Artikel 07/05/2021

Das jameda-Interview: 9 Fragen an Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. Ralf Siegert

Prof. Dr. Dr. Dr. Ralf Siegert Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Mund-Kiefer-Gesichtschirurg, Allergologe
Prof. Dr. Dr. Dr. Ralf Siegert
Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Mund-Kiefer-Gesichtschirurg, Allergologe
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. Ralf Siegert interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Arzt.

jameda: Herr Prof. Ralf Siegert, was hat Sie motiviert, Arzt zu werden, und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?

Herr Prof. Ralf Siegert: Meine Entscheidung und Passion für die plastische Gesichtschirurgie entwickelte sich als junger Student während meiner Nachtwachen in der Nordwestdeutschen Kieferklinik Hamburg. Wir betreuten dort sowohl viele Kinder mit Fehlbildungen des Schädels als auch Unfallopfer. Das war noch vor der Zeit der Anschnallpflicht, der Airbags und der Helmpflicht von Zweiradfahrern.

Als junger Assistent habe ich in den dortigen OPs unzählige Tage und auch Nächte verbracht, um zu lernen, wie Gesichter und Schädel wiederhergestellt oder Fehlbildungen umgeformt werden können. Ich glaube für die Patienten gibt es nichts Wichtigeres als das kompromisslose Streben der Operateure nach höchstmöglicher Präzision. Und ich bin sehr dankbar dafür, chirurgische Lehrer gehabt zu haben, die mir genau diese ‘alte’, aber unglaublich wichtige chirurgische Schule vermitteln konnten.

jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?

Herr Prof. Ralf Siegert: Ich bin auf die plastische Gesichtschirurgie spezialisiert. Mein besonderer Tätigkeitsschwerpunkt ist dabei die komplexe, meist mehrstufige Rekonstruktion fehlender Ohrmuschel, entweder bei angeborenen Fehlformen oder durch Unfall oder Tumor erworbenen Defekten.

Selbstverständlich korrigiere ich auch alle anderen Fehlformen von Ohren (z. B. abstehende Ohrmuscheln), Nasen (z. B. Höcker-Schief-Sattelnasen), Lider (z. B. Schlupflider) oder Altershaut (z. B. durch Facelifting). All diese Eingriffe können einen kaum messbaren Einfluss auf die Lebensqualität und das Selbstwertgefühl der Betroffenen haben.

jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?

Herr Prof. Ralf Siegert: Ja, es sind meine ambitionierten chirurgischen Lehrer, die mich geprägt haben. Zwei von ihnen fühle ich mich besonders zu Dank verpflichtet. Es sind dies Prof. Höltje, ein fantastischer Gesichtschirurg, und Prof. Weerda, Künstler und von vielen als ‘Ohrmuschelpapst’ bezeichnet.

Beide haben mich nicht nur wegen ihrer chirurgischen Fähigkeiten, sondern auch wegen ihres menschlich-empathischen Umgangs mit ihren Patienten und wegen ihres gelebten Verantwortungsgefühls fasziniert und geprägt.

jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?

Herr Prof. Ralf Siegert: Bereits seit längerer Zeit bieten wir unseren vielen überregionalen und internationalen Patienten Beratungen per Video-Chat an. Durch die Reisebeschränkungen während der Pandemie haben diese Konsultation mit Hilfe digitaler Medien erheblich zugenommen. Sie ersparen unseren Patienten viel Zeit und Aufwand.

Gerade für mein Gebiet der plastischen Gesichtschirurgie sind die Übertragungstechniken weltweit qualitativ so hervorragend, dass ich meine Patienten inzwischen fast so gut wie bei einem Besuch vor Ort in meiner Praxisklinik beraten kann.

Ich glaube, dass Video-Chats auch nach der Pandemie ein wichtiges und viel genutztes Kommunikationsmedium in der Patientenberatung bleiben wird.

jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?

