
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. med. dent. Stefan Helka interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Oralchirurg.
jameda: Herr Dr. Helka, was hat Sie motiviert, Oralchirurg zu werden?
Dr. Helka: Schon als Schüler habe ich regelmäßig in der Praxis meiner Mutter hospitiert und so meine Begeisterung für die Zahnmedizin entdeckt. Die Kombination aus handwerklicher, wissenschaftlicher und menschenbezogener Arbeit ist in meinen Augen perfekt, um sich selbst zu verwirklichen und Spaß an der Arbeit zu haben. Später, während des Studiums kam dann regelmäßig ein Oralchirurg in unsere Praxis, sodass ich erstmals Einblicke in die Oralchirurgie und Implantologie bekam. Dabei habe ich eine weitere, ganz besondere Facette des Berufs entdeckt. Menschen, die überhaupt keine Zähne mehr haben, können wir mit Hilfe von Zahnimplantaten wieder ein großes Stück Lebensqualität zurückgeben. Sie können zum Beispiel wieder ohne Probleme in ein Steak oder einen Apfel beißen. Dies ist mit der konventionellen Zahnmedizin so leider nicht möglich. Die Chirurgie ist komplexer, herausfordernder und bietet die Möglichkeit, das Leben der Patienten entscheidend zu verändern. Diese Chance wollte ich ergreifen und habe daher den Weg zur Oralchirurgie beschritten, was ich bisher keine Sekunde lang bereut habe!
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dr. Helka: Die Chirurgie und die Implantologie bereiten mir in der Praxis am meisten Freude. Gerade hier finden sich die größten Herausforderungen, denn oftmals kommen Patienten zu uns, die schon jahrelang zahnlos sind und daher einen fortgeschrittenen Knochenabbau im Bereich der fehlenden Zähne zu beklagen haben. Oft waren diese Patienten schon bei mehreren anderen Zahnärzten, die wegen des fehlenden Knochens von einer Implantatbehandlung abgeraten haben. Für mich stellen genau diese Fälle eine Herausforderung dar, die ich gerne annehme. Zum einen muss dem Patienten der Glaube in die Möglichkeiten der modernen Implantologie zurückgegeben werden und zum anderen müssen diese komplexen Techniken dann natürlich auch erfolgreich umgesetzt werden. Wenn allerdings Behandler und Patient an einem Strang ziehen, um das Ziel zu erreichen, ist es für beide Seiten am Ende der größte Erfolg und extrem befriedigend, wenn die Behandlung erfolgreich abgeschlossen werden kann.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Helka: Das Problem unserer Berufsgruppe ist vor allem, dass viele Patienten befürchten, von den Ärzten über den Tisch gezogen zu werden. Das liegt vor allem daran, dass mit den Kassenzuschüssen heutzutage keine hochwertige Zahnmedizin mehr möglich ist. Ein gutes Beispiel hier ist die professionelle Zahnreinigung. Die meisten Kassen zahlen zu einer Zahnreinigung leider nichts dazu, obwohl gerade bei Rauchern, Parodontose-Patienten und vielen anderen Patientengruppen eine halbjährliche Reinigung der Zahntaschen absolut essentiell ist, um einen weiteren Knochenverlust der Zähne zu vermeiden. Es ist nicht immer einfach, dies dem Patienten zu vermitteln, da ohne Zuschüsse der Kassen diese Behandlungen natürlich nicht günstig sind und Patienten den wirklichen Nutzwert der Behandlung nicht einschätzen können. Hier ist das Vertrauen zwischen Arzt und Patient besonders gefordert und darf durch den Arzt nicht missbraucht werden. Nur so kann eine langjährige und produktive Beziehung zwischen Arzt und Patient entstehen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Dr. Helka: Ein gutes Beispiel hierfür ist die oben bereits angesprochene Parodontose oder Parodontitis, wie es korrekterweise heißt. Über 50% der Gesamtbevölkerung leidet in verschieden starker Ausprägung unter dieser Erkrankung und zwar, ohne es zu merken, da die Krankheit zumeist chronisch bzw. schmerzlos verläuft. Unbehandelt kann sie jedoch zu Zahnlockerung und schließlich zu Zahnverlust führen. Hier ist es besonders schwierig, die Patienten dauerhaft zu einer Therapie zu motivieren. Der einzig nachhaltige Weg ist es hier, dem Patienten wissenschaftlich fundiert zu erklären, was diese Erkrankung verursacht, warum die Therapie (zum Teil lebenslang!) wichtig ist und wie die Konsequenzen einer Nichtbehandlung aussehen können. Wenn der Patient dies versteht, hat er die Möglichkeit und die Verantwortung selbst zu entscheiden, was und ob er etwas dagegen unternehmen möchte. Bei einer offenen Wunde oder starken Schmerzen liegen die Vorteile einer Therapie fast unausweichlich auf der Hand. Ein kompetenter Arzt versteht es aber auch, bei versteckten und weniger akuten Erkrankungen den Patienten aufzuklären und ihm so die Möglichkeit zu geben, sich für oder gegen eine empfohlene Therapie zu entscheiden.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Helka: Ich versuche stets, den Patienten so aufzuklären, dass er vollständig versteht, was gerade gemacht wird. Hierzu gehören nicht nur die Erklärung der Therapie, sondern auch die ggf. zugrunde liegende Ursache, die aktuellen und folgenden Kosten sowie die möglichen Alternativen. Dennoch gibt es natürlich immer Patienten, die man nicht vollständig oder gar nicht erreicht. Hier sollte trotzdem versucht werden, das individuelle Optimum herauszuholen. Zahngesundheit ist nun mal nicht für jeden Menschen gleich wichtig. Wird verkrampft versucht, Betroffenen eine aufwändige Therapie aufzudrängen, kann dies dazu führen, dass der Patient im schlimmsten Fall gar nicht mehr kommt, da er sich genötigt fühlt. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt und vielleicht verändert sich das Verhalten des Patienten ja in der Zukunft, wenn die ersten kleinen Erfolge zu verzeichnen sind!
