Artikel 11/09/2012

Focusing: Achtsamkeit und Aha-Erlebnis

Team jameda
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Kaum ein Medium in der heutigen Zeit, das sich nicht dem Wort \‘Achtsamkeit\’ bedient. Aber was ist Achtsamkeit? Wie kann jemand achtsam sein, sich selbst gegenüber, seinen Mitmenschen beziehungsweise seiner Umwelt? Was hat Achtsamkeit mit Psychotherapie und Coaching zu tun? Kann Achtsamkeit neue Lösungsschritte für zum Beispiel festgefahrene Situationen aufzeigen und helfen, Heilungsschritte zu entfalten?
Anhand eines achtsamkeitsorientierten Verfahrens, dem Focusing nach Eugene T. Gendlin, soll dies näher erläutert werden.

Eugene Gendlin, der Gründer von Focusing, hat Focusing einmal wie folgt beschrieben: \‘Focusing nenne ich die Zeit, in der man mit etwas ist, das man körperlich spürt, ohne schon zu wissen, was es ist. Was man aber weiß, ist, dass dieses körperliche Gefühl mit irgendetwas im Leben zu tun hat. Auf dieses Gefühl, das ich im Körper spüre, ohne zu wissen, was es genau ist, lenke ich meine Aufmerksamkeit. Diese Zeit nenne ich Focusing.\’

Im Rahmen vieler Studien hat Gendlin, der sehr eng mit dem Gründer der klientenzentrierten Beratung beziehungsweise Gesprächstherapie Carl R. Rogers zusammengearbeitet hat, herausgefunden, dass Menschen, die erfolgreich mit schwierigen Lebenssituationen beziehungsweise -krisen umgehen, eine andere Art der Selbstwahrnehmung haben. Darauf hat er ein Verfahren entwickelt, um es Menschen beibringen zu können: als Hilfe zur Selbsthilfe.

Aufmerksam der Stimme des Körpers folgen

Focusing hat sehr viel mit dem körperlichen Erleben und Empfindungen zu tun. Prägend dafür ist es, wie die Aufmerksamkeit beziehungsweise der Fokus auf das Erfahren der körperlichen Ebene gerichtet ist, während die Problematik angegangen und bearbeitet werden kann.

Focusing bedeutet, den Körper vor die Sprache zu stellen, sich auf das achtsam einzulassen, was sich in Bezug auf eine Situation im Gesamten zeigen darf. Dafür wird der Fokus - daher auch der Name \‘Focusing\’ - in der Regel auf den Brust- und Bauchraum gerichtet. Der Klient wartet während des Prozesses in achtsamer Bezugnahme auf ein Gefühl, den sogenannten \‘felt sense\’. Dieser stellt sozusagen das körperliche Gesamtgefühl, die Überschrift für das im Hier und Jetzt Erlebte dar. Es kann sich in Sprache, Gefühlen und Symbolen zeigen.

Im weiteren Verlauf kann der Klient in unmittelbare Beziehung zum \‘felt-sense\’ gehen: Schritt für Schritt wird es ihm bewusst, was dieses Gefühl ist. Die Entfaltung des Bezugnehmens mit einer treffenden Symbolisierung durch den Klienten zum Beispiel mit einen Begriff, einem Bild oder Gefühl wird dann als spürbare Reduzierung von Spannung erlebt; dies wird als \‘felt-shift\’ bezeichnet.

Aha-Erlebnis

Das Zentrale an Focusing ist, dass der Klient lernt und erfährt, in Begleitung mit dem Therapeuten ein Gleichgewicht zwischen seinem inneren Erleben herzustellen, aber auch aufrechtzuerhalten. Um von dort aus neue Perspektiven und Informationen zu bekommen, die einen erfolgreichen Veränderungsprozess unterstützen. Es ist so, als ob man die \‘Bühne des Lebens\’ von einer anderen Seite her beleuchtet und damit Licht auf Stellen - im übertragenen Sinne auch Potenziale und Stärken - wirft, die bisher unentdeckt waren. Wichtig dabei ist, dass der Therapeut dem Klienten nicht sagt, was der dazu meint, sondern dass der Klient selbst ein tiefgreifendes \‘Aha-Erlebnis\’ hat und dadurch Lösungsschritte und Handlungsoptionen aufgezeigt bekommt.

Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass die Neurobiologie solche Prozesse als  \‘background emotions\’ bezeichnet und auch biologisch nachweisen kann. In zahlreichen Studien hat der sehr bekannte Neurowissenschaftler António R. Damásio herausgefunden, dass Denken ohne Gefühle beziehungsweise Emotionen nicht vorstellbar ist, und deren Zusammenspiel nicht ohne Signale des Körpers.

Focusing als Verfahren für eine Zeit im Wandel

Focusing kann als eigenständiges Verfahren in der Psychotherapie oder dem Coaching angesehen werden, auch bedienen sich mittlerweile viele andere Methoden dem Focusing. Zum Beispiel hat Peter Levine Ansätze des Focusing in seine Traumatherapie einfließen lassen. Im Biofeedback wird Focusing als Ergänzung angewendet, um auch hier kreative Prozesse auszulösen. Es dient als eine Art von \‘Erster Hilfe\’ in Belastungssituationen und kann nach gewisser Zeit auch als Hilfe zur Selbsthilfe in unklaren, schwierigen Lebenssituationen eingesetzt werden.

Abschliessend noch die Definition von Achtsamkeit von Jiddu Krishnamurti: \‘Achtsamkeit ist ein aufmerksames Beobachten, ein Gewahrsein, das völlig frei von Motiven oder Wünschen ist, ein Beobachten ohne jegliche Interpretation oder Verzerrung.\’

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