Herr Prof. Ralf Siegert: Die größten Herausforderungen sehe ich in der Ausbildung und Förderung des chirurgischen Nachwuchses. Es gibt zunehmend weniger ‘allround’ ausgebildete plastische Gesichtschirurgen. Das hat verschiedene Ursachen und könnte Thema eines ganzen Buches sein. In Kürze:

1. In unserem System werden die großen, breit aufgestellten plastisch-chirurgischen Kliniken kleiner und seltener werden. Unsere Gesundheitsstrategen sprechen von Ambulantisierung und Spezialisierung und übersehen, dass darunter der Blick für die Vielfalt der Techniken und die chirurgische Erfahrung, ohne die es dieser handwerklichen Medizin nicht gut geht, leidet.

2. Unser Kliniksystem fördert keine guten Chirurgen, sondern an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasste Ärzte.

3. Ganz banal: Unsere Jugendlichen basteln nicht mehr so viel. Computer statt Eisenbahnen dominieren die Kinderzimmer. Doch wie soll ein Jugendlicher manuelle Geschicklichkeit, die Basis guter Chirurgie ist, an einer PlayStation erlernen?

Nach Jahrzehnten in verantwortlicher Position an großen Kliniken starte ich daher im kommenden Jahr mit großem Enthusiasmus meine eigene Klinik, in der meine ärztlichen Mitarbeiter und ich plastische Gesichtschirurgie auf höchstmöglichem Niveau weiter anbieten und lehren werden.

jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?

Herr Prof. Ralf Siegert: Ich denke, es sind meine fachliche Kompetenz und jahrzehntelange Erfahrung als Chefarzt einer großen Klinik für Kopf- und Halschirurgie in Verbindung mit einer ehrlichen, empathischen und sehr individuellen Beratung über verschiedene Behandlungsoptionen.

jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?

Herr Prof. Ralf Siegert: Am meisten schätze ich das Vertrauen meiner Patienten über viele Jahre, mitunter Jahrzehnte und manchmal sogar über eine Generation hinweg. Ich freue mich dann besonders, mir zusammen mit ihnen die Ausgangsfotos anzuschauen und zu sehen, was wir geschaffen haben.

jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?

Herr Prof. Ralf Siegert: Es gibt viele Erlebnisse, die mich beeindruckt haben und über die man wirklich mal ein Buch schreiben könnte. Ganz spontan denke ich an das junge Paar, das mir seinen neugeborenen Sohn vorstellte. ‘Wir sind so glücklich über dieses Geschenk,’ sagten sie stolz, ‘und das fehlende Ohr können Sie ja herstellen, so wie Sie es bei mir gemacht haben.’

Und dann erst erkannte ich den Vater des Kindes wieder und er deutete auf seine Ohrmuschel, die ich ihm wegen seiner angeborenen Fehlbildung seinerzeit aufgebaut hatte.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Herr Prof. Ralf Siegert: Minimieren Sie die gesundheitlichen Risiken, die Sie beeinflussen können, und genießen Sie das Leben.

Zur Person

  • Ralf Siegert, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. hc, Arzt für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, plastische Operationen und Schlafmedizin
  • Ausbildung in Deutschland und den USA, hunderte von Vorträgen und Gastoperationen auf vier Kontinenten
  • Hunderte von Veröffentlichungen zur plastisch-rekonstruktiven Gesichtschirurgie
  • Leitende Funktion in großen Kliniken, seit 30 Jahren (leitender Oberarzt Uni Lübeck, Chefarzt am Prosper-Hospital Recklinghausen seit über 20 Jahren)
  • Jetzt tätig in eigener Praxisklinik in Recklinghausen

Zur Praxis

Praxisklinik in Recklinghausen, z. Z. an zwei Standorten (Hohenzollernstr. und Herner Str.). Geplanter Umzug 2022 ins ‘Siegert Medical Center’ (Dorstener Str. 151 in Recklinghausen am Knappschaftskrankenhaus) mit Praxis, OPs und Klinik. Schwerpunkt: plastische Gesichtschirurgie mit ästhetischer, korrektiver und rekonstruktiver Chirurgie

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