Artikel 07/02/2017

Neue HIFU-Methode: Hoffnung für Patienten mit Prostatakarzinom?

Team jameda
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„HIFU“ ist die Abkürzung für ,hochintensiven fokussierten Ultraschall‘‘, der bei Prostatakrebs genutzt wird. Lesen Sie, wie HIFU funktioniert und ob diese Therapie in Ihrem Fall von Vorteil sein könnte.

Wie funktioniert die HIFU-Therapie?

HIFU zeichnet sich durch sehr konzentrierte Schallwellen aus, die sich in unmittelbarer Nähe des Schallgebers befinden.

Wie bei einem Vergrößerungsglas, das die Sonnenstrahlen bündelt und ein Loch in ein Blatt brennt, entstehen sehr hohe Temperaturen, die das Krebsgewebe erhitzten und zerstören. Durch die Bündelung der Schallenergie bleibt das umliegende Gewebe unberührt. Schnitte oder Bestrahlung sind nicht erforderlich.

HIFU wird unter Teil- oder Vollnarkose durchgeführt. Während der Behandlung wird der Schallkopf in den Enddarm des Patienten eingeführt, wobei ein Computer die dreidimensionale Darstellung der Prostata ermöglicht. Der Arzt steuert die Ultraschallsonde mit Hilfe des Computers millimetergenau.

Das Verfahren ist zeitintensiv, da die Behandlung von ungefähr 10 Gramm Gewebe eine  Stunde dauert. Nach einer HIFU-Behandlung bleiben die Patienten zwei bis sieben Tage im Krankenhaus.

Erste Erfahrungen mit der HIFU-Therapie

Die ersten HIFU-Berichte wurden schon im Jahr 1942 veröffentlicht. Allerdings wurden damals nicht Prostatakrebspatienten behandelt, sondern Menschen mit Gehirntumoren und anderen neurologischen Erkrankungen.

Ab 1956 wurde die HIFU-Methode in der Behandlung von Uterusmyomen, Adenomyose, Brustkrebs und Knochenmetastasen erprobt. Die HIFU-Therapie bei Prostatakrebs wurde im Jahr 1993 eingeführt. Seit 1996 ist die Methode in Deutschland im Einsatz.

Studien zu Überlebensraten nach einer HIFU-Methode

Bei einer Studie mit 290 Teilnehmern zeigte sich, dass 80 % der Krebspatienten nach sieben Jahren noch am Leben waren. In anderen Studien variierte die Überlebensrate der Patienten ohne erneute Krebsausbildungen zwischen 25 % und 75 %, aber die meisten dieser Studien waren nur auf 6 Monate bis 5 Jahre angelegt.

Eine Zusammenfassung von 21 Studien zur Anwendung von HIFU bei 4.000 Patienten mit örtlich begrenztem Prostatakrebs berichtet von einer 4-jährigen Überlebensrate von 99 % der Teilnehmer.

Basierend auf den aktuellen europäischen Leitlinien, die im August 2016 veröffentlicht wurden, wird die HIFU-Methode noch nicht für den routinemäßigen Einsatz empfohlen. Der Grund dafür ist, dass es bislang keine ausreichend gesicherten wissenschaftlichen Nachweise gibt, insbesondere keine 10-jährigen Langzeitstudienergebnisse.

Bei welchen Patienten ist die Therapie eine Option?

Die HIFU Methode eignet sich bei:

  • Patienten mit lokal begrenztem Prostatakrebs
  • älteren Patienten mit Begleiterkrankungen
  • Patienten, die eine radikale Operation oder Bestrahlung ablehnen
  • Patienten, die eine Hormontherapie nicht vertragen oder bei denen die Therapie nicht anschlägt
  • Patienten, bei denen während des Abhobelns der Prostata (TUR-P) ein Tumor entdeckt wird
  • Wiederauftreten des Tumors nach der ersten Behandlung (lokales Rezidiv)
  • palliativer Therapie bei fortgeschrittenem Krebs

Der Arzt sagt Ihnen, ob HIFU die geeignete Therapie für Sie ist. Seine Einschätzung basiert auf:

  • der auf den Prostatakrebs bezogenen Krankengeschichte

  • dem pathologischen Therapiebefund

  • der Größe und dem Gewicht der Prostata

  • dem PSA-Wert der Erstdiagnose

  • Ihrer aktuellen medikamentösen Therapie

  • weiteren Untersuchungsergebnisse, wie zum Beispiel einer Abbildung der Knochenmetastasen mit Nukleartechnik, transrektalem Ultraschall oder [Magnet-Resonanz-Tomographi

    ](/gesundheits-lexikon/magnetresonanztomografie/)

Risiken und Nebenwirkungen: Von Inkontinenz bis Blut im Urin

Nach einer HIFU-Behandlung können folgende Komplikationen auftreten:

  • In den ersten 6 Wochen nach der Behandlung ist der Urin blutig und enthält Gewebestückchen. Es handelt sich um das abgestorbene Gewebe, das die Harnröhre verstopfen kann und den Harnstrahl vorübergehend schwächt. Falls nötig, kann das Gewebe durch die Harnröhre in einem stationären Eingriff abgesaugt werden.
  • Häufiges oder brennendes Wasserlassen kann von einer Entzündung des Urogenitalsystems verursacht werden und wird mit Antibiotikatherapie behandelt.
  • Inkontinenz tritt aufgrund der Schwächung des äußeren Schließmuskels der Blase auf. Beckenbodengymnastik hilft gegen die Beschwerden.
  • Verminderung des Samenausstoßes wegen der Zerstörung der Prostatadrüsen.
  • Selten tritt eine Verbindung zwischen Harnröhre und Enddarm auf (Fistelbildung).

