Das bekannte Narkosemittel Ketamin bringt neue Hoffnung für depressive Menschen. Das seit Jahrzehnten in der Anästhesie eingesetzte Medikament kann selbst bei therapieresistenten Patienten die Symptome einer schweren Depression lindern - die hohen Erfolgsraten und das schnelle Ansprechen auf die Infusionen sind für Fachleute sowie Betroffene sehr überraschend.
Ursache und Therapie von Depressionen
Laut Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (2004) sind weltweit 151 Millionen Menschen von einer Depression betroffen, Tendenz steigend. Allein in Deutschland geht man von ca. 6 Millionen Betroffenen aus.
Die Ursachen sind vielfältig und die Krankheit beeinträchtigt die Betroffenen in Ihrem Alltag extrem - in vielen Fällen führen Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken oder Suizid. Die gängigen Therapien können leider nicht jedem Betroffenen helfen. Fast alle Antidepressiva basieren auf einem ähnlichen Wirkungsmechanismus, daher bringt auch ein Wechsel des Präparats oft keine Verbesserung mit sich. Viele Patienten suchen deshalb nach einer alternativen Therapie mit herkömmlichen Medikamenten.
Für Patienten, die auf die gebräuchlichen Antidepressiva reagieren, kann die Wirkung dieser Medikamente positiv lebensverändernd sein. Patienten, die aber aus bisher unbekannten Gründen keine ausreichende Wirkung verspüren, können nun unter Umständen von der positiven Wirkung des Ketamins profitieren.
Behandlung mit Ketamin
Ketamin wird bereits seit den 70er Jahren als intravenöses Narkosemittel eingesetzt, auch heute findet es noch in der Anästhesiologie Anwendung.
Im Jahre 2006 berichteten Carlos Zarate und seine Kollegen vom amerikanischen National Institute for Mental Health, dem weltweit größten Forschungszentrum für psychische Störungen, über ihre Ergebnisse in einer Gruppe von 18 depressiven Patienten. Einen Tag nach einer einmaligen intravenösen Ketamin-Dosis zeigten 71% ihrer Patienten eine positive Reaktion in Bezug auf ihre depressiven Symptome und bei 29% trat eine vollständige Besserung ein.
Studien zeigen, dass die Behandlung mit Ketamin erfolgsversprechend ist (© WavebreakMediaMicro - Fotolia)
Der Erfolg in der Placebogruppe war hingegen gleich Null. Umso faszinierender ist die Tatsache, dass alle Probanden zuvor mindestens zwei konventionelle Antidepressiva erfolglos ausprobiert hatten.
Seither ist das Interesse an der Untersuchung der antidepressiven Eigenschaften von Ketamin enorm gestiegen. In den letzten Jahren gab es zahlreiche Untersuchungen mit Betroffenen, die an einer behandlungsresistenten Depression litten. Mit nur einer Ausnahme haben alle Studien die Wirksamkeit von Ketamin als Antidepressivum bestätigt.
Es zeigte sich bei einem hohen Prozentsatz der Probanden durchweg eine schnelle Auswirkung auf die Symptome, die allerdings unterschiedlich lange anhielt. Ebenso erwies sich, dass Ketamin für die Behandlung sowohl der unipolaren Depression wie auch der bipolaren Störung geeignet ist, ohne das es bei letzteren das Risiko einer Manie verstärkt.
Welche Nebenwirkungen sind bekannt?
In keiner der Studien wurde von schweren Nebenwirkungen berichtet. Leichte Nebenwirkungen wurden beobachtet, diese hielten aber nach Absetzen des Medikaments nicht an.
Hierzu gehören zum Beispiel
- Gefühle von Realitätsverlust,
- optische Halluzinationen,
- Wahrnehmungsstörungen, die aber nach Beendigung der Infusion abklangen.
Experten halten den Effekt, der während der Behandlung auftretenden „Dissoziation“ sogar für unerlässlich, da er die antidepressive Wirkung mit verursache.
Einige wichtige Fragen bleiben zurzeit noch offen und werden in aktuell laufenden Studien untersucht. Ungeklärt ist zum Beispiel, wie sich die antidepressive Wirkung über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten lässt. Eine Studie hat bereits über die Wirksamkeit von Wiederholungsdosen berichtet. Andere befassen sich mit Strategien, in denen es um eine Überbrückung hin zu täglicher Einnahme eines oralen Mittels geht, wie dies bei traditionellen Antidepressiva der Fall ist.
Wie nachhaltig ist Ketamin wirklich?
Antidepressiva springen nicht bei jedem Patienten an (© gemphotography_iStock)
Die Anwendung in der Praxis zeigt, dass die Nachhaltigkeit der antidepressiven Wirkung individuell variiert.
Es kann aber nach bisherigen Erfahrungen davon ausgegangen werden, dass bei Patienten, die auf Ketamin ansprechen, eine Verbesserung der depressiven Symptomatik bis zu mehreren Wochen, in manchen Fällen sogar bis zu mehreren Monaten, anhält.
Fazit
Trotz der offenen Fragen erscheint klar zu sein, dass sich Ketamin als realisierbare und lang erwartete neue Behandlung bei Depressionen etablieren wird. Schon heute bieten spezialisierte Einrichtungen diese Therapie auch in Deutschland an.
Für einen Bereich, der jahrzehntelang im Dunkeln lag, ist dies ein willkommener Lichtblick für alle Betroffenen.
Guten Tag, Eine Frage zur Ketamintherapie: Soll mann während der K-therapie dsas Antidepressiva einnehmen ? Wie lange dauert einen vollständige K-therapie (Infusionen, Wochen) Vilen Dank für Ihre Rückmeldung. Mit den allerbesten Grüssen, Camille