Artikel 05/03/2025

Orale Gesundheit und Langlebigkeit: Einfluss auf Allgemeingesundheit, Immunsystem und Inflammaging

M.Sc. M.Sc. M.Sc. Herrat Schönrock Zahnärztin, Oralchirurgin
M.Sc. M.Sc. M.Sc. Herrat Schönrock
Zahnärztin, Oralchirurgin

Die orale Gesundheit ist ein oft unterschätzter, aber wesentlicher Faktor für die allgemeine Gesundheit und Langlebigkeit. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Erkrankungen des Zahnfleischs und der Zähne weit über den Mundraum hinauswirken und systemische Erkrankungen begünstigen können. Insbesondere Parodontitis, eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates, spielt eine zentrale Rolle im Prozess des Inflammaging – einem Alterungsprozess, der durch chronische, niedriggradige Entzündungen gefördert wird.

Foto des Mundes einer blonden Frau

Zusammenhang zwischen oraler Gesundheit und Allgemeingesundheit

Die Mundhöhle ist eine der wichtigsten Eintrittspforten für Mikroorganismen und steht in direkter Wechselwirkung mit dem Immunsystem. Eine gesunde Mundflora schützt vor pathogenen Bakterien, während eine gestörte orale Mikrobiota Entzündungsprozesse auslösen kann. Studien zeigen, dass orale Erkrankungen wie Karies und Parodontitis mit einer erhöhten Inzidenz von systemischen Krankheiten verbunden sind, darunter:

  • Kardiovaskuläre Erkrankungen: Eine Metaanalyse von Humphrey et al. (2008) in BMJ zeigte, dass Parodontitis mit einem um 24–35 % erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheiten assoziiert ist. Die pathogene Besiedelung der Mundhöhle mit Bakterien wie Porphyromonas gingivalis und Aggregatibacter actinomycetemcomitans kann zur Endothel-Dysfunktion und Arteriosklerose beitragen.
  • Diabetes mellitus Typ 2: Die bidirektionale Beziehung zwischen Parodontitis und Diabetes wurde in einer Studie von Sanz et al. (2018) in Periodontology 2000 bestätigt. Eine unbehandelte Parodontitis kann zu einer schlechteren Blutzuckerkontrolle führen, während eine gut eingestellte Diabetes-Therapie positive Effekte auf die parodontale Gesundheit hat.
  • Neurodegenerative Erkrankungen: Laut einer Studie von Dominy et al. (2019) in Science Advances wurde P. gingivalis im Gehirngewebe von Alzheimer-Patienten nachgewiesen. Entzündungsreaktionen durch orale Bakterien könnten daher neurodegenerative Prozesse beschleunigen.
  • Rheumatoide Arthritis: Eine Studie von Potempa et al. (2017) in Nature Reviews Rheumatology legt nahe, dass bestimmte parodontale Pathogene Autoimmunreaktionen fördern können, die zur Entwicklung von rheumatoider Arthritis beitragen.

Diese Erkenntnisse verdeutlichen, dass die Mundgesundheit nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern eine integrale Rolle in der systemischen Gesundheit spielt.

Inflammaging: Wie chronische Entzündungen die Lebenserwartung beeinflussen

Der Begriff Inflammaging beschreibt den altersbedingten Anstieg proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-6 (IL-6), Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) und C-reaktives Protein (CRP). Parodontale Entzündungen fördern diese systemische Inflammation, was zu einer beschleunigten Zellalterung und einer erhöhten Anfälligkeit für altersbedingte Erkrankungen führt. Eine Studie von Franceschi et al. (2018) in Nature Reviews Immunology zeigt, dass Menschen mit einer niedrigeren inflammatorischen Belastung eine höhere Lebenserwartung haben.

Ein gesunder Zahnhalteapparat kann also wesentlich dazu beitragen, entzündungsbedingte Alterungsprozesse zu reduzieren und die Dental Longevity – also die langfristige Erhaltung der Mundgesundheit – zu sichern.

Die Bedeutung der richtigen Bisshöhe für die Gesichtsästhetik und Langlebigkeit

Neben der parodontalen Gesundheit spielt die korrekte Bisshöhe eine entscheidende Rolle für die Gesichtsästhetik und die biomechanische Funktion des Kiefers. Mit zunehmendem Alter kann ein Abbau der Zahnhartsubstanz oder Zahnverlust zu einer reduzierten vertikalen Dimension führen. Dies hat folgende Auswirkungen:

  • Einfallende Gesichtszüge und Faltenbildung: Der Verlust der Bisshöhe führt zu einer Kollapserscheinung des unteren Gesichtsdrittels, was das Erscheinungsbild älter wirken lässt.
  • Gelenkbeschwerden und Fehlbelastungen: Eine fehlerhafte Bisshöhe kann zu craniomandibulären Dysfunktionen (CMD) führen, die sich in Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen äußern können.
  • Beeinträchtigung der Kieferfunktion: Eine Studie von Manfredini et al. (2015) in Journal of Oral Rehabilitation zeigt, dass eine stabilisierte Bisshöhe durch Rekonstruktionen mit Kronen oder Therapie mit Funktionsschienen die Kaumuskulatur entlasten und Funktionsstörungen vorbeugen kann.

Zahnärztliche Maßnahmen wie okklusale Rekonstruktionen, Implantate und kieferorthopädische Korrekturen können die richtige Bisshöhe wiederherstellen und zur funktionellen sowie ästhetischen Verjüngung beitragen.

Präventive Maßnahmen für eine langfristige orale Gesundheit

Die beste Strategie zur Förderung der oralen und systemischen Gesundheit ist eine präventive Lebensweise. Folgende Maßnahmen haben sich als besonders effektiv erwiesen:

  1. Tägliche Mundhygiene: Die Kombination aus mechanischer Reinigung (Zahnbürste, Zahnseide, Interdentalbürsten) und chemischer Plaquekontrolle (antibakterielle Mundspülungen) reduziert die Bakterienlast signifikant.
  2. Regelmäßige professionelle Zahnreinigung (PZR): Studien zeigen, dass eine professionelle Zahnreinigung alle 3-6 Monate das Risiko für Parodontitis und systemische Entzündungen verringern kann.
  3. Ernährungsumstellung: Eine entzündungshemmende Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und wenig Zucker reduziert das Wachstum pathogener Bakterien.
  4. Vermeidung von Risikofaktoren: Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und chronischer Stress erhöhen das Risiko für parodontale Erkrankungen und sollten minimiert werden.
  5. Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen: Frühzeitige Diagnostik und Intervention können Zahnverlust und systemische Auswirkungen verhindern.

Orale Gesundheit als Fundament für ein langes Leben

Die wissenschaftliche Evidenz zeigt deutlich, dass eine gute Mundgesundheit nicht nur für ein schönes Lächeln sorgt, sondern auch die allgemeine Gesundheit und Lebenserwartung positiv beeinflusst. Zahnärztliche Prävention und gezielte Therapien zur Bekämpfung parodontaler Entzündungen sind essenziell, um den negativen Effekten des Inflammaging entgegenzuwirken.

Dental Longevity ist somit ein entscheidender Bestandteil der ganzheitlichen Gesundheitsvorsorge – für mehr Vitalität, eine höhere Lebensqualität und ein längeres Leben.

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