Welche Alternativen gibt es zur HIFU?

Ärzte behandeln Prostatakrebs grundsätzlich entweder mit einer fokalen oder einer radikalen Therapie. Bei einer fokalen Therapie behandelt der Arzt bestimmte Anteile der Prostata, bei einer radikalen Therapie wird die Prostata ganz entfernt. HIFU ist eine fokale Therapie, die zu weniger Nebenwirkungen führt.

Prostatakrebs kann sehr unterschiedlich verlaufen. Bei einem aggressiven Prostatakrebs bietet die radikale Therapie einen klaren Überlebensvorteil, weil die gesamte Prostata operativ entfernt oder bestrahlt wird. Die radikale Therapie geht allerdings mit mehr Nebenwirkungen einher, wie zum Beispiel Inkontinenz und Impotenz.

Welche Therapie eignet sich bei einem langsam voranschreitenden Prostatakrebs? Ist eine radikale Therapie nötig? Oder würden Ärzte in diesem Fall mit Kanonen auf Spatzen schießen?

Um schwerwiegende Nebenwirkungen bei weniger aggressiven Tumoren zu vermeiden, überwachen Ärzte das Krebsgeschwür mittels regelmäßiger PSA- und Biopsiekontrollen. So erkennt der Arzt, wann sich der Tumor möglicherweise aggressiver verhält und eine radikale Therapie zu empfehlen ist

Aber für viele Patienten bedeutet die aktive Überwachung eine enorme psychische Belastung. Daher ist die fokale Therapie manchmal eine gute Alternative: Sie ist die Brücke zwischen der radikalen Therapie und der aktiven Überwachung.

Außer HIFU gibt es noch folgende fokale Therapiemöglichkeiten:

  • Bei der LDR-Brachytherapie bringt der Arzt kleine Strahlungsquellen in die Prostata ein. Da sie in Form und Größe kleinen Samenkörnern gleichen, nennt man sie auch „Seeds“. Sie enthalten ein radioaktives Material (Jod oder Palladium), das nach und nach Strahlung abgibt. Weil die Strahlung nur wenige Millimeter weit reicht, werden die Körnchen deshalb in der gesamten Prostata verteilt und bleiben dort.
  • Bei der Hyperthermie (Hitzebehandlung) werdendie Krebszellen einer Erwärmung von über 42°C ausgesetzt. Dadurch sollen die Krebszellen geschwächt oder abgetötet werden.
  • Kryotherapie, der gezielte Einsatz von Kälte, soll die Krebszellen zerstören.

Welche Kosten kommen auf die Patienten zu?

Eine HIFU-Prostatabehandlung kostet ungefähr 10.000 Euro. Fragen zur Kostenübernahme sollten Sie mit Ihrer Krankenkasse und Ihrem Arzt im Vorfeld klären. Manchmal verweigern die gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Kostenübernahme, manchmal tragen sie die Kosten in Verbindung mit einem stationären Krankenhausaufenthalt.

Vorteile der HIFU

Ein Vorteil der HIFU-Methode ist ihre Wiederholbarkeit und die jederzeitige Anwendung einer anderen Behandlung, inklusive einer OP danach.

Weitere Vorteile der HIFU-Therapie:

  • präzise Vernichtung von Krebszellen ohne eine Schnittoperation
  • kein Blutverlust
  • komplikationsarme Therapie
  • Teilnarkose möglich
  • kurzer Krankenhausaufenthalt
  • hohe Erfolgsrate bei der „lokalen Kontrolle’ des Prostatakrebses
  • die Potenz bleibt deutlich besser erhalten als bei einer Operation
  • im Regelfall ist nur eine Behandlung nötig

Fazit: HIFU-Methode – ja oder nein?

HIFU ist eine minimalinvasive Therapie, die Krebsgewebe fokussiert zerstört, ohne dass gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird. Es handelt sich um eine neue, vielversprechende Methode, mit der Patienten und Ärzte schon gute Erfahrungen gemacht haben, aber über die noch nicht ausreichend gesicherte wissenschaftliche Nachweise vorliegen, insbesondere keine 10-jährigen Langzeitstudienergebnisse.

Daher ist die HIFU-Methode für bestimmte, gut definierte Patientengruppen geeignet, die von den Vorteilen der HIFU-Methode profitieren können.

Quellen:

  • Cornford P, et al. EAU-ESTRO-SIOG Guidelines on Prostate Cancer. Part II: Treatment of Relapsing, Metastatic, and Castration-Resistant Prostate Cancer. Eur Urol.2016 Aug 31, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27591931, accessed 18.10.2016
  • Mottet N, et al. EAU–ESTRO–SIOG Guidelines on Prostate Cancer. Part 1: Screening, Diagnosis, and Local Treatment with Curative Intent. Eur Urol.2016 Aug 25, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27568654, accessed 18.10.2016.
  • Zdrojowy R, et al. Salvage local therapy for radiation-recurrent prostate cancer – where are we? Cent European J Urol. 2016; 69: 264-270.

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