Kein Therapieplatz? Was Sie jetzt tun können

Wer die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz verkürzen möchte, sollte bei Privatpraxen nachfragen (© fotolia - mkrberlin)

Menschen mit psychischen Erkrankungen benötigen meist schnell Hilfe, da sich die Symptome oft verstärken, wenn sie nicht behandelt werden. Dem stehen die langen Wartezeiten in vielen Regionen gegenüber. 

Es gibt genügend gut ausgebildete Psychotherapeuten, nur bekommen sie keine Kassenzulassung. In einigen Gegenden sprechen die Kassenärztlichen Vereinigungen gar von einer "Überversorgung" mit Psychotherapeuten. Das widerspricht leider völlig der Praxis. 

Wenn Sie vergeblich versucht haben, einen Behandlungsplatz bei einem kassenzugelassenen Therapeuten zu bekommen, dann kommt für Sie das Kostenerstattungsverfahren in Frage. Ihre Krankenkasse ist verpflichtet, Sie mit einer notwendigen medizinischen Behandlung zu versorgen. Wenn das bei einem Kassen-Therapeuten nicht möglich ist, muss die Krankenkasse für diese Leistung eine Privatrechnung akzeptieren (SGB V § 13 Abs. 3). Es ist allerdings sinnvoll, sich das zuvor schriftlich von der Kasse bestätigen zu lassen.

Diese vier Schritte sollten Sie gehen

Schritt 1: Termin in einer Psychotherapeutischen Sprechstunde wahrnehmen

Alle kassenzugelassenen Psychotherapeuten müssen kurzfristig Termine für ein einmaliges Gespräch über 50 Minuten bereitstellen. Bei dieser Psychotherapeutischen Sprechstunde wird die Behandlungsnotwendigkeit geklärt. Außerdem erhalten Sie auf einem Formblatt eine Empfehlung, ob und welche Therapie Sie benötigen. Wenn dabei festgestellt wird, dass die Behandlung „notwendig und unaufschiebbar“ ist, brauchen Sie schnell Hilfe.


Schritt 2: Suche nach einem Platz bei kassenzugelassenen Therapeuten

Sie fragen nun bei kassenzugelassenen Therapeuten nach einem Behandlungsplatz. Dokumentieren Sie die Anfragen in einer Telefonliste mit Datum und Antwort. Wenn Sie in Ihrer Region keinen Platz finden, also mindestens fünf Absagen bekommen haben, können Sie sich an eine Privatpraxis wenden.


Schritt 3: Privatpraxis stellt Bescheinigung zum sofortigen Behandlungsbeginn aus

Die Privatpraxis gibt Ihnen ein Schreiben, dass die Behandlung sofort beginnen kann.


Schritt 4: Antrag auf Kostenerstattung 

Sie stellen einen „Antrag auf ambulante Psychotherapie und Kostenerstattung nach § 13 Absatz 3 SGB V“. Diesem Antrag fügen Sie bitte die Unterlagen aus den Schritten 1-3 bei.

Vielen Patienten fällt dieser Aufwand schwer. Vielleicht können Sie sich von Ihrem Partner oder von Freunden helfen lassen. Manche Privatpraxen unterstützen Sie auch beim Antragsverfahren. 

Die Therapie selbst läuft nach der Zusage der Krankenkasse über die Erstattung der Kosten genauso ab wie eine "normale" Therapie, da Ihr Therapeut ja die gleiche Ausbildung hat wie die Therapeuten mit Kassenzulassung. 

Weitere Informationen erhalten Sie in einem Merkblatt der Bundespsychotherapeutenkammer.

Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose, und ersetzt den Arztbesuch nicht. Er spiegelt die Meinung des Autors und nicht zwangsläufig die der jameda GmbH wider.

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Kommentare (10)

V.D., 10.03.2022 - 07:12 Uhr

Über den Terminvermittlungsservice der TK habe ich für keinem Facharzt und Psychotherapeuten einen zeitnahen Termin bekommen. Ich habe dann mit viel Zeitinvest selber Termine recherchiert.

Antwort von Dr. Reinhard Vorwerg, verfasst am 10.03.2022

Sie sollten sich an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes wenden. Diese hat eine Versorgungspflicht.

Nick, 18.02.2022 - 23:13 Uhr

Das ist doch ein drehen im Kreis, ich suche jetzt seit mehreren Monaten einen Platz bei einem Therapeuten für eine vom MDK in den Begutachtungsrichtlinien festgelegte (Zwangs)Therapie und selbst die Privaten haben kaum Kapazitäten mehr frei oder wollen sich mit bestimmten Problemen auch gar nicht auseinandersetzen, so hängt man in den Seilen und kommt keinen Schritt weiter.

Antwort von Dr. Reinhard Vorwerg, verfasst am 21.02.2022

Ja, das ist wirklich ärgerlich! Als gesetzlich Versicherter können Sie sich auch an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes wenden. Die versuchen auch Termine zu vergeben. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Laika, 13.02.2022 - 23:30 Uhr

Mir würde von mehreren Privattherapeuten gesagt, dass das nicht stimmt. Sie wollen Geld auf die Hand und Tschüss.

Antwort von Dr. Reinhard Vorwerg, verfasst am 15.02.2022

Es steht jedem privaten Psychotherapeuten frei, sich am Kostenerstattungsverfahren zu beteiligen oder nicht. Es gibt aber auch viele, die da mitmachen. Meist gibt es Listen bei der Psychotherapeutenkammer Ihres Landes.

B T, 09.01.2022 - 15:27 Uhr

Zählt es auch wenn man sich bei vielen Psychiatern gemeldet hat, nur keine wirkliche Ansage bekommen hat sondern vielmehr Aufschiebungen, das heißt ich stehe noch nicht auf der Warteliste, weil mir gesagt wurde dass es eine hohe Nachfrage gibt und dies bis zu einem Jahr brauchen kann? Hier wurde ja geschrieben man müsste 5 Absagen bekommen haben... ist das auch wirklich erst dann möglich? Ich kämpfe nämlich schon jahrelang mit Depressionen und kann einfach nicht mehr warten, weiß aber nicht was ich noch machen soll um den Vorgang zu beschleunigen

Antwort von Dr. Reinhard Vorwerg, verfasst am 10.01.2022

Wenn Sie angefragt haben (auch telefonisch oder per Mail) und keinen Platz bekommen können, dann ist dies eine "Absage" im Sinne dieser Regelung. Es reicht, wenn Sie eine Telefonliste mit Datum Ihres Anrufes, Name des Therapeuten und der Antwort führen und diese bei der Krankenkasse mit einreichen. Auf keinen Fall dürfen Sie aber "Schritt 1" des Artikels überspringen.

P. B., 03.12.2021 - 18:54 Uhr

Ich weiß nicht ob es hierher gehört doch ich suche dringend eine Antwort.Ich habe tiefenpsychologische Therapie gemacht und meine Stunden mehr als ausgeschöpft. Habe ich das Recht die Therapieform zu ändern?Diese Therapie hat leider nicht besonders viel gebracht und durch viele Traumata situationen kann ich nicht auf Therapie verzichten

Antwort von Dr. Reinhard Vorwerg, verfasst am 04.12.2021

Der Kommentar bezieht sich tatsächlich nicht auf den Artikel, da Sie ja in Therapie sind. Bitte besprechen Sie Ihr Anliegen mit Ihrem (bisherigen) Psychotherapeuten. Alternativ können Sie sich als gesetzlich Versicherte an jeden Psychotherapeuten im Rahmen einer Psychotherapeutischen Sprechstunde wenden. Dort erhalten Sie eine Behandlungsempfehlung.

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