Artikel 17/10/2014

Tröpfchen für Tröpfchen Gefahr

null Dirk Müller-Liebenau Kinder- und Jugendarzt
null Dirk Müller-Liebenau
Kinder- und Jugendarzt
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Es ist der Albtraum aller Eltern: die Hirnhautentzündung. Als typisches Zeichen einer Hirnhautentzündung folgt die Nackensteifigkeit, welche dann das sogenannte Kissenbohren mit einem überstreckten Hohlkreuz mit sich zieht. Im Vorfeld kommt es zu Abgeschlagenheit, Muskel- und Gelenkschmerzen, Erbrechen sowie hohem Fieber bis zu Schüttelfrost. Bei Säuglingen ist die Erkrankung durch Fieber, Apathie oder Unruhe, sowie häufig Berührungsempfindlichkeit und Nahrungsverweigerung gekennzeichnet.

Panik ereilt viele Eltern, denn die Meningitis kann zwar leichte Verläufe verbuchen, ähnlich die einer leichten Erkältung, sie kann jedoch auch – trotz Behandlung - innerhalb weniger Stunden zum Tode führen. Dies ist bei jedem 10. Patienten der Fall. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Bakterien eine Sepsis hervorrufen. Spätfolgen können einen Hörverlust sowie chronische Krampfleiden sein.

Eher unbekannt ist, dass verschiedene Bakterienstämme der Meningokokken existieren. Die gängigsten in Deutschland sind die Gruppen B und C. 500 bis 600 Menschen erkranken jedes Jahr an Meningokokken, wobei die Anzahl des Typus C deutlich rückläufig ist.

Besteht der Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung, macht der Arzt einen Rachenabstrich. Wenn der Test auf die gramnegativen Diplokokken positiv ausfällt, besteht ein begründeter Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung. Dann bekommt der Patient sofort ein Antibiotikum und wird ins Krankenhaus eingewiesen. Dort wird dem Patienten Nervenwasser und/oder Blut abgenommen, um daraus Kulturen des Erregers zu züchten, die leichter zu identifizieren sind.

Umstrittene Vorsorge
Ein zweischneidiges Schwert ist die Vorsorge, sprich Impfung. Seit Jahren existiert gegen den Typus C, der etwa 25% der Meningokokken-Infektionen auslöst, ein Impfstoff. Etabliert hat sich der 4-valente Konjugatimpfstoff. Dieser führt zu einem länger anhaltenden Immunschutz und verringert die Besiedelung des Nasen-Rachen-Raumes.

Ein Großteil der Erkrankungsfälle, nämlich 70%, werden jedoch durch den Serotyp B verursacht. Nun hat ein Meningokokken-B-Impfstoff die Zulassung von der europäischen Zulassungsbehörde (EMA) erhalten. Eine Impfempfehlung liegt jedoch nach wie vor nicht für alle Bundesländer vor.

Für den neuen Mehrkomponenten-Impfstoff gegen Meningokokken B wurden vier verschiedene Antigen-Komponenten ausgewählt, die für das Überleben, die Funktionsfähigkeit und Infektiosität der Bakterien wichtig sind - und zwar für die meisten der weltweit verbreiteten B-Stämme. Doch der Schutz ist noch nicht abgesichert. Die Studien zeigten eine Antikörperbildung bei 84 – 100% der Geimpften. Wie lange der Antikörperspiegel vorhält, ist noch nicht ganz abgeklärt. Wahrscheinlich muss nach einigen Jahren – im Gegensatz zu der lebenslangen C-Impfung – nachgeimpft werden. Nichtsdestotrotz raten viele Experten zu einer Impfung – auch bei Säuglingen -, da die Krankheit sehr gefährlich verlaufen kann.

Der neue Mehrkomponenten-Impfstoff gegen Meningokokken B kann bei Säuglingen und Kleinkindern entweder zeitgleich mit anderen routinemäßig verabreichten Impfstoffen oder im Rahmen eines flexiblen Impfplans einzeln gegeben werden. Je nach Alter sind bei Beginn der Impfserie 2 bis 4 Impfdosen notwendig.

Dies ist gleichzeitig ein Problem, da es sich in dieser Zeit um eine Sechsfach-, die Pneumokokken- und die Schluckimpfung gegen Rotaviren handelt. Dadurch kommt es zu vermehrten Impfreaktionen, insbesondere Fieber. Als sehr unangenehm werden häufig starke Schmerzen an der Einstichstelle beschrieben. Beunruhigender sind mehrere Fallberichte einer Gefäßentzündung, des sogenannten Kawasaki-Syndroms, welches auch die Herzkranzgefäße betreffen können.

Intensiver Austausch
Rund 10% der Gesamtbevölkerung in Deutschland tragen Meningokokken in sich, ohne daran zu erkranken. Trotzdem können sie die Erreger zum Beispiel beim Niesen, Küssen oder dem gemeinsamen Gebrauch von Gläsern an Dritte weiter geben. Am häufigsten findet man solche passiven Träger unter Jugendlichen - hier beträgt die Rate über 20%. Mehr als jeder fünfte Jugendliche kann somit die Erreger per Tröpfcheninfektion weitergeben. Eine Ansteckung ist damit quasi jederzeit und überall möglich.Begünstigt wird dies durch:

  • Klimatische Bedingungen (z.B. niedrige Luftfeuchtigkeit, sodass die Schleimhäute eher austrocknen), beengte Wohnverhältnisse oder passives Rauchen.
  • Ein schwaches Immunsystem. Dies ist im Winter durch Grippe und Erkältungen häufiger gegeben.

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