Artikel 04/06/2017

Wenn Speiseröhrenkrampfadern platzen: Ursachen, Symptome und Therapien

Team jameda
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Speiseröhrenkrampfadern (Ösophagusvarizen) sind dauerhaft erweiterte Venen in der Speiseröhre. Sie liegen relativ ungeschützt unterhalb der Schleimhaut und können daher leicht einreißen. Geplatzte Speiseröhrenvarizen sind wegen des hohen Blutverlustes lebensgefährlich und müssen umgehend medizinisch behandelt werden. Um ein erneutes Auftreten zu verhindern, wird eine Blutungs- oder Rezidivprophylaxe durchgeführt.

Venen unter Druck

Ösophagusvarizen bilden sich im unteren Teil der Speiseröhre. Sie können sich bis in den oberen Teil des Magens, die Magenkuppel, hinziehen (Ösophagus-Fundus-Varizen). Die erweiterten Venen sind geschlängelt und ballen sich zu Knäulen zusammen. Sie sind sehr dünnwandig, so dass sie leicht bluten. Hier genügt z. B. schon eine Druckerhöhung innerhalb der Venen durch Husten, Pressen, Heben von schweren Lasten oder Erbrechen.

Ausgelöst wird der Blutstau in den Venen durch einen Pfortaderhochdruck (portale Hypertension). Dabei ist der Blutdruck in der Verbindungsvene von Eingeweideorganen zur Leber erhöht.

Lebererkrankungen als Ursache Nr. 1

Normalerweise sammelt die Leberpfortader nährstoffreiches, sauerstoffarmes Blut aus den Verdauungsorganen und führt es der Leber zu, ohne dass es zu Stauungen kommt. Ist die Leber jedoch erkrankt, kann sie das Blut nur eingeschränkt aufnehmen. Unter Umgehung der großen Hauptader fließt das Blut nun über kleinere Venen aus dem Verdauungstrakt ab, z. B. über die Venen in der Speiseröhre.

Ursache Nr. 1 für einen Pfortaderhochdruck ist eine Leberzirrhose, bei der die Leber durch vermehrtes Bindegewebe verhärtet. Neben Alkoholmissbrauch sind chronische Leberentzündungen durch Viren und Stoffwechselerkrankungen typische Ursachen für Leberzirrhosen. Schuld an einem Überdruck in der Leberpfortader können auch Thrombosen oder durch einen Tumor eingeengte Lebergefäße sowie Herzinsuffizienz sein.

Symptome bei Krampfadern in der Speiseröhre

Die Speiseröhrenkrampfadern selbst verursachen zunächst keine Symptome. Selbst kleine Verletzungen, bei denen geringe Mengen Blut verloren gehen, bemerken die Betroffenen oft nicht. Manchmal findet sich Blut im Speichel.

Anzeichen für einen chronischen Blutverlust, der zu Blutarmut (Anämie) führt, sind Müdigkeit, Erschöpfung, Blässe und Kurzatmigkeit. Druck- und Völlegefühl im Oberbauch durch Lebereinschränkungen können auftreten. Werden größere Mengen Blut über den Verdauungstrakt ausgeschieden, ist der Stuhl schwarz gefärbt (Teerstuhl, Melaena).

Geplatzte Speiseröhrenvarizen führen zu starken Blutungen, schwallartigem Erbrechen von frischem Blut und schwarzem Mageninhalt (Kaffeesatzerbrechen) sowie schwarz gefärbten Durchfällen. Die schwarze Farbe entsteht durch Blut, das mit Magensäure in Kontakt gekommen ist.

Der hohe Blutverlust ist lebensbedrohlich und mündet rasch in einem Kreislaufschock. Erste Anzeichen sind Blässe, Schwäche und Blutdruckabfall. Das Herz schlägt sehr schnell, um den Kreislauf aufrechtzuerhalten. Schließlich wird der Patient bewusstlos. Organversagen und Herzstillstand drohen.

Verkürzte Lebenserwartung

Von allen Patienten mit Speiseröhrenvarizen erleidet jeder dritte Varizenblutungen. Bei Leberzirrhose stellen die Speiseröhrenkrampfadern sogar die häufigste Komplikation dar. Ist die Lebenserwartung durch die eingeschränkte Lebertätigkeit sowieso schon deutlich gesenkt, verkürzt sie sich bei Ösophagusvarizenblutungen nochmals. Trotz blutstillender Behandlung sterben 20-30 % der Patienten an den aufgeplatzten Krampfadern. Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Varizenblutung nach überstandener erster ist mit 70 % sehr hoch.

So werden Ösophagusvarizen festgestellt

Speiseröhrenvarizen können über eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie nachgewiesen werden. Diese Spiegelung von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm wird endoskopisch durchgeführt. Dabei wird ein dünner Schlauch mit Licht und Kamera durch den Mund des Patienten in die Speiseröhre eingeführt und bis in den Zwölffingerdarm vorgeschoben. So lassen sich neben Krampfadern und Blutungen auch Geschwüre in Magen und Zwölffingerdarm erkennen.

Speiseröhrenvarizen werden nach dem Schweregrad in vier Stadien eingeteilt. Stadium I kennzeichnen erweiterte Venen, die wieder glatt werden, wenn Luft in die Speiseröhre kommt. Im Stadium II bleiben die erhabenen Venen trotz Luftzuführung bestehen.

