Artikel 10/05/2018

Zahnfehlstellungen: Wie sie durch Nuckel und Daumenlutschen entstehen

Dr. med. dent. Caroline Wessel Zahnarzt
Dr. med. dent. Caroline Wessel
Zahnarzt
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Daumenlutschen ist eine Angewohnheit, die im Kleinkindalter abgestellt werden muss, um keine Schäden an der Zahn- und Kieferstellung zu verursachen.

Das Bedürfnis, am Daumen oder anderen Fingern zu lutschen, kommt aus der Säuglingszeit und besteht häufig auch weiterhin. Spätestens bis zum dritten Lebensjahr sollte diese Gewohnheit abgestellt sein. Ein Nuckel sollte kein Ersatz sein. Auch diese zusätzlichen Mittel schädigen über einen längeren Zeitraum die Gebissentwicklung und die Stellung der Zähne. Viele Zahn- und Kieferfehlstellungen sind auf diese schlechten Gewohnheiten zurückzuführen. Sie sollten möglichst frühzeitig diagnostiziert und beseitigt werden.

Wann sollte der Nuckel abgewöhnt werden und welche Folgen können entstehen?

Im Säuglingsalter ist es ratsam, mit sieben bis neun Monaten den Nuckel abzugewöhnen und mit neun Monaten die Nuckelflasche durch einen Trinkbecher zu ersetzen. Wenn Nuckel über einen längeren Zeitraum auch als Beruhigungssauger genutzt werden, wird die psychische Abhängigkeit gefördert. Das führt gegebenenfalls auch zu verändertem Verhalten im Erwachsenenalter, in dem eingespielte Beruhigungsgewohnheiten durch andere Mittel ersetzt werden.

Weiterhin kann das Nutzen von Nuckeln und auch das Daumenlutschen die Zahnstellung negativ beeinflussen. Durch einen  Schnuller oder Daumen zwischen den Zähnen entsteht ein ständiger vertikaler Druck, der die Zähne zurückbewegt und in ihrer vertikalen Entwicklung hemmt. Ebenso kann sich der Unterkiefer durch Hemmung im vorderen Bereich nicht regelrecht entwickeln. Weiterhin bewegt sich die Zunge in den offenen nicht abgestützten Bereich und verhindert die Korrektur der Zahn- und Kieferfehlstellung. Zusätzliche Fehlentwicklungen der Muskulatur sind die Folge.

Da so das gesamte Kausystem verändert wird, treten in der Konsequenz häufig Sprachstörungen und falsche Schluckmuster auf. Es entsteht ein umfangreich zu therapierender schädlicher Kreislauf, der wiederum zur weiteren Verschlechterung der Situation beiträgt.

Wenn über das dritte Lebensjahr hinaus die Gewohnheiten nicht abgestellt werden, so wird zunehmend ein typisches äußerliches Bild erkennbar. Durch den permanenten Druck auf Kiefer und Zähne stehen die oberen Frontzähne vor, so dass der Unterkiefer in der Entwicklung gehemmt wird.

Es kann sich auch ein offener Biss entwickeln, bei dem sich die Zunge beim Schlucken und Sprechen einlagert. Der damit häufig verbundene unvollständige Lippenschluss begünstigt die Mundatmung, sodass Betroffene durch die geringe Filterfunktion der Nasenschleimhäute zunehmend anfällig für Infektionen sind. Ebenso trocknen die Mundschleimhäute aus, die Spülwirkung des Speichels vermindert sich und Karies wird gefördert.

Die veränderte Atmung hemmt die Oberkieferentwicklung und führt so zu sehr schmalen Oberkieferformen. Die Zähne erhalten dadurch zu wenig Platz und eine gute Relation zum Unterkiefer ist nicht mehr gegeben. Es entstehen häufig kreuzverzahnte Abstützungen und weitere Entwicklungshemmungen des Unterkiefers mit entsprechend negativem Erscheinungsbild sowie eingeschränkter Funktion des Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereichs.

Wie können Nuckel und Daumenlutschen abgewöhnt werden?

Wenn diese Gewohnheiten abgestellt werden sollen, wird ein konsequentes Handeln und eine liebevolle Begleitung durch eine Bezugsperson vorausgesetzt. Häufig wird bei der kieferorthopädischen Kontrolle deutlich, das bisher unternommene Versuche keinen Erfolg hatten.
Eine große Hilfe sind die begleitenden Maßnahmen durch den Kieferorthopäden mit Mundvorhofplatten. Sie stellen einen Ersatz für den Nuckel oder Daumen dar und werden sehr gut akzeptiert.

Zusätzlich macht es Sinn, einen Sonnen- und Regenkalender zu führen. Bei erfolgreichen Tagen ohne Nuckel wird eine Sonne eingetragen. Bei Misserfolgen, also Tagen, an denen ein Nuckel genutzt oder am Daumen gelutscht wurde, werden Regenwolken verzeichnet. Hier wird deutlich, wie sich die Therapie entwickelt. Das Kind malt selber die Symbole auf und kann sich dabei orientieren. Grundsätzlich ist hier die Motivation und Geduld des Kindes und der Eltern entscheidend: An Sonnentagen sollte das Kind gelobt werden, der Tadel an Regentagen jedoch auch nicht zu sehr betont werden.

Um zu vermeiden, dass schädliche Angewohnheiten entstehen, sind einige Punkte zu beachten:

  • möglichst nächtliches Trinken reduzieren
  • Nuckelflaschen im Bett vermeiden
  • keine Dauernuckel zur Beruhigung
  • Umstellung von Trinkflasche zur Trinktasse nach dem ersten Lebensjahr
  • keinen Nuckel verwenden, nachdem die oberen Milchfrontzähne durchgebrochen sind
  • Unterstützung bei der Umstellung von Nuckel/Nukelflaschen durch Eltern und Kieferorthopäden

Therapie schlechter Gewohnheiten - die Mundvorhofplatte

Mundvorhofplatten werden häufig sehr gut akzeptiert und der Reiz des Interessanten überwiegt. Eine zügige Umstellung auf dieses Gerät ist eine sehr sinnvolle Maßnahme.

Durch das Tragen der Mundvorhofplatte

  • wird die Nasenatmung gefördert
  • wird der Mundschluss möglich
  • verbessert sich die Position des Unterkiefers zum Oberkiefer
  • verändert sich die Lage der Zunge, so dass sich ihre Funktion normalisiert
  • wird die Kaumuskulatur gestärkt
  • wird die Sprache positiv beeinflusst.

Die Mundvorhofplatte sollte zwei Stunden am Tag und die gesamte Nacht getragen werden. Wenn die Gewohnheiten zunehmend verschwinden, kann die Mundvorhofplatte langsam abgesetzt werden.

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