Artikel 14/07/2015

Die Bandscheibenprothese an der Halswirbelsäule

Team jameda
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Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule sind deutlich seltener als an der Lendenwirbelsäule. Wegen der gefährlichen Lage im Bereich des oberen Rückenmarkes werden diese sowohl von Patienten als auch von Ärzten mehr gefürchtet als diejenigen an der Lendenwirbelsäule. Während das Vorgehen zu Diagnosestellung in Form von klinischer Untersuchung und einem MRT oder CT klar definiert ist, ist insbesondere die operative Behandlung mit vielen Mythen und Unsicherheiten behaftet. Dabei hat gerade in diesem Bereich die Wirbelsäulenchirurgie in den letzten Jahren die größten Fortschritte gemacht. Während man früher die Patienten mit einer Platte oder einem Platzhalter versteift hat, ist das heute nicht mehr die Methode erster Wahl. Eine Versteifung führte bei vielen Patienten zu späteren Nackenschmerzen und noch schlimmer zu weiteren Bandscheibenvorfällen an den benachbarten Bandscheiben.

Die Entwicklung der Bandscheibenprothese

Als zur Jahrtausendwende die Bandscheibenprothesen ihren Einzug in die Chirurgie der Halswirbelsäule Einzug gehalten haben, galten diese als große Hoffnungsträger. Viele verschiedene Modelle von unterschiedlichen Herstellern wurden verwendet. Doch wenige Jahre später machte sich Ernüchterung bereit. Die intraoperativen Komplikationen schienen höher zu sein, die Implantation erwies sich als anspruchsvoll. Die Ergebnisse waren nicht das, was man sich versprochen hatte. Viele Operateure haben diese Operationsmethode daraufhin nicht mehr durchgeführt. Rückblickend erwies sich das als Glücksfall für die Methode. Das Feld der Hersteller hatte sich gelichtet, die verbliebenen Firmen haben ihre Hausaufgaben gemacht und die Weiterentwicklung der Implantate deutlich vorangetrieben. Insgesamt haben sich weltweit nur wenige Implantate durchgesetzt.

Wie ist der Stand der Dinge heute?

In den letzten Jahren wurden aufwendige wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Insbesondere haben die ersten Langzeituntersuchungen (5 Jahre und mehr Beobachtungszeit) gezeigt, dass die Implantation von Bandscheibenprothesen an der Halswirbelsäule für den Patienten deutliche Vorteile mit sich bringt und der Implantation von Platzhaltern (so genannter Cage) überlegen ist. Anfang des Jahres erlangte sogar die empfohlene Bandscheibenprothese die Zulassung in den USA und das sogar für eine Implantation bei zwei Bandscheibenvorfällen (also zwei Höhen) gleichzeitig. Die Zulassung auf dem amerikanischen Markt gilt weltweit wegen der dort ausgeprägten haftungsrechtlichen Problematik als ein hohes Qualitätskriterium und eine sehr hohe Hürde, die belastbare Beweismittel für die Wirksamkeit erfordert. Eine Anfang des Jahres veröffentlichte Untersuchung zeigte sogar, dass Patienten mit zwei Bandscheibenprothesen ein besseres Ergebnis haben als mit zwei Platzhaltern. Das ist interessant, da viele Ärzte bis heute zwei Bandscheibenvorfälle als ein Ausschlusskriterium für die Verwendung von Bandscheibenprothesen sehen.

Wie läuft die Operation ab?

Wie viele Bandscheibenprothesen bei einem Patienten möglich sind, ist eine nicht pauschal zu beantwortende Frage. Das hängt vor allem von der so genannten Stellung oder Haltung der Halswirbelsäule ab. Die Kriterien dazu wurden im Vergleich zu den Vorjahren gelockert. Man kann drei, in Ausnahmefällen sogar vier Bandscheibenprothesen bei einem Patienten einsetzen. Die Ergebnisse sind in den meisten Fällen hervorragend. Die Operation an sich stellt für einen geübten Operateur einen Eingriff mit überschaubarem Risiko dar. Damit der Eingriff absolut fehlerfrei und technisch sauber durchgeführt wird, müssen viele Punkte beachtet werden. Bei einer Bandscheibenprothese reichen 99% Leistung nicht aus, es müssen 100% sein.

Bereits am Tag nach der Operation dürfen die Patienten den Kopf normal bewegen, eine Halskrause wird nie getragen. Ziel der Behandlung ist schließlich ein besseres Gefühl als vorher. Die Patienten dürfen aufstehen, sich normal bewegen und in jeder gewünschten Lage liegen. In den ersten 6 Wochen nach der Operation erfolgt körperliche Schonung. Danach eine Rehamaßnahme oder der Wiedereinstieg in den Beruf. Die Patienten mit einer eingewachsenen Prothese sind in jeder Hinsicht voll belastbar. Sie können ihren sportlichen oder beruflichen Interessen wie gewohnt nachgehen.

Was hat der Patient zu beachten?

Eine Bandscheibenprothese an der Halswirbelsäule stellt definitiv eine sinnvolle Alternative dar. Etwa bei 90% der Patienten ist die Operation möglich, es müssen aber bestimmt anatomische Voraussetzungen erfüllt sein. Die Aussage von manchen Ärzten ‘‘die bringen nichts, ich muss ständig welche entfernen’’ gilt nicht und ist unseriös. Ebenso ist die Aussage falsch, es gäbe keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die einen Vorteil zeigen würden. Wenn bei Ihnen eine Prothese implantiert werden soll, wenden Sie sich ausschließlich an einen Spezialisten auf diesem Gebiet. Die Implantation einer Bandscheibenprothese ist sehr anspruchsvoll und muss qualitativ hochwertig durchgeführt werden, sonst droht ein Debakel. Die Entfernung einer falsch eingesetzten Bandscheibenprothese ist stets eine aufwendige und mit Komplikationen behaftete Operation.

Fragen Sie den Operateur, wie viele Prothesen er implantiert, ob er diesbezüglich Referenzen vorweisen kann. Auch wichtig: Wer klärt Sie über die Operation auf, der Operateur oder irgendein Mitarbeiter? Bedenken Sie, hat der Operateur vor der Operation keine Zeit für Sie, wird er es in der Nachsorge oder bei Problemen genauso wenig haben.

Warum raten immer noch viele Ärzte von einer Bandscheibenprothese ab?

Zum einem haben viele die neuen Entwicklungen noch nicht mitbekommen. Zum anderen kostet eine Bandscheibenprothese etwa das Zehnfache eines Platzhalters, was in Zeiten der Pauschalbezahlsystems der Krankenkassen die Prothese wirtschaftlich uninteressant macht. Insbesondere große Kliniken verschließen sich teilweise wegen dem Kostendruck modernen Behandlungsmethoden.

Zuletzt müssen Sie bedenken: Es ist ihr Körper. Der kann nur repariert und nicht gewechselt werden. Ein falsch durchgeführter Eingriff kann nur mühevoll korrigiert werden. Nehmen Sie sich Zeit. Ein OP- Termin innerhalb von wenigen Tagen und die Aussagen, ‘‘sie landen sonst im Rollstuhl’’ sollten Ihnen ein Alarmzeichen sein.

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