Artikel 15/07/2025

Die DNA-Mikrobiomanalyse: Schlüssel zur unsichtbaren Welt im Darm

Anne Wanitschek Heilpraktikerin
Anne Wanitschek
Heilpraktikerin

Der menschliche Darm beherbergt ein hochkomplexes Ökosystem aus Billionen von Mikroorganismen – das sogenannte Mikrobiom (früher oft Darmflora genannt). Diese unsichtbaren Untermieter sind ein entscheidender Faktor für unser Wohlergehen und unsere Gesundheit. Immer mehr Studien zeigen, dass eine Störung des Darmmikrobioms Krankheiten unterstützen oder hervorrufen kann. Mit einer Darmsanierung kann ein gestörtes Darmmikrobiom saniert werden. Dieses ist besonders dann erfolgreich, wenn sie individuell auf die persönliche Zusammensetzung des Darmmikrobioms abgestimmt ist. (1)

Eine besonders präzise Methode, um die Vielfalt und Funktion des mikrobiellen Universums zu entschlüsseln, ist die DNA-Mikrobiomanalyse. Hierbei handelt es sich um ein modernes diagnostisches Verfahren, das die genetische Information der Mikroorganismen mittels einer Stuhlprobe analysiert. Anders als bei älteren kulturbasierten Methoden ist die DNA-Analyse in der Lage, auch solche Keime zu erfassen, die unter Laborbedingungen nicht oder nur schwer kultivierbar sind. Dazu gehören etwa anaerobe Bakterien, die einen Großteil unseres Darmmikrobioms ausmachen und für viele Stoffwechselprozesse essenziell sind. Die DNA-Mikrobiomanalyse liefert dadurch wichtige und aussagekräftige Hinweise für eine erfolgreiche Darmsanierung.

Schematische Darstellung des menschlichen Verdauungstrakts

Wie funktioniert die DNA-Mikrobiomanalyse?

Für die DNA-Mikrobiomanalyse benötigt man eine Stuhlprobe. Aus dieser wird im Labor die DNA sämtlicher enthaltenen Mikroorganismen gewonnen. Anschließend erfolgt die sogenannte Sequenzierung: Hierbei werden die
DNA-Stränge in ihre molekularen Bestandteile zerlegt und anschließend digital ausgelesen. Nach der Sequenzierung beginnt die eigentliche „Übersetzungsarbeit“. Die DNA-Daten werden ausgewertet, den jeweiligen Mikroben zugeordnet und in Bezug auf ihre Häufigkeit, Diversität und potenzielle Funktion analysiert.

Welche Informationen liefert die DNA-Mikrobiomanalyse?

Das Ergebnis einer DNA-Mikrobiomanalyse bietet einen detaillierten Einblick in die mikrobielle Zusammensetzung des Darms. Besonders aufschlussreich ist dabei die Diversität, also die Vielfalt an Mikroorganismen. Eine hohe Diversität ist günstig: Sie gilt als Zeichen für ein gesundes, widerstandsfähiges Mikrobioms, das sich positiv auf Wohlbefinden und Gesundheit des Wirtes auswirkt. Eine geringe Vielfalt geht oft mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen, Stoffwechselproblemen, Verdauuungsproblemen oder Reizdarmsyndrom einher. Auch das Verhältnis bestimmter Bakteriengruppen zueinander kann Aufschluss geben: Besonders wichtig ist hierbei das Verhältnis von Firmicutes zu Bacteroidetes, zweier großer Bakteriengruppen. Studien deuten darauf hin, dass eine Verschiebung in Richtung Firmicutes zum Beispiel mit Übergewicht korrelieren kann. (2) Zudem wird der sogenannte
Enterotyp bestimmt – ein individueller Mikrobiom-Typ, der Rückschlüsse auf Ernährungsgewohnheiten oder Stoffwechselprozesse zulässt. In erweiterten Analysen können auch Hinweise auf die mikrobielle Produktion bestimmter Stoffwechselprodukte gewonnen werden. Dazu gehören beispielsweise kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, die eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung der Darmzellen und der Regulation von
Entzündungen spielen. Ebenso können Hinweise auf eine erhöhte Bildung von Gasen wie Methan oder Schwefelwasserstoff auftreten – potenzielle Ursachen für Blähungen, Völlegefühl oder Reizdarmbeschwerden.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Eine DNA-Mikrobiomanalyse liefert wertvolle Hinweise hinsichtlich:

  • Der Diversität des Mikrobioms,
  • möglichen Dysbiose (also Fehlbesiedlung des Darms),
  • des Verhältnisses bestimmter Bakteriengruppen (wie Firmicutes-Bacteroidetes-Ratio),
  • Enterotyps,
  • Stoffwechselaktivität des Darmmikrobioms oder
  • Entzündungsprozessen im Darm.

