußchirurg, Chirotherapeut
Dr. med. Mellany Galla
Orthopäde & Unfallchirurg, Fußchirurg, Chirotherapeut
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Der Hallux valgus (Ballenzeh, Ballengroßzehe) ist unangefochten eine der häufigsten Fehlstellungen am Vorfuß. Beim Hallux valgus kommt es typischerweise zu einer Schiefstellung der Großzehe nach außen und einem vergrößerten Ballen, der wie ein Überbein am Vorfuß wirkt. Allein in Deutschland geht man von ca. 10 Millionen Menschen aus, die von einem Hallux valgus betroffen sind. Etwa 90 % der Betroffenen sind Frauen.

Entstehung und Ursachen

Der Hallux valgus tritt fast immer zusammen mit einem Spreizfuß auf. Bei der Spreizfußdeformität wird der Vorfuß breiter, unter anderem wandert der erste Mittelfußknochen nach innen. Das Köpfchen des ersten Mittelfußknochens verlagert sich stark zur Innenseite des Fußes. Das Mittelfußköpfchen zeichnet sich als eine deutlich sichtbare Wölbung ab.

Gleichzeitig knickt die Großzehe nach außen ab und schiebt sich zu den mittleren Zehen. Diese Kippung der Großzehe nach außen nennt man Hallux valgus. Durch diese Schiefstellung der Großzehe tritt das Mittelfußköpfchen am Fußinnenrand noch deutlicher hervor. Optisch entsteht der Eindruck, als sei ein Überbein gewachsen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um das Mittelfußköpfchen. Man spricht deshalb auch von einem ‘Pseudo-Überbein’.

3 Stadien des Hallux valgus

  • Mildes Stadium: Der Winkel zwischen dem ersten und zweiten Mittelfußknochen ist leicht vergrößert und das erste Mittelfußköpfchen tritt ein wenig hervor. Der Patient spürt Schmerzen und Schwellungen.
  • Mittelgradiges Stadium: Der Winkel zwischen dem ersten und zweiten Mittelfußknochen ist breiter aufgespreizt. Das Mittelfußköpfchen tritt sehr deutlich auf der Innenseite des Fußes hervor. Es entstehen unangenehme Druckstellen am Großzehenballen und die Zehe wird immer schiefer.
  • Fortgeschrittenes Stadium: Der Winkel der Mittelfußknochen ist stark aufgespreizt und die Schiefstellung der Großzehe ist sehr ausgeprägt. Die Großzehe schiebt sich über oder unter die zweite Zehe. Die Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks nimmt ab.

Sind die Knochen erstmal dauerhaft in diese Fehlstellung geraten, wirkt sich dies auch auf andere Strukturen in der Umgebung aus. Die Strecksehnen und die Beugesehnen verlagern sich und verlaufen weiter außen. Durch die Sehnenspannung zieht sie die Zehe sogar noch weiter in die schräge Position nach außen.

Bei einer lang bestehenden Schiefstellung der Zehe können auch Folgen am Großzehengrundgelenk auftreten. Denn wenn die Zehe nicht mehr korrekt im Gelenk steht, werden die Gelenkflächen nicht mehr gleichmäßig belastet. Es kommt zu einer Fehl- und Überbelastung in einigen Arealen des Großzehengrundgelenks. Dies kann zu einem Gelenkverschleiß (Arthrose) führen.

Als Ursache des Hallux valgus wird häufig das Schuhwerk genannt. Spitze hochhackige Schuhe, die den Fuß in eine unnatürliche Form zwingen. Aber dies ist bei Weitem nicht die alleinige Ursache. Oft kommen mehrere Auslöser zusammen. Ein wichtiger Aspekt ist das Bindegewebe. Erkrankungen wie Rheuma, aber auch fehlverheilte Knochenbrüche der Großzehe können zu einem Hallux valgus führen. Darüber hinaus gibt es auch eine erbliche bzw. familiäre Veranlagung, eine Ballengroßzehe zu entwickeln.

Welche Symptome entstehen bei einem Hallux valgus?

Nicht immer verursacht ein Hallux valgus im Anfangsstadium Schmerzen. Gerade zu Beginn sind in vielen Fällen nur optische Veränderungen erkennbar und es ist nur eine kleine Vorwölbung am ersten Mittelfußköpfchen. Mit fortschreitender Fehlstellung steigt das unangenehme Druckgefühl im Schuh und es entsteht eine Druckstelle am Großzehenballen. Im weiteren Verlauf wandert die Großzehe immer weiter nach außen und berührt dann manchmal sogar die zweite Zehe.

Wenn die Schiefstellung weiter zunimmt, verschieben sich dadurch häufig auch die Kleinzehen nach außen oder die Großzehe schiebt sich über oder unter die zweite Zehe: Es entstehen sogenannte Hammer- oder Krallenzehen. Zu Beginn ist die Zehenfehlstellungen noch flexibel, das heißt, man kann die Fehlstellung selber wieder durch Ziehen oder Drücken an der Zehe in die normale Position korrigieren. Die Bewegungen in den Zehengelenken sind noch schmerzfrei.

Je länger eine solche Verformung besteht, desto mehr nimmt die Flexibilität ab und die Zehen werden unbeweglicher. Hinzu kommt dann oftmals ein Bewegungsschmerz. Im fortgeschrittenen Stadium kann die Großzehe in ihrer Schiefstellung fixiert oder gar steif sein.

Die Fehlstellung ist so typisch, dass meist ein Blick darauf genügt, um die Diagnose zu stellen. Bei der Untersuchung werden die Beweglichkeit und die Flexibilität des Großzehengrundgelenks geprüft. Eine Röntgenuntersuchung des Fußes ist wichtig. Auf den Röntgenbildern kann genau beurteilt werden, wie weit die Fehlstellung fortgeschritten ist und ob bereits eine Arthrose im Großzehengrundgelenk vorliegt.

So wird ein Hallux valgus behandelt

Immer wieder taucht die Frage auf, ob Schienen die Großzehe wieder in die natürliche Position zurückbringen können. Die starren Kunststoffschienen werden vor allem als Nachtlagerungsschiene verwendet, wohingegen Bandagen und Zehenspreizer auch gut tagsüber im Schuh getragen werden können. Einlagen unterstützen das Längsgewölbe des Fußes und entlasten den Vorfuß. Hiermit lässt sich die Spreizfußdeformität mildern.

Ist der Großzehenballen allerdings schon stark verbreitert, verschwindet er durch das Tragen der Einlagen natürlich nicht. Wenn sich die Großzehe bereits stark verformt hat, bereitet der Hallux valgus oftmals permanent Schmerzen. Meist muss dann eine Operation in Erwägung gezogen werden.

Es existieren viele verschiedene Operationsverfahren. Durch den Eingriff wird der Knochenvorsprung am ersten Mittelfußköpfchen entfernt. Der Verlauf der Sehnen, Muskeln und Bänder wird normalisiert und die Großzehe wird durch eine Knochenverschiebung begradigt. Nach dem Eingriff muss meist für einige Wochen ein Spezialschuh getragen werden, der den operierten Fuß schützt und Gehhilfen zur Entlastung des Fußes verwendet werden.

Welche OP-Methode sinnvoll ist, muss bei jedem Patienten individuell entschieden werden. Dies hängt von den Untersuchungsbefunden ab und davon, wie stark der Hallux valgus ausgeprägt ist und ob bereits ein Gelenkverschleiß vorliegt.

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