Im Stadium III und IV nehmen Zahl und Größe der Varizen und die Einengung der Speiseröhre zu. Es sind rote Flecken und Streifen als Zeichen einer Schleimhautschädigung zu sehen.

Auch Blutuntersuchungen gehören zur Diagnostik. Hier wird der Grad des Blutverlustes beispielsweise über Werte von Hämoglobin, Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten ermittelt. Eine veränderte Blutgerinnung gibt Hinweise auf eine Störung der Leber, die den Großteil der Gerinnungsfaktoren produziert. Auch Infektionen der Leber mit Hepatitis-Viren lassen sich über Blutuntersuchungen feststellen.

Therapie der akuten Blutung

Starke Blutungen aus Speiseröhrenkrampfadern sind lebensbedrohlich, dabei müssen Kreislauf und Atmung des Patienten stabilisiert und die Blutungen schnell gestoppt werden. Die Blutstillung kann durch eine endoskopische Verödung, eine Ligatur (Abschnürung) oder über eine Ballonsonde geschehen.

Um den Hochdruck in der Pfortader zu senken, werden die stark gefäßerweiternden Substanzen Vasopressin und Terlipressin eingesetzt sowie das Hormon Somatostatin oder sein Abkömmling Ocreotid. In einigen Fällen muss auch ein Shunt gelegt werden, eine Umleitung des Blutes aus dem Verdauungstrakt in die untere Hohlvene.

Bei hohem Blutverlust erhält der Patient Blut- und Flüssigkeitsersatz, Gerinnungsfaktoren und gegebenenfalls Antibiotika, um eine Blutvergiftung zu verhindern.

Blutungs- und Rezidivprophylaxe

Um weitere Blutungen zu verhindern, müssen Grunderkrankungen behandelt werden. Medikamente senken den Blutdruck in der Leberpfortader.

Lokal in der Speiseröhre können Varizen durch verschiedene Maßnahmen entfernt bzw. bei Blutung repariert werden. Auch auf eine angepasste Ernährung ist zu achten.

Verödung, Ligatur, Ballonsonde


Zur Verödung (Skerosierung) spritzt der Arzt über das Endoskop eine gewebereizende Flüssigkeit wie Polidocanol in die erweiterten Venen ein. Die Krampfadern entzünden sich, mit der Abheilung vernarbt das Gewebe und schließt die erweiterten Venen. Auch Gewebekleber kann zum Verschließen von Varizen eingesetzt werden.

Die Ligatur beseitigt die Speiseröhrenvarizen durch Abbinden. Dabei wird endoskopisch ein Gummiband über die Krampfader gestülpt. Sie wird abgeschnürt, schrumpft und fällt nach einigen Tagen ab.

Eine Ballonsonde dient zur Stillung starker Blutungen. Dazu wird ein schlauchförmiger Ballon in die Speiseröhre eingeführt und mit Luft gefüllt. Der aufgeblasene Ballon stoppt durch Druck auf die Venen die Blutung. Diese Methode wird ebenfalls eingesetzt, wenn eine Krampfader im Magen geplatzt ist. Hier presst sich ein größerer Ballon in die Magenkuppel, um Fundus-Varizen zu stabilisieren.

Shunt

Im Fall von Ösophagusvarizen leitet ein Shunt einen Teil des Blutes, das aus dem Verdauungstrakt Richtung Leber fließt, aus der Leberpfortader in die untere Hohlvene um. Dadurch senkt sich der Druck auf die Pfortader sowie die erweiterten Venen in der Speiseröhre. Ein Shunt wird in einer Operation eingesetzt und bei unstillbaren oder immer wiederkehrenden Ösophagusvarizen angewandt.

Medikamente zur Senkung des Pfortaderhochdrucks

Um Blutungen vorzubeugen, werden Medikamente gegeben, die den Blutdruck in der Pfortader senken. Dadurch nimmt auch der Druck auf die Venen in der Speiseröhre ab, so dass sich die Krampfadern zurückbilden. Das Mittel der Wahl für diese Therapie sind Betablocker wie Propranolol. Auch andere Wirkstoffe wie Nitrate, Clonidin, ACE-Hemmer, Sartane und Spironolacton werden eingesetzt.

Ernährung bei Speiseröhrenvarizen

Um Verletzungen der Speiseröhrenvarizen zu vermeiden, sollten Betroffene weiche Lebensmittel bevorzugen und jeden Bissen gut kauen und einspeicheln. Tabu sind Brotkrusten, Knäckebrot, harte Rohkost, körnige Nahrungsmittel wie grobes Vollkornbrot, Him- und Brombeeren sowie scharfkantige Speisen, z. B. Chips und kross Angebratenes. Auch sehr scharfe, saure, heiße und kalte Speisen sollten gemieden werden.

Man bevorzugt fünf kleine Mahlzeiten statt drei große, um den Druck und die Durchblutung des Verdauungstraktes in Maßen zu halten. Liegt eine Leberzirrhose vor, darf kein Alkohol konsumiert werden.

Die Ernährung sollte kalorienreich sein, da eine Leberzirrhose einen erhöhten Energiebedarf nach sich zieht und Betroffene aufgrund von Appetitlosigkeit wenig essen. Ein ausgewogener, vollwertiger Speiseplan beugt einem Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen vor. Eventuell sind Zusatzpräparaten einzunehmen. Auch auf gute Eiweißlieferanten ist zu achten, um einen Muskelabbau zu verhindern. Gut verträglich und vom Körper gut verwertbar sind hier Milchprodukte.

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