Warum ist die DNA-Mikrobiomanalyse medizinisch relevant?

Gerade bei chronischen oder diffusen gastrointestinalen Beschwerden, für die sich keine klare Ursache finden lässt, liefert die DNA-Mikrobiomanalyse oft wertvolle Hinweise. Sie kann beispielsweise auf eine Dysbiose hinweisen, bei der das Gleichgewicht der Mikroorganismen gestört ist. Das kann bei Erkrankung wie zum Beispiel dem Reizdarm-Syndrom ein wichtiger Schritt sein. (3) In solchen Fällen lässt sich die Therapie gezielter gestalten: etwa durch die Gabe spezifischer Probiotika, eine FODMAP-arme Ernährung oder die gezielte Förderung schützender Bakterienarten mit präbiotischen Stoffen.

Grenzen und Herausforderungen

Trotz ihres Potenzials ist die DNA-Mikrobiomanalyse kein Allheilmittel. Noch immer fehlt eine klare Definition dafür, was ein „gesundes Mikrobiom“ eigentlich ist – zu unterschiedlich sind die individuellen Profile, die stark durch Ernährung, Genetik, Medikamente und Umweltfaktoren beeinflusst werden. Auch ist nicht immer klar, ob eine auffällige mikrobielle Zusammensetzung tatsächlich die Ursache für Beschwerden ist oder lediglich ein Begleitphänomen darstellt. (4) Hinzu kommt, dass die Auswertung und Interpretation der Daten hohe Anforderungen an Technik und Fachwissen stellt. Auch wenn die Labore heute eine orientierende Auswertung der DNA-Mikrobiomanalyse anbieten: Deren medizinische Relevanz sollte in einer dafür spezialisierten Praxis (Ärzte oder Heilpraktiker) besprochen werden. Dort kann genau bestimmt werden, welche Ergebnisse für die jeweilige persönliche Situation wie Ernährungsgewohnheiten oder Erkrankungen relevant sind. Auch sind die von Laboren oft mit dem Befund verbundenen Therapievorschläge mit Vorsicht zu genießen und sollten durch Fachpersonal validiert werden: Es handelt sich hierbei lediglich um pauschale Vorschläge, die erstellt worden sind, ohne die ganze Krankheitsgeschichte eines Menschen zu kennen. Bestimmte generelle und gut gemeinte Empfehlungen können zum Beispiel auch sich negativ auswirken: Besteht zum Beispiel bei einem Patienten neben einer Dysbiose des Dickdarms auch eine Fehlbesiedlung des Dünndarms (SIBO), kann eine pauschale Gabe von diversen
Probiotika-Stämmen zwar die Dysbiose im Darm beheben, aber die Beschwerden durch die Fehlbesiedlung des Dünndarms verstärken.

Fazit

Die DNA-Mikrobiomanalyse ist ein neues, faszinierendes und präzises Werkzeug zur Bestimmun des menschlichen Mikrobioms. Sie ermöglicht nicht nur die Identifikation der Zusammensetzung, sondern liefert wertvolle
Hinweise auf deren Funktion und Einfluss auf unsere Gesundheit. Richtig eingesetzt, kann sie dabei helfen, chronische Beschwerden besser zu verstehen und gezielt zu behandeln. Wichtig: Die Interpretation der Ergebnisse einer DNA-Mikrobiomanalyse verlangt Augenmaß und Kontextwissen.


Quellen:

(1) Weiss GA, Hennet T. Mechanisms and consequences of intestinal dysbiosis. Cell Mol Life Sci. 2017 Aug;74(16):2959-2977

(2) Magne F, Gotteland M, Gauthier L, Zazueta A, Pesoa S, Navarrete P, Balamurugan R. The Firmicutes/Bacteroidetes Ratio: A Relevant Marker of Gut Dysbiosis in Obese Patients? Nutrients. 2020 May 19;12(5):1474

(3) Hillestad, E. M. R., van der Meeren, A., Nagaraja, B. H., Bjørsvik, B. R., Haleem, N., Benitez-Paez, A., Sanz, Y., Hausken, T., Lied, G. A., Lundervold, A., & Berentsen, B. (2022). Gut bless you: The microbiota-gut-brain axis in irritable bowel syndrome. World journal of gastroenterology, 28(4), 412–431

(4) Tomasello G, Mazzola M, Leone A, Sinagra E, Zummo G, Farina F, Damiani P, Cappello F, Gerges Geagea A, Jurjus A, Bou Assi T, Messina M, Carini F. Nutrition, oxidative stress and intestinal dysbiosis: Influence of diet on gut microbiota in inflammatory bowel diseases. Biomed Pap Med Fac Univ Palacky Olomouc Czech Repub. 2016 Dec;160(4):461-466

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