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Helka: Zunächst einmal lässt sich sagen, dass wir hier in Deutschland immer noch eine sehr gute Grundsicherung genießen, die besser ist als in den meisten anderen Ländern. Außerdem kann man auch nicht erwarten, dass die Krankenkassen mehr Geld herausgeben, als durch die Einnahmen der Beiträge vorhanden sind. Durch den demografischen Wandel gibt es nun mal verhältnismäßig gesehen immer mehr alte und immer weniger junge Menschen, die Geld in das System einzahlen. Dennoch würde ich mir eine Aufnahme einiger moderner Behandlungsmethoden in den Leistungskatalog der Krankenkassen wünschen, die wirklich medizinisch sinnvoll sind. Hierzu gehört vor allem die regelmäßige Behandlung von Parodontitis-Patienten oder eine vernünftige Vergütung im Bereich der Endodontie (Wurzelkanalbehandlungen), um hier das Behandlungsniveau anzuheben und somit die Zahnerhaltung zu verbessern.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Helka: Es steht mir nicht zu, die fachliche Kompetenz anderer Kollegen in Frage zu stellen. Aber was viele Patienten immer wieder berichten, ist, dass sich die Ärzte oftmals zu wenig Zeit nehmen und dem Patienten nicht richtig zuhören. Viele fühlen sich nicht richtig verstanden oder werden nicht ausreichend über ihre geplante Therapie informiert. Natürlich stehen auch Ärzte unter wirtschaftlichem Druck und müssen effizienzorientiert arbeiten. Dennoch glaube ich, dass großes Verbesserungspotential im Umgang mit dem Patienten liegt. Und ich bin der festen Überzeugung, dass der überwiegende Teil der Patienten auch gerne bereit ist, etwas mehr für eine bessere und persönliche Behandlung zu zahlen!
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Dr. Helka: Nach dem kompletten Umbau unserer Praxis sind wir nun technisch gesehen auf dem neuesten Stand. So bieten wir dem Patienten einen vollständig ausgestatteten ambulanten Eingriffsraum mit ergonomisch verstellbarem OP-Tisch, LED OP-Leuchte und minimal-invasiver Piezo-Ultraschallchirurgie. Außerdem bieten wir 3-D Diagnostik mittels DVT und schablonengeführte und digital geplante Implantationen an. Auch unsere Behandlungen in Vollnarkose oder in Sedierung sind ein Aspekt, den viele Angstpatienten als sehr angenehm empfinden.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Dr. Helka: Mein persönlich schönstes Erlebnis hatte ich, als ich noch in Vollzeit in der Kieferchirurgie in Solingen gearbeitet habe. Ein 11-jähriges Mädchen hatte eine große Zyste im Bereich des Oberkiefers, welche sich infiziert hatte und herausoperiert werden musste. Die Mutter war gegen eine Vollnarkose und auch das Mädchen selbst wollte die OP in Lokalanästhesie schaffen. Obwohl sich die OP als nicht einfach gestaltete, war die kleine Patientin super tapfer und wir als Team haben es schließlich geschafft, die OP erfolgreich abzuschließen. Nach der OP brachen das Mädchen und ihre Mutter in Tränen aus und bedankten sich beim gesamten OP-Team persönlich. Der eigentlich emotionalste Moment kam zehn Tage später bei der Entfernung der Fäden. Das Mädchen hatte mit Duplo-Figuren den gesamten OP inklusive aller beteiligten Personen nachgebaut und überreichte mir zum Abschied dieses wunderschöne und persönliche Geschenk. Es steht noch heute in der Kieferchirurgie in Solingen!
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Helka: Jeder Mensch bekommt am Anfang seines Lebens seinen Körper und seinen Geist und kann damit über die gesamte Spanne seines bewussten Lebens tun und lassen, was er möchte. Jeder Mensch hat somit aber auch die Verantwortung dafür, das Beste aus seinem Geist herauszuholen und die Ressourcen seines Körpers verantwortungsbewusst einzusetzen. Gerade junge Menschen sehen sich selbst als unbesiegbar an und verschwenden ihre Ressourcen, da sie denken, dass sie noch unendlich viel Zeit haben. Wenn es dann zu spät ist, erkennen einige von ihnen, dass sie in der Vergangenheit ein wenig mehr auf sich hätten achten können und so z.B. eine schwere Krankheit hätten vermeiden können. Ich weiß, dass das alles sehr allgemein gesprochen ist, aber ich rate wirklich jedem jungen und auch allen anderen Menschen nur etwas Zeit in den eigenen Körper zu investieren, um länger und gesünder leben zu können. Das fängt beim Sport an, geht über Vorsorgeuntersuchungen bis hin zum regelmäßigen Besuch beim Zahnarzt. Die schönen Dinge des Lebens lassen sich nämlich nur genießen, solange man körperlich und geistig dazu in der Lage ist!
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